Patienten mit beidseitiger Stimmlippenlähmung leiden unter schweren Atemnotzuständen. Ein neu entwickelter Kehlkopf-Schrittmacher verspricht hier Abhilfe. Nun wurde er in Gera erstmals einer Patientin eingesetzt.
Entwickelt wurde der neuartige Schrittmacher in Kooperation des SRH Wald-Klinikums Gera mit den Universitätskliniken Innsbruck und Würzburg sowie der Firma MED-EL Medical Electronics, einem Anbieter von Hörimplantatsystemen. In der laufenden Pilotstudie unterziehen die Ärzte die Entwicklung nun eingehenden Tests. Das Entwicklungsteam geht davon aus, dass Patienten mit beidseitiger Stimmlippenlähmung durch die neue Therapiemethode zukünftig besser geholfen werden kann.
Beidseitige Stimmlippenlähmungen sind in der Regel Folge von operativen Eingriffen an Schilddrüse, Herz oder Wirbelsäule. In seltenen Fällen sind Tumore, neurologische Erkrankungen oder Unfälle die Ursache. In Deutschland und Österreich erleiden pro Jahr etwa 1000 Personen eine beidseitige Stimmlippenlähmung. Bisherige Behandlungsmöglichkeiten wie ein Luftröhrenschnitt oder eine Entfernung von Teilen der Stimmlippen mit dem Laser schränken die Lebensqualität oft deutlich ein. Der neu entwickelte Kehlkopfschrittmacher stimuliert hingegen gezielt die Nerven des Öffnermuskels innerhalb des Kehlkopfes. Die durch elektrische Impulse hervorgerufene Stimulation bewirkt schließlich eine Stimmlippenöffnung. In der von den zuständigen Behörden genehmigten Pilotstudie »Laryngeal Pacemaker« überprüfen die Mediziner nun, ob das Projekt den Anforderungen der betroffenen Patienten gerecht wird und sicher ist.
Vor kurzem wurde der Kehlkopf-Schrittmacher erstmals von HNO-Ärzten der Klinik Gera einer 51-jährigen Patientin eingesetzt, die nach einer Schilddrüsen-Operation 16 Jahre lang unter einer beidseitigen Stimmlippenlähmung gelitten hatte. »Betroffene sind mit schweren Atemnotzuständen bei jeglicher körperlichen Anstrengung und bei Infekten konfrontiert. Die Stimme ist schwach, und auch im Schlaf leiden die Patienten an Atembeschwerden, die Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit des Patienten am Tage haben«, erklärt Dr. Andreas Müller, HNO-Chefarzt am SRH-Klinikum Gera und Leiter der Pilotstudie. Deshalb bedeute die Erkrankung häufig die Berufsunfähigkeit, schlimmstenfalls sogar einen Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben. Laut Dr. Müller ist die erste Kontrolle nach dem Einsetzen des Implantats sehr zufriedenstellend verlaufen, bei der Patientin sei eine reizfreie Einheilung des Implantates und eine gute Öffnung der implantierten Kehlkopfseite zu beobachten, die Stimme und das Schlucken seien völlig unbeeinträchtigt.