In jedem einzelnen Schaltzyklus muss das Gate eines MOSFET bzw. IGBT über Rg ge- und entladen werden (Bild 2). Wenn das Datenblatt des IGBT eine Gate-Ladungs-Kurve enthält, lässt sich die vom Gleichspannungswandler bereitzustellende Verlustleistung wie folgt berechnen:
Darin steht Qg für die dem Datenblatt zu entnehmende Ladung bei einer bestimmten Gate-Spannungs-Änderung Us von positiv nach negativ, während es sich bei f um die Frequenz handelt. Die errechnete Leistung fällt am internen Gate-Widerstand des Bausteins sowie an etwaigen externen Serienwiderständen ab. Wenn das Datenblatt keine Gate-Ladungs-Kurve enthält und stattdessen nur die Qg-Werte für bestimmte Gate-Spannungen angegeben sind, lassen sich die Qg-Werte für andere Gate-Spannungs-Änderungen interpolieren. Beispielsweise weist das Datenblatt des IGBT vom Typ Infineon FZ400R12KE4 einen Qg-Wert von 3,7 µC bei einer Gate-Spannungs-Änderung von ±15 V (insgesamt 30 V) aus. Bei einer Spannungsänderung von +15 V/–10 V (insgesamt also 25 V) lässt sich die Gate-Ladung näherungsweise wie folgt bestimmen:
Bei 10 kHz ist demnach die folgende Gate-Treiber-Leistung erforderlich:
Mit Derating und unter Berücksichtigung weiterer unerwarteter Verluste kann ein Gleichspannungswandler mit 2 W Leistung, z.B. der MGJ2 von Murata, als geeignet angesehen werden.
Berechnung der Maximal- und Durchschnittsströme
Der durchschnittliche Strom in der Gate-Kapazität muss in jedem Schaltzyklus Null sein. Deshalb müssen die durchschnittlichen Lade- und Entladeströme in jedem Schaltzyklus identisch sein, wie das vorige Beispiel mit ±Pg/Us = ±31 mA zeigt.
Der Maximalstrom Ipk zum Laden und Entladen des Gates ist eine Funktion von Us sowie des Gate-Widerstands Rint des IGBT/MOSFET sowie des externen Widerstands Rg:
Der zuvor als Beispiel herangezogene IGBT des Typs FZ400R12KE4 besitzt einen Rint-Wert von 1,9 Ω, sodass sich mit einem typischen externen Widerstand von 2 Ω und einer Spannungsänderung von 25 V ein Maximalstrom von mehr als 6 A errechnet. Diese Stromspitze muss von den großen Kondensatoren an den Versorgungsleitungen des Treibers bereitgestellt werden, denn die Ausgangskondensatoren des Gleichspannungswandlers sind zu klein, um diesen hohen Strom ohne spürbares Einbrechen der Spannung zu liefern. Selbstverständlich müssen der Gate-Treiber selbst und die Gate-Widerstände für diese maximalen Stromwerte ausgelegt sein. In unserem Fall beträgt die gesamte Gate-Treiber-Energie E, die in jedem Zyklus eingebracht und entfernt wird,
Die in Bild 2 an den +15-V- und –10-V-Leitungen liegenden großen Kondensatoren C1 und C2 stellen diese Energie entsprechend ihren Spannungen bereit, sodass die +15-V-Leitung 45 µJ beisteuert. Wenn wir annehmen, dass der Spannungseinbruch am Kondensator der +15-V-Leitung in jedem Zyklus nicht mehr als einen kleinen Bruchteil der Nennspannung ausmachen sollte, z.B. 0,5 V, so lässt sich der benötigte minimale Kapazitätswert C errechnen, indem man die zugeführte Energie mit der Differenz der Kondensator-Energien bei der Anfangs- und der Endspannung gleichsetzt:
Obwohl die –10-V-Leitung nur etwa ein Drittel der Energie beisteuert, benötigt sie für einen maximalen Spannungseinbruch von 0,5 V den gleichen Kapazitätswert, da diese Spannung einen größeren Prozentsatz des Anfangswerts ausmacht. In der Praxis kann es sein, dass der Spannungseinbruch eher durch die ESR- und ESL-Werte des Kondensators bestimmt wird. Zum Beispiel würde ein ESR von nur 0,1 Ω bei unserem Spitzenstrom von 6 A bereits einen Spannungseinbruch von mehr als 0,5 V bewirken. Es sollten deshalb hochwertige Kondensatoren gewählt werden; zum Erreichen des gewünschten niedrigen ESR-Werts sind oftmals Kondensatoren mit sehr großen Abmessungen notwendig. Hierdurch ergibt sich schon ein Vielfaches des minimalen Kapazitätswerts. Allerdings sollten die im Datenblatt des Gleichspannungswandlers angegebenen maximalen Kapazitätswerte nicht überschritten werden.
DC/DC-Regelung
Die Absolutwerte der Gate-Treiber-Spannung sind nicht besonders kritisch, solange sie größer als der Mindestwert sind und deutlich unter den Durchbruchspannungen liegen und solange die Verlustleistung akzeptabel ist. Die zur Bereitstellung der Treiber-Leistung verwendeten Gleichspannungswandler können deshalb – wie es bei der Serie MGJ2 der Fall ist – ungeregelt sein, sofern ihre Eingangsspannung nominell konstant ist. Im Unterschied zu den meisten anderen Anwendungen für Gleichspannungswandler ist allerdings die Last recht konstant, solange der IGBT/MOSFET schaltet (unabhängig vom Tastverhältnis). Schaltet der Baustein dagegen nicht, ist die Last nahezu Null. Einfache Gleichspannungswandler benötigen allerdings oft eine bestimmte Mindestlast, da ihre Ausgangsspannung sonst drastisch ansteigen kann und möglicherweise sogar die Durchbruchspannung des Gate erreicht. Diese hohe Spannung wird zudem in den großen Kondensatoren gespeichert, sodass der Schaltbaustein an seinem Gate eine zu hohe Spannung vorfindet, wenn er zu schalten beginnt, bis sich diese Spannung dann während des regulären Betriebs verringert. Aus diesem Grund sollte ein Gleichspannungswandler gewählt werden, dessen Ausgangsspannung begrenzt ist oder der nur eine sehr geringe Mindestlast erfordert. IGBTs/MOSFETs sollten nicht aktiv mit PWM-Signalen angesteuert werden, bevor die Versorgungsspannungen der Treiber-Schaltung ihre korrekten Werte erreicht haben. Beim Ein- und Ausschalten von als Gate-Treiber dienenden Gleichspannungswandlern kann es jedoch zu einem Übergangszustand kommen, in dem die Bausteine selbst bei inaktivem PWM-Signal eingeschaltet werden. Dies kann Shoot-Through-Ströme und entsprechende Schäden verursachen. Es ist deshalb wünschenswert, dass der Gleichspannungswandler beim Ein- und Ausschalten ein geordnetes Verhalten mit monotoner Anstiegs- und Abfallcharakteristik zeigt.
Paul Lee (Murata Power Solutions)