Endoskope und OP-Kameras der letzten Generation generieren Videos in UHD-Auflösung (Ultra High Definition) mit etwa 18 Gbit/s Bandbreite (60 Hz, 24 bit pro Pixel). Kurze Übertragungswege von wenigen Metern lassen sich mit HDMI- und Display-Port-Kabeln überbrücken. Einige SDI-basierte Kamerasysteme bauen derzeit noch auf eine 4-fach 3G-SDI-Schnittstelle. Für abgesetzte Monitore, zum Beispiel an Tragarmen oder in die Wand integriert, eignen sich diese Arten der Verkabelung aufgrund der Längenbeschränkung beziehungsweise Raumforderung nicht oder nur sehr bedingt. Ethernetkabel mit Kupferleitungen wiederum erlauben nur Bandbreiten bis 10 Gbit/s, was für Streaming- (zum Beispiel Video-over-IP) und HDBaseT-basierte Übertragung eine Reduzierung der Videobandbreite notwendig macht.
Reduzierung der Bandbreite um 50% durch | Sichtbarkeit der Bandbreitenreduktion |
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Absenken der Bildwiederholrate auf 25/30 Hz | Nur bei sehr schnellen Bewegungen von Objekten im Videobild |
CSC – Color Space Conversion (YCbCr 4/2/0) | Risiko von Bildverfälschungen und -verlusten bei kleinen Objektstrukturen |
DSC – Display Stream Compression | Bis Faktor 1:2 keine sichtbaren Bildveränderungen |
Tabelle 2. Reduzierung der Videobandbreite – Verfahren und Auswirkungen.
Quelle: Adlink
Gebräuchliche Verfahren, die die Videobandbreite verringern, sind in Tabelle 2 dargestellt. Obwohl SDI- und Video-over-IP-Systeme verlustbehaftete CSC-Verfahren verwenden, werden diese Formen der Videoübertragung meist als unkomprimiert vermarktet und der Eindruck unverfälschter Bildwiedergabe vermittelt. Dem ist natürlich nicht so. Um Videodaten mit 18 Gbit/s über HDBaseT zu übertragen, findet das DSC-Verfahren Anwendung. Hierdurch wird das Videosignal in nahezu Echtzeit und ohne sichtbare Bildveränderungen (bis Faktor 1:2,5 Kompressionsrate) komprimiert. Die Vorteile des DSC-Verfahrens sind auch Grund dafür, dass es im HDMI 2.1-Standard Verwendung findet [1].
Zusätzlich zu den Videosignalen unterstützt der HDBaseT-Standard auch die Übertragung von Audio- und Steuersignalen (USB, RS232, IR) sowie 100Mb-Ethernet und bis zu 100 W Leistung zur Stromversorgung – und das alles über ein einziges Kupferkabel Cat 6A mit bis zu 100 m Länge (Bild 2). Diesen Funktionsumfang bezeichnet man bei HDBaseT als 5Play-Konvergenz. Der Standard HDBaseT 2.0 definiert einen Hauptkanal mit 8 Gbit/s Bandbreite. Auf das Videosignal entfallen hierbei 7,2 Gbit/s. Ethernet kann bis zu 100 Mbit/s nutzen, alle anderen Daten teilen sich je 300 Mbit/s für Hin- und Rückkanal.
Spezielle Anwendungen im Medizinbereich verlangen dedizierte Steuerleitungen, beispielsweise für Alarmierung, Visualisierung der Gefahr durch Strahlung oder auch zur Notabschaltung. Der HDBaseT-Standard sieht hierfür auch die Möglichkeit der Bandbreitenhalbierung vor. Eine beschränkte HDBaseT-Übertragung auf nur zwei der vier verfügbaren Signalpaare ermöglicht die entsprechende Nutzung der beiden verbleibenden Leitungspaare.
Beispielanwendungen von HDBaseT
Ausgehend von der Infrastruktur in Krankenhäusern und Kliniken eignet sich die Geräteverbindung über HDBaseT in nahezu allen Bereichen, in denen Videosignale über mehrere Meter übertragen werden müssen und zusätzlicher Verkabelungsaufwand für Audio-, Steuer- und Netzwerksignale sowie zur Stromversorgung unerwünscht ist.
HDBaseT-Sendemodule können direkt an die medizinische Videoquelle angebunden werden, die entsprechenden Empfangsmodule am Anzeige-, Speicher- oder Verarbeitungsgerät werden in der Regel vom Sender mit Strom versorgt. Wenn das gesamte Leistungsbudget von 100 W nicht überschritten wird, kann das Empfangsgerät selbst über die HDBaseT-Leitung mitversorgt werden. Diese POH-Funktion (Power-Over-HDBaseT) zur Stromversorgung kann sowohl in der HDBaseT- Sende- als auch -Empfangseinheit integriert sein oder als eigenständiges POH-Modul fungieren.
Für Medizingerätehersteller sind die HDBaseT-Komponenten auch als Module zur Geräteintegration erhältlich. Darüber hinaus existieren HDBaseT-Matrix-Switcher zur Signalverteilung – immer dann, wenn es gilt, mehrere Bild- und Videoquellen mit einer begrenzten Anzahl an Empfangsgeräten zu verbinden oder variabel mit Bildinhalten zu versorgen. Patienteninformations- und Unterhaltungssysteme sowie Schulungs- und Präsentationsräume in klinischen Einrichtungen sind weitere der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.
Fazit
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich für die Übertragung hochauflösender medizinischer Videosignale in sehr guter Qualität und in Echtzeit verschiedene Verfahren anbieten, nicht jedoch zweifelsfrei eignen. Der HDBaseT-Übertragungsstandard ist den anderen dargestellten Möglichkeiten insbesondere dann überlegen, wenn nur wenige Kabel für Video-, Steuer- und Datensignale sowie zur Stromversorgung zur Verfügung stehen, die Leitungslängen mehr als fünf Meter betragen, bei standarisierten Übertragungsverfahren und Installation und Wartung vergleichsweise günstig sein sollen.
Literatur
F. Walls, S. MacInnis: Vesa Display Stream Compression (3. März 2014), http://www.vesa.org/wp-content/uploads/2014/04/VESA_DSC-ETP200.pdf (Stand: 3. Dezember 2018).
Zuerst gesehen |
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Dieser Beitrag stammt aus der Medizin+elektronik Nr. 1 vom 04.02.2019. Hier geht’s zur vollständigen Ausgabe. |