Die Zeiten, als der Kunde noch anrief, und meinte, er wolle so und so viele 150-W-Netzteile von dem Typ mit diesen Ausgangsspannungen, sind nach Darstellung der Diskussionsteilnehmer schon lange vorbei. Wer heute Erfolg in der Stromversorgungs-Distribution haben wolle, so der Tenor, muss raus zum Kunden. Das gilt auch für etwas exotischere Lösungen wie Labornetzgeräte. »Labornetzgeräte sind natürlich Nischenprodukte. Im Vergleich zu Standardnetzteilen handelt es sich dabei schon um Investitionsgüter«, erläutert den auch Dr. Michael Würkner, Marketingleiter OEM-Produkte bei CompuMess Elektronik. Je höher die Leistung, desto mehr trenne sich dabei die Streu vom Weizen, »in diesem Bereich finden sich kaum Anbieter aus Asien«. Doch auch hier gilt es, sich zu differenzieren. Eine Möglichkeit ist die Systemintegration, dem Kunden also nicht nur das Laborstromgerät, sondern auch das Rack dazu anzubieten. Aber auch Leistungen wie Wartung und Reparatur oder Kalibrierung vor Ort beim Kunden schärfen das Profi.
Labornetzgeräte – ein übersichtlicher Markt
Die Tatsache, dass die Zahl der Distributoren, die sich mit Labornetzgeräten beschäftigen, in Deutschland sehr übersichtlich ist, führt Dr. Würkner u.a. darauf zurück, dass die Zahl der Hersteller in diesem Bereich sehr klein ist und Hersteller und Distributor oft jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen verbinden. »Sie dürfen auch nicht vergessen, dass für einen Neueinsteiger wohl erst mal ein Invest in Höhe von mindestens 500.000 Euro notwendig wäre, um in diesen Markt einzusteigen. Den Verdacht, in einem Bereich mit Margen von 50% tätig zu sein, weist er jedoch zurück: »Das mag mal in den 1970er-Jahren so gewesen sein, aber wir bewegen uns dennoch in einem Bereich mit hoher Marge, verglichen zum Geschäft mit Standardnetzteilen.«
Interessante Margen sind in der Stromversorgungs-Distribution nur abseits des klassischen Box-Mover-Geschäfts zur realisieren, wobei sich auch hier einzelne Marktsegmente unterscheiden. »Im Bereich der LED-Stromversorgungen muss schon alles passen, damit wir da an den zweistelligen Bereich hinkommen«, gibt Traum zu, »bei einem Design-In für Medizinelektronik liegen unsere Zielmargen dagegen schon bei 20% plus x«.
LED-Stromversorgungen
Wobei für den Bereich der LED-Stromversorgungen sicherlich eigene Regeln gelten. »Ich kann in diesem Markt heute keinem Kunden mehr sagen: Tut mir leid, habe ich nicht auf Lager, das dauert eine Woche«, so Landschoof, »dann bin ich raus«.
Entsprechend hoch sind die Aufwendungen für die Lagerkapazitäten. Traum berichtet davon, dass Emtron rund 90% des in Europa erhältlichen Programms von Mean Well ab Lager liefern kann. Neben der Verfügbarkeit ist es auch die Einfachheit, mit der sich Ware verkaufen lässt. »Unser Ziel ist es, dem Kunden das Bestellen so einfach wie möglich zu machen«, versichert Landschoof. »Auch in diesem Marktsegment wird EDI über kurz oder lang Standard sein, das könnte dann auch einer der Gründe sein, warum eine Anzahl kleiner Distributoren aus dem Markt verschwinden wird.«
EDI, Marktpräsenz, Second Source: Für Avnet Abacus ist das alles Standard. »Unser Anspruch in diesem Marktsegment lautet, Lösungen von AC bis IC anzubieten«, erläutert Hägle das Konzept, »natürlich muss man als Distributor eine gewisse Kompetenz in diesem Bereich mitbringen, aber wir bieten dem Kunden eben auch den Zugriff auf die Top-10-der Hersteller im AC/DC- und im DC/DC-Bereich, aus diesem Grund können wir ihn auch optimal in Bezug auf Second-Source-Anforderungen bedienen«. Avnet Abacus bedient den Markt dabei von zwei Seiten. Zum einen vertreibt der Distributor DC/DC-Wandler und Power-Management-Produkte für die Leiterplatte – Geschäfte, die meist direkt mit einem OEM abgewickelt werden, der seine Produkte entweder in Deutschland, Osteuropa, oder Asien produzieren lässt. Die zweite Säule des Geschäfts ist der Verkauf von AC/DC-Lösungen an Kunden, die diese Netzteile direkt in ihren Maschinen und Geräten verbauen. Doch unabhängig davon, ob es sich nun um DC/DC-Wandler, oder AC/DC-Wandler handelt, »Stromversorgungen sind eben ein notwendiges Übel und werden meist zuletzt geordert«.