Es gibt bisher acht Förderprojekte zur quantenbasierten Messtechnik durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. 2022 enden die großen Verbundprojekte, mit denen die Grundlagen für eine industrielle Wertschöpfungskette für Quantensensoren gelegt werden.
Die Nutzbarmachung von Quantentechnologie wird von der Bundesregierung mit mehreren Milliarden Euro gefördert. »Die Möglichkeiten der Quantentechnologien sind so groß, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft haben können und auch sicherheitspolitisch von hoher Relevanz sind«, heißt es in einem Strategiepapier der Bundesregierung zur Quantentechnologie aus dem Jahr 2018. Im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen vor allem leistungsstarke Quantencomputer und – mit gebührendem Abstand – die abhörsichere Quantenkommunikation. Dieser Fokus auf Quantencomputer spiegelt sich auch in den Förderprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wider: von den insgesamt 121 laufenden und abgeschlossenen Förderprojekten zur Quantentechnologie drehen sich rund 50 um Quantencomputer und sechs um Quantenkommunikation.
Zwischen Quantencomputer und Quantenkommunikation tut sich aber noch eine interessante Welt auf – die der Quantensensorik. Unter der Rubrik quantenbasierte Messtechnik, in der es beinahe ausschließlich um Quantensensorik geht, listet des BMBF aktuell acht Förderprojekte – laufende sowie abgeschlossene – mit einem Gesamtvolumen von rund 17,7 Mio. Euro. Quantensysteme sind extrem sensibel für Änderungen in ihrer Umgebung und eignen sich daher als hochempfindliche Sensorelemente für Messgrößen wie Zeit, Temperatur, Magnetfelder, elektrische Ströme, Rotation und Beschleunigung. Tatsächlich gehen Analysten von Yole Développement davon aus, dass der aktuelle Weltmarkt für Quantensensorik & Timing deutlich größer als der für Quantencomputer und Quantenkryptographie ist und sich diese Verhältnisse erst zwischen 2025 und 2030 spürbar umkehren werden (Bild 1).
Welche technischen Ansätze als vielversprechend gelten und welche Aufgaben gelöst werden müssen, um eine ganze Wertschöpfungskette für industrietaugliche Quantensensoren aufzubauen, verrät ein Blick auf die acht Förderprojekte des BMBF. Sie werden auf den nächsten beiden Seiten dieses Beitrags jeweils steckbriefartig vorgestellt. Es sind zum Teil vorbereitende Projekte, in denen die grundlegenden Komponenten für Quantensensoren entwickelt und standardisiert werden und zum Teil werden als Projektziel konkrete Prototypen von Quantensensoren ausgerufen.
Durch Quantensensorik erhalten Diamanten eine neue Bedeutung. Werden sie in einigen Kreisen wegen ihrer extremen Härte oder ihrer Eleganz als Schmuckstück geschätzt, blicken Quantentechniker auf eine andere Eigenschaft des Diamantgitters: In ihnen können Quantenzustände erzeugt und lange stabil gehalten werden. Der Quantenzustand wird durch eingebrachte Stickstoff-Fremdatome gebildet. Ein Fremdatom bildet mit jeweils einer Fehlstelle im Diamantgitter ein Stickstoff-Leerstellen-Paar (englisch: Nitrogen-Vacancy, NV), weshalb sie als NV-Zentren bezeichnet werden. »NV-Zentren bieten bedingt durch die effiziente Abschirmung innerhalb der Diamantmatrix – soweit bekannt – von allen Elektronenspin-Systemen die längsten Kohärenzzeiten im Festkörper bei Raumtemperatur«, heißt es in mehreren Projektbeschreibungen.
NV-Zentren können als extrem präzise Magnetfeldsensoren genutzt werden. Sie werden als Diamant-Magnetfeldsensoren oder Diamant-Quantensensoren bezeichnet. Anwendungen ergeben sich zum einen als Sensorelement für Inertialsensoren zur Messung von Rotation und Beschleunigung und zum anderen in der medizinischen Bildgebung. Heutige Kernspin-Verfahren sind auf sehr starke Magnetfelder angewiesen, die mit tonnenschweren Magneten erzeugt werden – gelingt ein Wechsel auf quantenbasierte Verfahren, lassen sich sogar portable Kernspintomographen entwickeln. Diese Perspektive stellt das Projekt »Q-Magine« in Aussicht. Im Projekt »DiaQuantFab« entstehen die Grundlagen für eine standardisierte Wertschöpfungskette für Diamant-Quantensensoren. Die hohe Bedeutung dieses Quantensystems wird auch am Projektvolumen von 2,5 Mio. Euro deutlich. Es ist das drittgrößte der geförderten Projekte aus der quantenbasierten Messtechnik. Das monetär größte Vorhaben ist das Projekt »MiLiQuant« mit 9,5 Mio. Euro Projektvolumen. Hier werden industrietaugliche Laserlichtquellen entwickelt, mit denen sich Quantenzustände bereitstellen lassen.
Von den acht Projekten wurden vier bereits abgeschlossen. Die noch laufenden vier, die mit insgesamt 13,5 Mio. Euro deutlich größer ausfallen, werden bis Oktober 2022 abgeschlossen sein. Dann wird sich klarer ablesen lassen, wie schnell die Quantensensorik in Deutschland ihren Weg aus der angewandten Forschung in Richtung Prototypen- und Serienentwicklung findet, zumal dann auch das Projekt »DiaQuantFab« abgeschlossen sein wird, das die Grundlagen für eine industrielle Wertschöpfungskette schaffen soll. Das kommende Jahr wird für die Quantensensorik ein spannendes werden.
Auf den nächsten beiden Seiten finden Sie alle acht Projekte im Steckbrief, chronologisch geordnet nach ihrer Projektlaufzeit. Alle bereits abgeschlossenen Projekte sind auf der nächsten Seite beschrieben, eine Seite weiter finden Sie die noch laufenden Projekte.