Die Wirtschaftskrise hat vor allem die ATE-Branche hart getroffen - die Hersteller mussten zum Teil über 50 Prozent Umsatzrückgang hinnehmen. So auch Verigy, die 2006 als Abspaltung von Agilent auf den Markt gekommen war, sich seitdem aber schon zu einem der führenden Anbieter entwickelt hat. Hans-Jürgen Wagner, Vice President und General Manager SoC Test von Verigy, erklärt, wie das noch junge Unternehmen die Krise verkraftet hat und wie er den europäischen ATE-Markt sieht.
Markt&Technik: Herr Wagner, die Wirtschaftskrise hat der ATE-Branche schwer zu schaffen gemacht. Wie ist Verigy durch diese Zeit gekommen?
Hans-Jürgen Wagner: Generell ist unser Geschäft sehr zyklisch, deshalb war es für unsere Firmengründung im Jahr 2006 sehr wichtig, ein flexibles Geschäftsmodell zu etablieren, das es uns erlaubt, diese Zyklen als normalen Bestandteil unseres Geschäfts zu bewältigen. Dazu gehört unsere Plattformstrategie, die große Synergien über viele Marktsegmente hinweg ermöglicht, eine variable Kompensation, die sich am Unternehmensgewinn orientiert, und eine Fertigung mit externen Partnern, die über ihre Geschäftsfelder Schwankungen ausbalancieren können. Die Wirtschaftskrise in 2009 war allerdings eine weltwirtschaftliche Krise, die nichts mit der Halbleiterindustrie direkt zu tun hatte, und die zu einem wesentlich stärkeren Geschäftseinbruch geführt hat, der vergleichbar mit dem Platzen der »Internetblase« in 2001 war. Unsere Umsätze sind von Q4/08 auf Q1/09 um 55 Prozent zusammengebrochen, deutlich unter unsere damalige »Break-Even-Struktur«.
Weil überhaupt nicht absehbar war, wie lange und wie tief diese Krise für unsere Branche sein wird, waren wir gezwungen, alle üblichen kurzfristigen Sparmaßnahmen, inkl. Kurzarbeit, sowie strukturelle Anpassungen der Kostenstruktur auf einen niedrigeren »Break/Even-Pegel« vorzunehmen. Wir konnten allerdings in Deutschland auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten und haben hier auch die Kurzarbeit bereits wieder beendet. Wir haben insbesondere im SoC-Test schon in der zweiten Jahreshälfte 2009 gesehen, dass sich der Markt langsam zu erholen begann. Somit denke ich, dass Verigy als junge ATE-Firma diese Krise gut überwunden hat: Im letzten Quartal haben wir bei 154 Millionen US-Dollar Umsatz ein Vermögen von 445 Millionen Dollar »Cash & Marketable Securities« berichtet. Ich möchte allerdings auch einräumen, dass der Testermarkt für Speicherbausteine deutlich der Erholung im SoC-Test hinterherhinkt. Hier werden viele gebrauchte Systeme verkauft, die zum Beispiel durch Firmeninsolvenzen freigeworden sind.
Inwieweit haben sich die Marktanteile im Zuge der Krise verschoben?
Wir haben seit 2006 kontinuierlich Marktanteile hinzugewonnen. Die Erweiterung der SoC-Testplattform V93000 durch die Port-Scale-RF-Lösung hat signifikant dazu beigetragen. Der Testermarkt war in 2009 sehr klein - für SoCs umfasste er 900 Millionen US-Dollar, 2008 dagegen noch 1,8 Milliarden -, so dass eine nachhaltige Aussage schwierig ist.
Generell müssen Marktanteile über einen längeren Zeitraum betrachtet werden, mindestens über einen Zyklus, der ca. zwei Jahre dauert. Die Krise von 2009 hat dazu geführt, dass die regionale und Marktsegment-spezifische Erholung unterschiedlich stattfindet. Deshalb sind in 2010 Verschiebungen möglich, es ist für mich aber unklar, wie viel 2010 nachhaltig oder temporär ist. Wir sehen starkes Momentum in den Segmenten, in denen wir tätig sind. Memory ist allerdings nach wie vor schwach.
Die Elektronikproduktionen sind großteils von Europa nach Asien verlagert worden. Welche Chancen bietet der europäische und speziell der deutsche Markt einem ATE-Hersteller überhaupt noch?
Der Halbleitermarkt ist global. Zuerst geht es um »Design-Wins«, dann um den Produktionstest. Das gilt für Europa genauso wie für den Rest der Welt. Natürlich gehören alle großen europäischen Halbleiterfirmen zu unserem Kundenkreis. Allerdings ist dieser Teil des Geschäfts kleiner als in den USA und Asien. Als ATE-Lieferant, der mit seinen Designkunden, von denen viele in den USA sind, genauso intensiv zusammenarbeiten muss wie mit den Produktionskunden in Asien, sitzt man in Europa gar nicht schlecht - so kann man morgens mit Asien kommunizieren und abends mit USA. Natürlich haben wir auch lokale Teams.
Welche Märkte treiben Ihr Wachstum derzeit am stärksten und wie adressieren Sie diese?
Der SoC-Test wächst stark, besonders angetrieben durch Smart-phones, Computer, Consumer-Elektronik und drahtlose sowie drahtgebundene Kommunikation. Er ist also in der Zwischenzeit recht breit geworden. Allerdings ist es oft nur sehr kurzfristig vorausplanbar, welches Endprodukt - und damit welche ICs - in welchem Volumen benötigt werden. Deshalb bieten wir eine skalierbare Plattform an, die für sehr viele unterschiedliche ICs verwendet werden kann, statt Segment-spezifische Punktlösungen.