Kapazitive Berührungserkennung

Mit oder ohne Handschuhe

2. Dezember 2015, 15:08 Uhr | von Joshan Abraham und Vibheesh Bharathan
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Unbeabsichtigte Annäherung und Fehlerkennungen vermeiden

. Mit getrennten Schwellwerten kann zwischen der Berührung mit bloßen Fingern und mit Handschuhen unterschieden werden
Bild 3. Mit getrennten Schwellwerten kann zwischen der Berührung mit bloßen Fingern und mit Handschuhen unterschieden werden.
© Cypress Semiconductor

Die Amplitude eines Signals einer Berührung mit Handschuhen ist wesentlich geringer als bei einer normalen Berührung. Der Einsatz getrennter Schwellwerte kann dabei helfen, Berührungen mit und ohne Handschuhe zu erkennen und zu unterscheiden.

Für die Berührung mit dem bloßen Finger und mit Handschuhen können zwei spezifische Schwellwerte vorgegeben werden (Schwelle F und Schwelle H in Bild 3). Gewöhnlich werden diese Schwellwerte auf etwa 80 % eines typischen Signals mit bloßen Fingern oder Handschuhen eingestellt. Wenn ein Anwender den Sensor erstmals berührt, ermittelt die Firm­ware, ob das Signal über dem Finger-Schwellwert oder nur über dem Handschuh-Schwellwert liegt.

Entscheidungslogik der Firmware für die Erkennung einer Berührung mit Handschuhen anhand unterschiedlicher Schwellwerte
Bild 4. Entscheidungslogik der Firmware für die Erkennung einer Berührung mit Handschuhen anhand unterschiedlicher Schwellwerte
© Cypress Semiconductor

Wenn das Signal den Finger-Schwellwert überschreitet, geht sie davon aus, dass der Anwender keine Handschuhe trägt, und ignoriert alle Signale, die unter dem Finger-Schwellwert liegen. So wird gewährleistet, dass ein in geringem Abstand über der Fläche schwebender Finger nicht fälschlich als Berührung mit Handschuhen erkannt wird. Bild 4 zeigt den Entscheidungsbaum der Firmware. Wenn die erste Berührung ein Signal erzeugt, dass zwar den Handschuh-Schwellwert, nicht jedoch den Finger-Schwellwert überschreitet, geht das System davon aus, dass der Anwender Handschuhe trägt und wertet von da an Berührungen mit Handschuhen aus. Wenn der Anwender jedoch den Handschuh auszieht und den Sensor mit dem bloßen Finger berührt, wird der Finger-Schwellwert überschritten und das System schaltet sofort in einen Modus um, in dem es nur Berührungen mit bloßen Fingern erkennt. Hauptnachteil dieser Methode ist, dass Fehlerkennungen verursacht werden können, wenn als erstes Signal ein über dem Sensor schwebender Finger ausgewertet wird.

 Bild 5. Ein System mit einem Controller für einen Touchscreen und Controllern für Tasten mit kapazitiver Berührungserkennung
Bild 5. Ein System mit einem Controller für einen Touchscreen und Controllern für Tasten mit kapazitiver Berührungserkennung kann Informationen über die Berührung mit oder ohne Handschuhe austauschen.
© Cypress Semiconductor

Einige Produkte, z.B. Mobiltelefone, Drucker oder hochwertige Hausgeräte, haben an ihren Bedienfeldern sowohl einen unabhängig gesteuerten berührungsempfindlichen Bildschirm als auch berührungsempfindliche Tasten, wie in Bild 5 gezeigt. Bei solchen Systemen kann eine Kommunikationsverbindung der jeweiligen Controller dabei helfen, Berührungen mit Fingern und Handschuhen effizient zu unterscheiden. Touchscreen-Controller können wegen der speziellen Konstruktion des Touchscreen-Sensors gut zwischen einem schwebenden Finger und einer Berührung mit Handschuhen unterscheiden (Bild 6).

Ein Finger mit Handschuh bedeckt einen größeren Bereich als ein bloßer Finger und erzeugt bei einer größeren Anzahl benachbarter Sensor-Nodes Signale mit niedriger Amplitude. Ein in geringem Abstand schwebender Finger erzeugt hingegen Signale mit niedriger Amplitude bei einer geringeren Anzahl benachbarter Sensor-Nodes.

