Eine weitere Entwicklung der BAM-Wissenschaftler sind neue Prüfköpfe, die nicht nur eine Automatisierung der zerstörungsfreien Prüfung ermöglichen, sondern deren Messwerte zusätzliche Informationen über die Form eines Risses liefern.
Bisher werden beispielsweise Lagerringe unter hohem Personalaufwand mit Magnetpulver geprüft. Am Streufeld von Fehlstellen magnetisierter Werkstücke sammeln sich unter UV-Licht sichtbare fluoreszierende Eisenteilchen. Das ist sehr zeitintensiv und teuer. Großer Vorteil der neuen Methode verglichen mit der herkömmlichen Magnetpulverprüfung: »Wir können sagen: ‚Der Riss hat exakt diese Tiefe‘«, beschreibt Projektleiter Marc Kreutzbruck die neue Prüftechnik. Und die Prüfung ist auch in kürzerer Zeit möglich.
Das Phänomen, das die Wissenschaftler ausnutzen: An einem Riss verändert sich das Magnetfeld. Die Idee ist nun der Einsatz spezieller Sensoren, die diese Veränderung des Magnetfeldes messen können.
Das Hauptelement dieser Prüfköpfe bilden winzige Sensoren, die auf eine Veränderung des Magnetfeldes mit einer Veränderung des elektrischen Widerstands reagieren. Diesen Effekt nennen Physiker Magneto-Resistenz. Benutzt werden dafür GMR-Sensoren. GMR steht für Giant Magneto Resistance, zu Deutsch Riesenmagnetowiderstand. GMR-Sensoren finden sich in vielen Smartphones, in herkömmlichen Festplattenleseköpfen oder auch im Auto, beispielsweise zur Messung der Fahrdynamik oder der Raddrehzahl.
Das Vorgehen bei der neuen Prüfeinrichtung ist folgendermaßen: Am Prüfkopf angebrachte stromdurchflossene Spulen erzeugen im Prüfling eine lokale Magnetisierung. An Fehlstellen bildet sich ein magnetisches Streufeld aus, das mit Hilfe der GMR-Sensoren gemessen wird. Im Prüfstand werden die Lagerringe von allen Seiten streifenweise abgetastet. Der Prüfling wird eingespannt und in Rotation versetzt. Die Prüfköpfe fahren in Position und werden an die Oberfläche geführt.
Für die Prüfköpfe wurden mehrere Sensoren zu Sensor-Arrays zusammengeschlossen. Jede dieser Sensorreihen hat eine Länge von 3,4 mm und ist mit jeweils 16 Einzelsensoren bestückt, die ihrerseits eine Abtastlänge von etwa 200 Mikrometer besitzen. Auch diese Arrays können wiederum zu Gruppen zusammengeschaltet werden. Aus den Messdaten baut sich dann schrittweise das Bild auf. Mögliche Defekte werden markiert.
Um die Defekte in ihrer Dimension beurteilen zu können, setzen die BAM-Wissenschaftler auf Vergleichswerte, die bei Referenzmessungen an Testfehlern ermittelt wurden.
Nächstes Ziel bei den GMR-Sensoren: »Wir wollen sie in Form und Spezifikation für weitere Prüfaufgaben anpassen und durch Firmenkooperationen zur Marktreife für die zerstörungsfreie Prüfung entwickeln«, sagt der Physiker Kreutzbruck.