Aber allein mit einer neuen Isolierung und verbesserten Trennung der Heizzonen in der Prozesskammer und modifizierter Kühlstrecke sind die avisierten Einsparungen nicht umsetzbar. Die Fülle an Daten, die eine solche Anlage erfassen und überwachen muss, ist so groß, dass es einer eigenen Software bedarf, um die festgelegten Parameter eines Fertigungsprofils konstant zu halten, oder eben den Energiebedarf der einzelnen Abschnitte zu messen und zu steuern.
Mit den »Intelligent Software Solutions« haben die Entwickler bei Rehm ein System geschaffen, mit dem die Anlagen zuverlässig gesteuert und überwacht werden können. Ein Modul dieses Systems ist die Ofenkommunikation und Ofensteuerung. Mit diesem Modul werden die aktuellen Temperaturen aus den verschiedenen Heizzonen der Prozesskammer an das System gemeldet und automatisch über die Steuerung der Lüfter korrigiert. In Produktionspausen wird die Anlage in einen Standby-Modus heruntergefahren. Durch die Drosselung der Lüfterfrequenzen im Standby-Betrieb sind laut Bell Einsparungen bis zu 18 Prozent möglich.
Die Monitoring-Tools der »Intelligent Software Solutions« überwachen und steuern jedoch nicht nur den Bedarf an Energie, sondern messen und dosieren auch den Stickstoffbedarf der Anlage. Rehm war der erste Hersteller, der das Löten unter Stickstoffatmoshpäre einsetzte. Mit Stickstoff wird der gesamte Sauerstoff aus der Prozesskammer verdrängt. Dadurch lässt sich die Oxidation des Kupfers in der großen Hitze vermeiden. Da der Stickstoff mit einer Temperatur von -196 °C aus den Flüssiggastanks kommt, haben die Entwickler bei Rehm die Gasführung in der Anlage so konzipiert, dass die niedrigen Temperaturen des Gases helfen, Energie in der Kühlstrecke zu sparen und andererseits die Verdampfung des Gases für die Verwendung in der Prozesskammer durch die Temperaturen der zu kühlenden Leiterplatten erfolgen kann. Den Gasbedarf regelt die Softwareoption »Stickstoffmanagement«.
Solch komplexe Prozesse sind aber nicht mehr manuell steuerbar: »Der zuverlässige Weg geht nur mit Computer-gesteuerter Überwachung und Regelung«, so Markus Mittermair, Software-Entwickler von Rehm. Er sieht den Weg zur Softwaresteuerung solcher Fertigungsanlagen als unumkehrbar. »Die Softwaresteuerung und -überwachung der Prozesse nimmt in der Elektronikfertigung eine immer wichtigere Stelle ein.«
Durch Optimierungen in den Anlagen selbst und die abgestimmte Kommunikation mit einer speziellen Software-Steuerung ist es Rehm gelungen, den Energieverbrauch und auch die Lärmemissionen der Fertigungen spürbar zu reduzieren. Ein besseres Klima in der Halle mit weniger Lärm bedeutet eine große Qualitätssteigerung des Arbeitsumfeldes für die Mitarbeiter – ein günstiger Aspekt für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Schließlich verbessern ein geringerer Energieverbrauch und gesunde Mitarbeiter die Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität eines Betriebes.
Bell sieht viel Potenzial für die Neuentwicklung aus dem Hause Rehm, alleine schon in Anbetracht der ständig steigenden Strompreise – und ganz zu schweigen von der positiven Umweltbilanz. »Verfolgt man die Strompreisentwicklung der vergangenen Jahre, so sehen wir trotz Schwankungen in einzelnen Jahren eine konstante Tendenz: Seit 2000 haben sich die Preise für Industriestrom um 150 Prozent verteuert.« Wobei zu sehen ist, dass die Produktionskosten sinken, während die Gebührenanteile wie beispielsweise die EEG-Umlage stark steigen. Und laut der »Energie Roadmap 2050« der EU-Kommission wird sich daran bis 2030 auch nichts ändern - mindestens bis dahin werden die Strompreise weiter steigen.