Exklusive Umfrage

1. März 2021, 20 Bilder
© Quelle: VDMA

Holger Kunze, Leiter VDMA European Office Brüssel

Veränderungen im Warenverkehr haben sich natürlich dadurch ergeben, dass das Vereinigte Königreich seit Anfang 2021 ein Drittland ist und somit bei Ein- und Ausfuhr Zollanmeldungen erstellt werden müssen. Dadurch, sowie durch die erforderlichen Zollkontrollen kann es zu Verzögerungen bei der Abwicklung des Handels kommen. Konkrete Zahlen für 2021 haben wir allerdings noch nicht, dazu ist die Zeit seit Jahresbeginn zu kurz. Zu berücksichtigen ist bei dieser Frage auch, dass viele Mitgliedsunternehmen planbare Lieferungen (z.B. Bestückung von Ersatzteillagern in Niederlassungen/Vertretungen) bereits Ende letzten Jahres vorgenommen haben.

Dass Lieferungen nach bzw. von Großbritannien jetzt Drittlandsgeschäfte sind, stellt unsere Mitgliedsunternehmen vor keine große Herausforderung. Drittlandsgeschäfte sind Tagesroutine, auch die Erstellung von Präferenznachweisen aufgrund des Handelsvertrages. Das Hauptproblem ist, dass die Partner und auch Dienstleister im Vereinigten Königreich im Regelfall kaum Erfahrung mit Drittlandsgeschäften haben und sich sehr unzureichend auf die veränderte Situation vorbereitet hatten. Es sind teilweise sehr aufwändige Diskussionen mit den Firmen auf der Insel erforderlich, wenn es um die Aufmachung der Dokumente und erforderlichen Informationen geht.

Die erforderlichen Grenzkontrollen und die Tatsache, dass es immer noch zahlreiche unvorbereitete Unternehmen in Großbritannien gibt, führen zu Schwierigkeiten an den Grenzen. Dadurch werden Lieferzeiten unberechenbarer und für Lieferungen nach oder aus Großbritannien können Verzögerungen entstehen. Dazu kommt, dass es derzeit noch einige Unsicherheiten bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Großbritannien gibt. Zwar gibt es eine Ausnahme von der Visa- und Arbeitserlaubnispflicht für Servicekräfte eines Maschinenherstellers, wenn es vertragliche Beziehungen mit einem Kunden in Großbritannien gibt. Unklar ist allerdings, ob diese Ausnahme auch für den Lieferanten der Maschine oder für vom Hersteller beauftragte Subunternehmer gilt. Insgesamt sind der Handel und Geschäftsverkehr mit Großbritannien seit dem 1. Januar komplizierter und unberechenbarer geworden. Ob sich dies jetzt schon auf die Preisgestaltung auswirkt, können wir nicht sagen.  

Die Maschinen- und Anlagenbauer hoffen, dass die Abwicklungsprobleme in den nächsten Wochen nach und nach abgebaut werden. Wie sich die Situation ab Juli 2021 bei Einfuhren in das Vereinigte Königreich darstellt, bleibt abzuwarten. Wenn der britische Zoll seine Aufgabe aber dann ernst nimmt und die britischen Unternehmen weiterhin schlecht vorbereitet sind, wird es bei Importen nach UK höchstwahrscheinlich zu Behinderungen kommen. Insgesamt wird der Handel mit dem Vereinigten Königreich durch Kontrollen, Zollformalitäten, etc. eine dauerhaft höhere Komplexität aufweisen als der Handel innerhalb der EU. Außerdem muss man befürchten, dass sich EU und UK regulatorisch langfristig auseinanderentwickeln, was eher zu mehr als weniger Handelshemmnissen führen wird.