Ein preiswertes, sicheres und attraktives Elektrofahrzeug mit genug Reichweite für urbane Commuter: Das war das Ziel der Kooperation der TUMünchen und Forschern aus der Industrie. Die Macher des Visio.M-Projektes haben das Fahrzeug auf der E-Mobilitätsmesse eCarTec vorgestellt.
Das Kleinfahrzeug ist besonders für urbane Ballungsräume optimiert, in denen große Reichweiten weniger wichtig sind als Komfort, Sicherheit, gute Beschleunigungswerte und Energieeffizienz. Das alltagstaugliche Ergebnis des zweieinhalb Jahre vom Bundesforschungsministerium mit 7,1 Millionen Euro geförderten Projektes gab es auf der Elektromobilitätsmesse eCarTec vom 21. Bis 23. Oktober in München zu sehen.
Der Motor mit nur 15 kW Leistung reicht für eine zügige Beschleunigung bis auf 120 km/h um im Verkehr sehr gut mitzuschwimmen. Der mit Infotainment, Navigationshilfen, Sitz- und Lenkradheizung ausgestattete Visio.M soll in der Gesamtkostenbetrachtung (Anschaffungs- und Betriebskosten über die Lebensdauer) günstiger sein, als ein vergleichbares Mobil mit Verbrennungsmotor.
Der Motor wird über einen 85 kg schweren Lithium-Ionen-Akku mit 13,5 kWh Kapazität betrieben, der aus Consumer Zellen besteht und sich in drei bis vier Stunden über einen 230 V-Anschluss aufladen lässt. Das geringe Gewicht des Visio.M von nur 450 kg (ohne Batterie) ist Grund der hohen Energieeffizienz. »Für ein Elektrofahrzeug ist geringes Gewicht essenziell«, sagt Prof. Markus Lienkamp, Inhaber des TUM-Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik, »denn mehr Gewicht erfordert mehr Akkuleistung für die gleiche Reichweite und verursacht damit höhere Kosten. Mehr Gewicht heißt auch weniger Dynamik bei gleicher Leistung. Wir wollten aber ein Auto, das bezahlbar ist und Spaß macht beim Fahren.«
Die Fahrgastzelle besteht aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, in Vorder-, Hinterwagen und Dachrahmen kommt Aluminium zum Einsatz. Alle Scheiben bestehen aus Polycarbonat. Dieses Material ist nur halb so schwer wie Glas, dank einer speziellen Beschichtung aber ebenso kratz- und witterungsbeständig. Auch bei Fahrwerk, Lenkung und Getriebe sparten die Forscher mit speziellen Leichtbaukonstruktionen Gewicht ein.
Der Visio.M bietet hochwirksamen Insassenschutz durch eine Fahrgastzelle aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff in Kombination mit ultraleichten Sandwichmaterialien. Eine 360°-Grad Erfassung der Fahrzeugumgebung mit Radar- und Kamerasensoren ermöglicht es, frühzeitig kritische Situationen zu erkennen, ein eingebautes Insassenschutzsystem aktiviert sich bei nicht mehr vermeidbaren Kollisionen automatisch (Gurtstraffer, Sitzverschiebung, Interaktionsairbag).
Der 1,55 m breite und 1,31 m hohe Zweisitzer überzeugt aerodynamisch mit einem cw-Wert von 0,24. Die kleine Stirnfläche von 1,69 Quadratmetern und die auf niedrigen Rollwiderstand optimierten Reifen (115/70 R 16) verringern zusätzlich zum geringen Gewicht den Energieverbrauch. Das »Torque Vectoring«-Differenzial, eine kleine Elektromaschine im Getriebe, die sowohl als Elektromotor als auch als Generator betrieben werden kann, verteilt die Kraft ideal auf die beiden Hinterräder. Die hierdurch erreichte bessere Stabilität beim Bremsen in Kurven erlaubt die Rückgewinnung von wesentlich mehr Energie als ohne Torque Vectoring. Agilität und Sicherheit des PKW steigen durch günstige Verteilung der Antriebs- und Bremskräfte ebenfalls.
Prof. Markus Lienkamp blickt in die Zukunft: »Mit dem Visio.M haben wir gezeigt, dass es möglich ist, ein sehr leichtes und gleichzeitig sicheres Elektrofahrzeug zu bauen, dessen Gesamtkosten bei Serienproduktion unter denen eines vergleichbaren Benziners liegen sollte. Bis zu einer Serienfertigung ist es aber immer noch ein weiter Weg, denn nahezu alle Teile müssten an die Fertigungsbedingungen der Großserie angepasst werden.«