Kohlenstoff-Nanoröhrchen

CNT-Sensoren zeigen ultraschnelle Reaktion

20. Juni 2017, 14:26 Uhr | von Helmuth Lemme
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Temperatursensoren auf CNT-Basis

Als erstes von der Temperatur: je höher, desto höher der Stromfluss, ähnlich wie bei Halbleitern. Man kann also auf dieser Basis Temperatursensoren herstellen. Wenn die Schicht auf eine sehr dünne Trägerfolie gedruckt wird (bei den konkreten Ausführungen nur 0,175 mm), dann wird die thermische Trägheit extrem klein.

Einem Temperatursprung von 23 auf 100 °C folgt ein solcher Sensor in nur 250 ms; damit ist er prädestiniert für Anwendungen, in denen eine sehr kurze Reaktionszeit gefordert ist. In Produktion sind Serientypen namens InFlect mit einer Substratgröße von 19 × 7 mm² und einem Grundwiderstand von 500 kΩ (Bild 2).

Sie ermöglichen zum Beispiel die Kontrolle des Druckprozesses bei organischer Elektronik, wo die Qualität der erzeugten Strukturen sehr stark von der Temperatur bestimmt wird.

Temperatursensor auf CNT-Basis mit sehr kurzen Reaktionszeiten
Bild 2. Temperatursensor auf CNT-Basis mit sehr kurzen Reaktionszeiten.
© Brewer Science

Auch auf Biegung des Substrats reagiert die Schicht. In der einen Biegerichtung wird sie gedehnt, wodurch die Röhrchen an den Berührungsstellen weiter auseinandergezogen werden und so der Widerstand steigt, in der anderen werden sie zusammengedrückt, sodass er sinkt. Mit 0,3 % pro Grad Biegung ist die Widerstandsänderung weitaus größer als bei entsprechenden metallischen Dehnungsmessstreifen. Der Linearitätsfehler bei Biegung zwischen –180° und +180° bleibt unter 2 %. Die Ansprechzeit liegt unter 10 ms.

Aufnahme einer Oberfläche mit einer Abtastspitze an Biegungssensor, eindimensionales Überfahren
Bild 3. Aufnahme einer Oberfläche mit einer Abtastspitze an Biegungssensor, eindimensionales Überfahren.
© Brewer Science

Die Trägerfolie (standardmäßig 9 × 39 mm², 200 kΩ) erlaubt einen Biegeradius von minimal 5 mm und ist millionenfach ohne Defekt biegbar. Mögliche Anwendungen sind zum Beispiel die Überwachung von mechanischen Strukturen auf Verformung oder Vibration, in einem Datenhandschuh zur Steuerung eines Roboters oder einer 3D-Profilaufnahme von Oberflächen mittels einer Abtastspitze (Bild 3 und 4).

Ferner reagiert der Übergangswiderstand zwischen den Röhrchen auch auf Feuchte. Die Anwesenheit von polaren Molekülen wie Wasser erhöht die Potenzialbarriere, die die Ladungsträger überwinden müssen. Die Zeitkonstante der Reaktion (1/e) ist hier mit nur 10 ms weitaus kürzer als bei konventionellen Typen. Dies erlaubt den Bau von sehr schnell reagierenden Feuchtesensoren, etwa zur Bestimmung des Wasserdampfgehalts von Gasen im Industriebereich. Eine andere aussichtsreiche Anwendung liegt in der Medizin für Atemluft-Untersuchungen an Patienten. Diese Sensoren erlauben Messungen bis herab zu sehr geringen Feuchtegraden, wo andere schon nichts mehr erkennen. Die Widerstandsänderung des 8 × 22 mm² großen Standardtyps ist 150 bis 300 Ω pro Prozent relative Feuchte.

Aufnahme einer Oberfläche mit einer Abtastspitze an Biegungssensor, zweidimensionales Überfahren
Bild 4. Aufnahme einer Oberfläche mit einer Abtastspitze an Biegungssensor, zweidimensionales Überfahren.
© Brewer Science

Sensoren für weitere Messgrößen sind in Entwicklung: für pH-Wert, verschiedene Gase, flüchtige organische Verbindungen (VOC) und bestimmte Ionen in Wasser. Dazu werden spezielle Katalysatoren in die Schicht eingebaut, die Reaktionen des nachzuweisenden Stoffes auslösen, welche ihrerseits die Potenzialbarriere an den Übergängen und so die Leitfähigkeit verändern. In der Praxis gibt man der CNT-Schicht eine Mäanderstruktur, um auf einer kleinen Fläche eine große Leiterbahnlänge und damit möglichst viele Übergänge unterzubringen. Dadurch erhöht sich die Empfindlichkeit; gleichzeitig vermindern sich die Exemplarstreuungen.

Alle genannten Sensortypen sind sehr hochohmig und erlauben dadurch einen äußerst leistungssparenden Betrieb. Im Prinzip arbeiten sie mit Spannungen ab 4 mV, die Leistungsaufnahme liegt dann bei nur 30 pW – günstig für Systeme, die mittels Energy Harvesting versorgt werden. Dank Herstellung per Druck (Siebdruck oder Rolle zu Rolle) sind sie sehr kostengünstig. Eine hermetische Abdichtung und ein robuster Aufbau gewährleisten niedrige Drift und lange Lebensdauer. Neben den genannten Standardausführungen sind kundenspezifische Ausführungen möglich, bei Bedarf auch Arrays aus einer größeren Zahl von Einzelsensoren. Damit besteht dann kaum noch Gefahr, dass irgendein Messwert durch die Trägheit des Sensors verfälscht wird

 

Literatur
[1] Elektronik, Heft 1/2008, S. 40


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