Große LCDs auf Kunststoff-Substrat

Biegsame Flüssigkristalle

9. November 2017, 9:00 Uhr | Von Paul Cain
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Digitale Beschilderung

Die digitale Beschilderung ist ein effizientes Instrument für die Schaffung und Weitergabe von Inhalten, mit Anwendungsbereichen, die sich quer über eine Vielzahl von Branchen erstrecken, darunter auch Einzelhandel und öffentlicher Verkehr. Üblicherweise werden für Schilder mit hoher Informationsdichte Flüssigkristall-Displays (LCDs) genutzt, da sie eine hervorragende Bildschirmleistung bieten und auch in großen Formaten zur Verfügung stehen, beispielsweise die 84“-LCDs, die in Busstationen zum Einsatz kommen. Sie werden in der Regel auf Glas gefertigt.

Gerade aber bei diesen großformatigen Anzeigen ist Gewicht ein kritischer Faktor und häufig sind für die Montage starke Stützgerüste oder -Rahmen nötig. Damit sind der Installation von glasbasierten Displays in und auf Gebäuden und anderen Objekten Grenzen gesetzt. Auch bei kleineren Anzeigen ergeben sich aufgrund der Zerbrechlichkeit von Glas und der mangelnden Biegsamkeit der Oberfläche Einschränkungen bei der Montage: So ist es beispielsweise schwierig, flache Glasdisplays in Fahrzeugen, Fahrrädern oder in Säulen oder Pfosten zu integrieren.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Kunststoff-LCDs lassen sich an die Form von Gebäudestrukturen des öffentlichen Lebens anpassen. Damit eignen Sie sich für das Digital Signage
Bild 3. Kunststoff-LCDs lassen sich an die Form von Gebäudestrukturen des öffentlichen Lebens anpassen. Damit eignen Sie sich für das Digital Signage.
© FlexEnable

IHS Markit prognostiziert, dass der weltweite Markt für digitale Beschilderung bis 2020 rund elf Milliarden US-Dollar betragen wird. Etwa 70 % dieses Gesamtvolumens wird dabei von LCD-Displays eingenommen [3]. Biegsame LCDs werden auf diesem Markt mit Sicherheit auf fruchtbaren Boden fallen, denn sie bieten alle Vorteile von glasbasierten LCDs, sind diesen aber hinsichtlich Gewicht und Freiformgebung überlegen – den beiden größten Hindernissen bei der Integration von
digitalen Schildern auf nicht flachen Oberflächen. Ähnlich wie glasbasierte LCDs sind auch die biegsamen LCDs lichtstark und damit für Anwendungen im Außenbereich geeignet (siehe Bild 3). Außerdem arbeiten sie ausfallsicher und ihre Produktion ist auch auf große Flächen skalierbar.

OLCD und OLED – biegsame Display-Technologien

Mehrere Arten von biegsamen Displays befinden sich aktuell entweder bereits in Serienfertigung oder in Vorbereitung. Biegsame OLED-Displays werden wohl am häufigsten zitiert und vermarktet. Sie bieten ein außerordentlich breites Farbspektrum sowie branchenweit führenden Kontrast und werden bereits in Smartwatches und Mobiltelefonen benutzt. Derzeit stammen nahezu alle diese Produkte von Samsung Display, aber auch viele andere Display-Hersteller investieren bereits in OLED-Kapa¬zitäten. Die Kosten für die Herstellung solcher Displays sind jedoch nach wie vor horrend, sowohl aufgrund der hohen Materialkosten als auch der, verglichen mit LCDs, geringeren Ausbeute im Herstellungsprozess. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, wie das Kunststoff-Display vom Trägerglas entfernt wird [4], auf das es während der Displayherstellung montiert wird. Dadurch und auch aufgrund einiger anderer Faktoren ist es derzeit noch schwierig, biegsame Displays im Großformat mit dieser Herstellungsmethode zu produzieren.

Was die Leistungsfähigkeit betrifft, liegt eine der Herausforderungen im Zusammenhang mit biegsamen OLED-Displays in ihrer Lebensdauer: Diese ist für Mobilgeräte zwar absolut ausreichend, aber um die Anforderungen von Einsatzbereichen wie der Automobilbranche erfüllen zu können, wo lichtstarke Displays mit einer langen Lebensdauer gebraucht werden, die auch relativ rauen Umgebungsbedingungen standhalten, besteht noch Nachholbedarf.

