Wie sieht es in der Röntgeninspektion aus?
Hier ist die Sache nicht ganz so einfach. Bei der AOI haben alle das gleiche Ziel: die optische Inspektion der Leiterplatte mit all ihren Lötstellen und Bauteilen. Beim Röntgen gibt es mehrere Ansätze, nicht nur technologisch, sondern auch preislich. Es beginnt schon mit der Frage: manuelle Röntgeninspektion oder Inline? Inline ist auf Dauer sicherlich der effizientere Weg, doch die Anfangsinvestition ist eine große Hürde. Viele Kunden suchen daher eine möglichst preisgünstige Lösung und landen letztlich bei einem manuellen oder teilautomatischen 2D- bzw. 2,5D-System. Aber beispielsweise komplexe Automotive-Bausteine sind mit diesen Geräten nicht mehr zuverlässig zu inspizieren. Die Lötstellen sind oft von außen gar nicht zu sehen. Dabei ist es jedoch gerade hier ganz elementar, zu bewerten, wie gut die Lötstelle ist.
Das müsste der 3D-Röntgentechnik doch ein großes Zukunftspotenzial bescheren…
Ja, und vor allem die planare Computertomografie, kurz PCT, wird sich zu einer Notwendigkeit entwickeln – besonders in Segmenten, in denen es auf maximale Sicherheit ankommt. Automotive-Bausteine beispielsweise müssen ganz anderen Belastungen standhalten als solche für „herkömmliche“ Applikationen. Auch Anwendungen in der Medizin, dem Militär oder in hochsicherheitskritischen Industriebereichen wie etwa Atomkraftwerken – überall dort ist die 100 Prozent sichere Durchleuchtung des gesamten Bauteils ein Muss. Denken Sie nur an die Schuldfrage bei einem Unfall. Wenn ein Systemversagen auf ein bestimmtes Bauteil zurückzuführen ist, stellt sich schnell die Frage „Wer hat den Fehler übersehen“. Da reicht es nicht, wenn der Hersteller sagen kann, er hätte die Bausteine auf „Geht/Geht nicht“ getestet. Denn unter „Geht“ fällt auch „Geht gerade noch so“. Muss man die Qualität der Lötstelle nachweisen, ist es mit einer schichtbezogenen 3D-Röntgeninspektion nicht getan, das geht nur mit einer planaren CT. Es ist eine schwierige Technologie, aber ich bin überzeugt, dass sie die einzige Inspektionstechnologie sein wird, die in Zukunft greifen wird. Nur mit planarer CT ist ein 100%-Test möglich.
Ist das den Kunden schon bewusst?
Auch hier ist wieder viel Marketing unterwegs, und es ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Viele Anbieter werben mit 3D-Röntgen. Doch das ist lediglich vergleichbar mit den „Röhren“, die jeder von uns aus der Medizintechnik kennt. Allerdings erhält man mit dieser Technologie lediglich ein unvollständiges Bild. Von dem zu prüfenden Teil werden nur vereinzelte Schichten aufgenommen, der Rest wird hinzugerechnet. Bei der planaren CT hingegen erhält man einen kompletten Datensatz – mit allen Informationen auf Pixel-Ebene. Der Anwender kann durch die gesamten Informationen durchscrollen und sich Details anschauen. Nicht zuletzt ist das System auch gleich der Analysator.
Omron ist derzeit der einzige Hersteller, der ein vollautomatisches Inline-Planar-CT anbietet. Haben Ihre Marktbegleiter diesen Trend noch nicht erkannt?
Doch, da bin ich sicher. Und auch, dass sie uns irgendwann folgen werden. Aber noch haben wir die Nase vorn. Wir sind mit dieser Entwicklung einfach sehr früh dran. Die Vorteile und die Notwendigkeit einer Inline-Planar-CT müssen erst einmal im Bewusstsein der Kunden ankommen. Ein Argument ist der zunächst hohe Preis. Für ein AXI-System muss man rund 250.000 bis 300.000 Euro hinlegen, für ein Inline-PCT-System ab 400.000 Euro. Der hohe Preis liegt unter anderem darin begründet, dass die mechanischen Komponenten unglaublich genau sein müssen. Dennoch: Die planare CT erreicht eine unschlagbare Prüftiefe. Und im Grunde genommen wissen die Kunden bereits, dass sie früher oder später inline-fähige PCT-Systeme brauchen werden, aber sie scheuen die Investitionskosten. Ich würde ihnen raten: Kauft euch keine Kompromisslösung, sondern spart, bis ihr das Geld zusammen habt, und investiert dann gleich richtig.
Welche Technologie erfährt derzeit die größte Nachfrage?
Der Markt fordert nach wie vor AOI. Die Kunden lösen bereits die ersten und zweiten Gerätegenerationen ab, das treibt die Nachfrage. Doch die Röntgentechnik wird nachziehen: Die Bauteile werden immer kleiner – damit verändert sich auch die Lötkultur. Die neuen Lötformen bringen es mit sich, dass ein klassischer Meniskus jetzt ganz anders aussehen kann. Viele Lötstellen liegen mittlerweile unter dem Bauteil – da hat AOI keine Chance mehr. Röntgen wäre hier besser, aber das ist wie gesagt etwas teurer und scheint auf den ersten Blick zu schwierig zu sein. Dabei ist ein Röntgensystem mittlerweile ähnlich einfach zu programmieren wie ein AOI-System.