Bei einem Touchscreen kann die Berührung mit Handschuh (links) und ein schwebender Finger
Bild 6. Bei einem Touch- screen kann die Berührung mit Handschuh (links) und ein schwebender Finger (rechts) leicht unterschieden werden.
© Cypress Semiconductor

Der Touchscreen-Con­trol­ler erkennt anhand der Unterschiede im Signalmuster, ob der Benutzer Handschuhe trägt oder nicht. Wenn vom Touchscreen eine Berührung mit Handschuh erkannt wird, wird diese Information an den Controller der kapazitiven Tasten weitergegeben.

Diese Methode eignet sich jedoch nicht für Systeme, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die erste Berührung auf dem Touchscreen erfolgt und nicht auf den Tasten. In diesem Fall könnten Fehlerkennungen verursacht werden.

Ein Sensor mit mehreren Bereichen ist eine innovative, patentierte Lösung, die die Nachteile der bis hierhin beschriebenen Methoden überwindet. Bild 7 links zeigt einen typischen kapazitiven Sensor mit einer optionalen Öffnung in der Mitte für eine LED-Hinter-grundbeleuchtung. Das Bild rechts zeigt einen Sensor, bei dem der berührungsempfindliche Bereich in zwei getrennte Sensoren (inneren und äußeren Sensor) unterteilt ist.

Grundprinzip unterschiedlicher Berührungen Bild 7 bis 9

Ein Sensor mit mehreren Bereichen kann zur Erkennung von Berührungen mit Handschuhen ohne Fehlerkennungen eingesetzt werden
© Cypress Semiconductor
Typische Signale bei einer Taste mit innerem und äußerem Sensor
© Cypress Semiconductor
Die Entscheidungslogik der Firmware bei Sensoren mit mehreren Bereichen
© Cypress Semiconductor

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Das Grundprinzip besteht darin, dass unterschiedliche Berührungen eindeutige Signalmuster bei den inneren und äußeren Sensoren bewirken. Diese können in der Firmware ausgewertet werden, um zwischen bloßem Finger und Handschuh zu unterscheiden. Bild 8 zeigt die typischen Signalprofile bei beiden Sensoren. Damit gibt es die folgenden drei Möglichkeiten, die mit dem Entscheidungsbaum in Bild 9 unterschieden werden:

Eine Berührung mit Handschuh deckt den inneren und den äußeren Sensor ab und erzeugt sowohl am inneren als auch am äußeren Sensor Signale mit niedriger Amplitude. Eine Berührung mit dem bloßen Finger deckt den inneren und den äußeren Sensor ab und erzeugt sowohl am inneren als auch am äußeren Sensor Signale mit hoher Amplitude. Ein in geringem Abstand schwebender Finger hat eine konvexe Form und ist kleiner als ein Finger mit Handschuh. Er erzeugt daher beim inneren Sensor ein stärkeres Signal als beim äußeren Sensor.

Der Sensor mit mehreren Bereichen ist die zuverlässigste Methode zur Implementierung der Berührungserkennung mit Handschuhen bei Benutzerschnittstellen.

 

Die Autoren

Joshan Abraham
 
ist Produktmanager für das CapSense- und PSoC-Portfolio bei der Cypress Semiconductor Corporation. Er hat einen BE in Elektronik vom Birla Institute of Technology and Science (BITS) in Pilani, Indien. Joshan arbeitet vorrangig an der Definition und Einführung einzigartiger Lösungen für berührungsempfindliche Benutzerschnittstellen, insbesondere auf den sich schnell verändernden Märkten für Mobilgeräte und Wearables.

joshan.abraham@cypress.com


Vibheesh Bharathan
 
ist ein System-/Lösungsarchitekt und Mitglied des Exzellenzzentrums für CapSense bei der Cypress Semiconductor Corp. Er arbeitet hauptsächlich an der Definition und Entwicklung der nächsten Lösungen für CapSense. Vibheesh hat einen Master der Ingenieurwissenschaften in Embedded Systems von der Universität Coventry, GB, und zehn Jahre ingenieurtechnische Erfahrung mit Neuentwicklungen im Bereich kapazitive Erkennung und Embedded Systems.

vibheesh.bharathan@cypress.com



  1. Mit oder ohne Handschuhe
  2. Unbeabsichtigte Annäherung und Fehlerkennungen vermeiden

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