Glasfreie und biegsame LCDs lassen sich auch in Größen jenseits der typischen Smartphone-Displays herstellen
Bild 4. Glasfreie und biegsame LCDs lassen sich auch in Größen jenseits der typischen Smartphone-Displays herstellen. Der OLCD-Demonstrator (oben) wurde mit einem 12,1“-Display konstruiert. Das OLCD lässt sich auf einen Biegeradius von weniger als 20 mm wölben (unten).
© FlexEnable

Was die Verlässlichkeit betrifft, so hat die LCD-Technologie die besseren Karten. Teilweise deshalb, weil sich die Energieversorgung und Handhabung von LCDs einfacher gestaltet, aber auch deshalb, weil eine Erhöhung der Helligkeit des LCD-Displays seine Lebensdauer nicht verkürzt. Die Lichterzeugung geschieht getrennt von den empfindlichen Pixeln in der separierten Hinterleuchtung.
FlexEnable hat ein biegsames, organisches LCD (OLCD) entwickelt, das viermal dünner (weniger als 0,3 mm Dicke) und zehnmal leichter ist als marktübliche Displays auf Glasbasis. Mit einem Krümmungsradius von bis zu 20 mm und darunter lässt sich das OLCD biegen, wölben und um Oberflächen wickeln (Bild 4).

Für OLCDs werden organische Transistoren (OTFTs) genutzt, deren Elektronenmobilität (μ) höher als die der etablierten Dünnschichttransistoren aus amorphem Silizium (a:Si) ist. Diese organischen TFTs werden auf Basis eines lösungsverarbeitenden Ansatzes gefertigt, bei dem die organischen Polymerhalbleiter und Nichtleiter bei niedrigen Temperaturen von weniger als 100 °C abgeschieden werden. Durch die niedrigen Herstellungstemperaturen ist die Verwendung eines Kunststoffs namens TAC als Substratmaterial möglich. Aufgrund seiner guten optischen Eigenschaften wird TAC häufig zur Herstellung von Polarisatorschichten in LCD-Displays verwendet: Der Transmissionsgrad liegt bei 94 % und die Doppelbrechung ist nur sehr gering, sodass die Polarisationsrichtung beim Durchtritt nur unwesentlich beeinflusst wird. Mit TAC hergestellte OLCDs weisen einen Kontrast auf, der dem von aktuell eingesetzten Glas-LCDs um nichts nachsteht.

OTFT-Kennlinie: Die Mobilität ist etwa dreimal so hoch wie bei a:Si, bei fast tausendmal geringerem Leckstrom
Bild 5. OTFT-Kennlinie: Die Mobilität ist etwa dreimal so hoch wie bei a:Si, bei fast tausendmal geringerem Leckstrom. Hier wurde zu Testzwecken die Kanalbreite des TFT um das Hundertfache erhöht, der Leckstrom liegt trotzdem nur im Bereich des Grundrauschens des Messaufbaus).
© FlexEnable

Ein weiterer Vorteil von OTFTs im Vergleich mit Silizium-TFTs ist der sehr geringe Leckstrom. Verglichen mit dem von auf amorphem Silizium gefertigten TFTs ist er rund tausendmal niedriger (Bild 5). Das hat erhebliche Einsparungen in der Leistungsaufnahme eines Displays zur Folge, besonders bei Anwendungen, bei denen die Bildanzeige stabil erfolgen muss, wie zum Beispiel im Automobilbereich oder bei der digitalen Beschilderung.

Was OLCDs maßgeblich von anderen Techniken für biegsame Displays unterscheidet, ist ihre Skalierbarkeit in der Produktion. Großformatige Displays können ähnlich wirtschaftlich wie kleinformatige hergestellt werden. Dafür sind zwei Faktoren ausschlaggebend: Zunächst entspricht die Front des OLCDs der eines herkömmlichen LCDs, nur, dass sie auf Kunststoff montiert wird und nicht auf Glas (siehe Bild 6).

Aufbauschema eines OLCD. Für den Farbfilter und die Transistoren werden jeweils dünne Schichten aus TAC als Substrate verwendet
Bild 6. Aufbauschema eines OLCD. Für den Farbfilter und die Transistoren werden jeweils dünne Schichten aus TAC als Substrate verwendet – ein Material mit sehr guten optischen Eigenschaften, das aber bei Temperaturen unter 100 °C verarbeitet werden muss.
© FlexEnable

Die Flüssigkristall-Technologie wird schon seit Jahren für großformatige Displays eingesetzt (> 80“), ist mit Abstand am weitesten verbreitet und auch die Display-Technologie mit der höchsten Entwicklungsreife auf dem Markt. Zweitens erleichtert die Pro¬zessierung der TAC-Backplane im Niedertemperaturverfahren die weiteren Prozessschritte deutlich. Bei diesem Herstellungsprozess kann das TAC mit einer Ausbeute von fast 100 % vom Trägerglas entfernt werden – unabhängig von Größe und Format des Displays.

Dadurch wird es mit OLCD erstmals möglich, biegsame, großformatige Displays mit einer langen Lebensdauer herzustellen, die für eine Reihe von Anwendungen in Frage kommen, bei denen andere Technologien an ihre Grenzen stoßen

 


  1. Biegsame Flüssigkristalle
  2. Digitale Beschilderung
  3. OLCD geht in Serienfertigung

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu FlexEnable Ltd.

Weitere Artikel zu Displays / HMI-Systeme / Panel-PCs