Interview

Elektromobilität als Wachstumsmotor für Lithium-Ionen-Akkus

9. August 2013, 13:57 Uhr | Mathias Bloch
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Welche Akku-Technologien werden eingesetzt?

So sieht das Mischoxid Nickel-Kobalt-Mangan (NCM) unter dem Elektronenmikroskop aus. Es wird als Kathodenmaterial verwendet.
So sieht das Mischoxid Nickel-Kobalt-Mangan (NCM) unter dem Elektronenmikroskop aus. Es wird als Kathodenmaterial verwendet.
© BASF

Elektronik: Stellen Sie Elektrodenmaterialien für aktuelle Lithium-Ionen-Akkus her oder konzentrieren Sie sich auf die Entwicklung neuer Materialien?

Jäkel: Natürlich unterstützen wir auch aktuelle Anwendungen wie Smartphones oder Tablets mit unseren Materialien. Wir konzentrieren uns -allerdings insbesondere bei den Kathodenmaterialien auf solche, bei denen wir von deren Zukunftspotenzial voll überzeugt sind. Wir setzen hier vor allem auf Materialien im Bereich der Nickel-Cobalt-Mangan-Mischoxide (NCM) sowie auf Lithium-Eisenphosphat (LFP).

Elektronik: Stichwort Lithium-Eisenphosphat, Sie haben hier in Zusammenarbeit mit dem ZSW einen solchen Akku entwickelt, der es bei den bisherigen Versuchen auf 10.000 Ladezyklen gebracht hat. Wo sehen Sie das Potenzial dieser Technik in Bezug auf die noch zu erreichenden Zyklen und die möglichen Anwendungen?

Jäkel: Lithium-Eisenphosphat- (LFP-) Kathodenmaterialien zeichnen sich vor allem durch eine höhere intrinsische Sicherheit und Stabilität aus, da LFP sozusagen einen inhärenten Überladungsschutz hat, der bei anderen Kathodenmaterialien fehlt. Das sind für viele Anwendungen sehr wichtige Parameter. Wir sehen dementsprechend LFP-Kathodenmaterialien in Anwendungen, wie bei Hybridfahrzeugen, oder bestimmten Arten von stationären Stromspeichern. Die Lebensdauer ist hier ein entscheidendes Kriterium. Für den Einsatz in Elektrofahrzeugen müssen wir eine mehrjährige Lebensdauer gewährleisten, während diese in Tablets oder Smartphones deutlich geringer ist.

Elektronik: Lithium-Schwefel-Akkus gelten derzeit als der wahrscheinlichste Nachfolger für Lithium-Ionen-Akkus, da sie deutlich mehr Energie speichern können und aus günstigeren Materialien bestehen. Sie haben sich über Sion Power bei der Lithium-Schwefel-Technik eingekauft. Wenn ein Konzern wie BASF dahintersteht, könnte das die Entwicklung ja beschleunigen. Wann ist dieser Akkutyp reif für die Praxis und welche Probleme gibt es noch?

Jäkel: Die Lithium-Schwefel-Technologie ist sehr vielversprechend. Wir erwarten hier beispielsweise Reichweiten von mehr als 300 km für ein konventionelles rein batterieelektrisches Auto, während mit einer Lithium-Ionen-Batterie nur Reichweiten von 100 bis 150 km möglich sind und sein werden. Allerdings befinden wir uns hier noch im Feld von grundlegender Forschung, weshalb wir noch keine seriösen Angaben zu spezifischen Leistungsdaten machen können. Eine Marktreife dieser Technologie erwarten wir nicht vor 2022 oder sogar später.

Elektronik: Mit Ovonic haben Sie einen Spezialisten für NiMH-Akkus übernommen. Welche Rolle spielen diese Akkus Ihrer Meinung nach? Sehen Sie dafür neue Anwendungen?

Jäkel: Die Übernahme von Ovonic verfolgte vor allem strategische Ziele. Die NiMH-Technologie wird zur Zeit bei praktisch allen Hybridfahrzeugen eingesetzt. Die bestehenden Kundenbeziehungen von Ovonic sind wichtig für das Lithium-Ionen-Batterien-Geschäft der BASF.

Elektronik: Was sind derzeit Ihre größten Märkte für Batteriematerialien und erwarten Sie, dass sich diese Märkte in näherer Zukunft verschieben werden?

Jäkel: Unsere Materialien gehen natürlich neben der Elektromobilität in viele weitere Anwendungsbereiche ein. Sicher ist heute der Gesamtmarkt eher noch im Bereich „Consumer Electronics“, mit dem wir alle Anwendungen im Umfeld Handy, Smartphone, Laptop & Co zusammenfassen, dominiert. Wir erwarten aber, dass sich das in den kommenden Jahren dreht. Dann wird die Elektromobilität zum großen Wachstumsmotor für Lithium-Ionen-Batterien. Regional betrachtet ist Asien momentan der dominierende Markt und auch, wenn sich gerade durch das Aufkommen der Elektromobilität neue Märkte in Europa und Nordamerika etablieren, erwarten wir in der nächsten Zeit nicht, dass sich der Fokus aus Asien wegbewegt.

Elektronik: Gerade Asien scheint ja in der Elektrochemie mitunter unaufholbar zu sein, nicht nur was den Markt betrifft, sondern auch den Wissensstand. Welche Chancen sehen Sie, um dort aufzuholen oder Länder wie Japan oder Südkorea sogar zu überholen?

Jäkel: Viele unserer Forschungskooperationen zum Thema Elektrochemie schließen deutsche Universitäten und Forscher mit ein. Beispiele dafür sind das Forschungsnetzwerk Elektrochemie und Batterien, an dem unter anderem die Universität Gießen und die Technische Universität München beteiligt sind, oder das Batteries and Electrochemistry Laboratory, kurz Bella, am KIT in Karlsruhe. Zusammen mit Volkswagen haben wir auch den „Wissenschaftspreis Elektrochemie“ ins Leben gerufen, der seit 2012 jährlich vergeben wird.

Wir glauben daran, dass wir hier in Deutschland schon eine hohe Expertise im Bereich Elektrochemie haben und arbeiten gleichzeitig daran, diese stetig zu verbessern. Ob wir dadurch am Ende gegenüber Ländern wie Japan oder Korea aufholen oder diese sogar überholen, ist natürlich ein offenes Spiel, denn auch in diesen Ländern wird einiges bewegt, um den jetzigen Know-how-Stand weiter zu entwickeln, und der Vorsprung ist deutlich.


  1. Elektromobilität als Wachstumsmotor für Lithium-Ionen-Akkus
  2. Welche Akku-Technologien werden eingesetzt?
  3. Eine Million Elektroautos?

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu BASF AG

Weitere Artikel zu Batterien und Akkus