Die Antarktis: Amundsen und Scott lieferten sich hier unter extremsten Bedingungen ein Wettrennen – heute leben auf dem siebten Kontinent durch modernste Technik ganzjährig Menschen. Eine deutsche Forschungsstation feiert nun Geburtstag.
Die Neumayer-Station III wurde auf dem Ekström-Schelfeis an der Küste des östlichen Weddellmeeres über zwei Sommersaisons hinweg errichtet. Anfang 2009 fertiggestellt, dient die Station ganzjährig als Basis für deutsche und internationale Forschungsprojekte in der Antarktis.
Das KIT betreibt ab Sommer 2019 ein Gerät zum Messen von Treibhausgasen über der Antarktis auf der Forschungsstation, um konkrete Handlungsempfehlungen bei der Bekämpfung des Klimawandels zu geben. Das Spektrometer ist dabei deutlich kleiner als bisher übliche Instrumente, liefert aber dank neuer Techniken ebenso genaue Ergebnisse. »Wir können damit den kompletten Kohlenstoffkreislauf erfassen, von lokalen Emissionen über den Transport bis hin zu den Senken«, sagt Professor Johannes Orphal, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung (IMK-ASF) des KIT. Die Forscher haben das Gerät bereits unter polaren Verhältnissen in der Arktis getestet: Den extremen Bedingungen hält es problemlos stand.
Von September bis Oktober 2019 untersuchen Forscher des KIT, des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Auswirkungen des Klimawandels auf die untere und mittlere Atmosphäre über der Antarktis.
Rund 50 Personen finden in den Sommermonaten auf der Station Platz, im Winter halten rund neun Personen die Stellung. In der dünn besiedelten Region führen die Forscher Messreihen fort, die seit Beginn der 1980er Jahre bestehen. Neue Forschungsthemen kommen jährlich hinzu. Der AWI dient die Station auch als Ausgangspunkt für Expeditionen ins antarktische Hinterland. Der Aufwand für den Unterhalt der Station steht für die AWI-Direktorin Antje Boetius in keinem Verhältnis zur Wichtigkeit: » Der antarktische Kontinent trägt die größten Eismassen der Erde, das Südpolarmeer nimmt erhebliche Mengen von CO2 und Wärme auf, daher ist die Forschung in dieser Region von elementarer Bedeutung«.
Im Meteorologie-Observatorium werden regelmäßig Sonden gestartet, die Temperatur, Luftfeuchte und Luftdruck messen. Weitere Schwerpunkte sind Forschungen zur Luftchemie, zum Erd-Magnetfeld sowie einer Kolonie von Kaiserpinguinen. Außerdem testet das DLR das Gewächshaus EDEN-ISS, darin wird das Wachstum von Pflanzen unter All-Bedingungen simuliert. Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) nutzt die Station unter anderem für Flugwettervorhersagen.
Das AWI achtete bei der Errichtung auf die Umwelt: die erzeugte Energie bleibt in einem geschlossenen System und wird für die Abläufe und die Versorgung der Station wiederverwendet. Auf diese Weise bleiben die Spuren der Forscher in der Antarktis äußerst gering. Da im Winter enorme Schneemengen zusammen kommen, ist die Station auf hydraulischen Stützen gelagert. So bleibt die Plattform immer rund sechs Meter über dem Eis. Dadurch erreicht die Einrichtung eine lange Lebensdauer: bis mindestens 2035 oder darüber hinaus.