ADC-Karte von Spectrum im Einsatz

Frühwarnsystem für hochgefährliche Vulkane

28. Juli 2023, 9:00 Uhr | Nicole Wörner
Die Vulkane in Guatemala stoßen pyroklastische Ströme anstelle von Lava aus. Ein radarbasiertes Frühwarnsystem mit extrem hoher Empfindlichkeit soll rechtzeitig anschlagen, um die Menschen zu schützen.
© Spectrum Instrumentation / University College London (UCL)

Ein hochempfindliches, radarbasiertes System soll frühzeitig vor Aktivitäten von Vulkanen warnen, die pyroklastische Ströme statt Lava ausstoßen. Herzstück des Systems ist ein PCIe-Digitizer von Spectrum Instrumentation, der geringste Bewegungen aus einer Entfernung von sechs Kilometern erkennt.

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Das Land Guatemala in Mittelamerika besitzt drei ständig aktive Vulkane, in deren direkter Umgebung sich viele Dörfer befinden. Um Menschenleben zu schützen, ist ein Frühwarnsystem für Eruptionen daher von entscheidender Bedeutung.

Solche Systeme existieren bereits, aber die Vulkane in Guatemala stoßen pyroklastische Ströme (PDC = pyroclastic density current) anstelle von Lava aus. Die extrem gefährlichen PDC-Wolken bestehen aus Gas, Gestein und Asche und bewegen sich mit bis zu 600 km/h ins Tal, wobei die Temperatur im Inneren des Stroms bis zu 800 °C betragen kann.

Ein Team des University College London (UCL) unter der Leitung von Dr. Amin Amiri untersucht nun diese pyroklastischen Ströme und entwickelt ein radarbasiertes Frühwarnsystem mit extrem hoher Empfindlichkeit. Kernstück des Systems ist ein PCIe-Digitizer von Spectrum Instrumentation, das Modell M2p.5921-x4. Diese Messkarte ist so empfindlich, dass sie geringste Bewegungen aus einer Entfernung von sechs Kilometern erkennen kann – dem benötigten Abstand zwischen Vulkanschlot und der aufgestellten Ausrüstung.

Die gesamte Elektronik ist in einer Metallbox untergebracht, um sie vor Feuchtigkeit, Regen und Wildtieren zu schützen
Die gesamte Elektronik ist in einer Metallbox untergebracht, um sie vor Feuchtigkeit, Regen und Wildtieren zu schützen
© Spectrum Instrumentation / University College London (UCL)

Das Frühwarnsystem besteht aus...

...einem Radar im X/Ku-Band inklusive Reflektorschüsseln für das Senden und Empfangen. Das zurückkehrende Signal wird mit dem ausgehenden Signal verglichen, um ein Zwischenfrequenzsignal (ZF) zu erzeugen, das Entfernungs- und Bewegungsinformationen über den pyroklastischen Strom am Vulkanhang enthält. Das ZF-Signal wird von der Digitizerkarte M2p.5921-x4 mit 20 MSamples pro Sekunde erfasst und mit Spectrums Messsoftware SBench 6 verarbeitet.

Aktiver Vulkan „Santiaguito“, dahinter der noch größere Vulkan „Santa Maria“
Aktiver Vulkan „Santiaguito“, dahinter der noch größere Vulkan „Santa Maria“
© Spectrum Instrumentation / University College London (UCL)

Das erste System überwacht einen der Hänge des Vulkans Santiaguito.

»Dies ist die erste Forschung zu PDC-Ereignissen,...

...die versucht, die Mechanismen der pyroklastischen Ströme zu verstehen«, so Amiri. »Wir nutzen einen seismischen Aktivitätsdetektor, der das Radarsystem einschaltet, wenn er eine Erschütterung erkennt. Dadurch wird sichergestellt, dass wir nur relevante Daten zu einem PDC-Ereignis erfassen. Auf diese Weise schonen wir auch die Batterien, die tief im Dschungel Guatemalas stehen und von Solarpanels aufgeladen werden. In ein paar Monaten werden wir zurückkommen, um die gespeicherten Daten zu entnehmen und zwei weitere Systeme zu installieren, welche die anderen beiden Vulkanhänge überwachen sollen.«

Das ursprüngliche Design des Warnsystems...

...sollte in einer Entfernung von vier Kilometern vom Ziel funktionieren, aber weil das Gelände im Dschungel nicht geeignet war, musste das Setup auf einer sechs Kilometer entfernten Hügelkette aufgestellt werden. Durch diese 50-prozentige Zunahme der Entfernung befürchtete das Team eine geringere Empfindlichkeit des Systems. Mit Hilfe einer Drohne, die als bewegliches Ziel über die Baumwipfel des Dschungels bis zum Vulkanhang flog, konnte festgestellt werden, dass die angestrebte Sensitivität trotz größerer Distanz in vollem Umfang vorhanden war.

»Die hohe Empfindlichkeit ist der Schlüssel zum Erfolg...

...dieses Frühwarnsystems«, erklärt Dr. Amiri. »Wir haben die ADC-Karte von Spectrum getestet und festgestellt, dass sie ein unglaublich niedriges Grundrauschen von -100 dBm hat. So konnten wir ein MTI-System bauen – das steht für Moving Target Indicator –, das kleinste Bewegungen des Vulkans erkennen kann, denn dies sind die ersten Anzeichen eines PDC-Ereignisses.«

Aufbau des ersten Systems in 6100 Meter Entfernung vom aktiven Vulkanschlot
Aufbau des ersten Systems in 6100 Meter Entfernung vom aktiven Vulkanschlot
© Spectrum Instrumentation / University College London (UCL)

Die größten Herausforderungen...

...für das Team waren die Hitze, die Feuchtigkeit und die Stechmücken. Aber auch die gesamte Elektronik musste vor den widrigen Bedingungen im Dschungel geschützt werden. Die Wissenschaftler verwenden eine komplett geschlossene Metallbox, um Feuchtigkeit, Regen und Wildtiere abzuhalten. Durch die fehlenden Luftlöcher wird aber die Kühlung der Elektronik eine Herausforderung, weil die Temperatur im Dschungel fast immer 35 °C übersteigt. Ein schattenspendendes Blechdach und ein Ventilator innerhalb der Box sind erste Maßnahmen.

Das Team arbeitet jetzt an...

...Verbesserungen für die nächsten Systeme, wie zum Beispiel Kühlrippen auf der Oberseite der Box oder einem solarbetriebenen Kühlschrank. »Ein entscheidender Faktor bei der Auswahl der Messkarte von Spectrum Instrumentation war, dass sie für einen großen Temperatur- und Feuchtigkeitsbereich ausgelegt ist. Außerdem verfügt sie über eine thermische Abschaltung, wenn die Umgebung zu heiß wird«, sagt Dr. Amiri. »Ich habe Spectrum-Karten in anderen Projekten verwendet, daher kenne ich ihre hohe Herstellungsqualität. Ich kann sicher sein, dass eine solche Karte tief im Dschungel zuverlässig funktioniert, so dass ich nicht um die halbe Welt fliegen muss, um sie zu ersetzen!«


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