Myoelektrische Orthese

Neuer Schwung für Gliedmaßen

3. Februar 2023, 14:05 Uhr | Kathrin Veigel
MyoPro ist derzeit die einzig verfügbare myoelektrische Orthese für Hand und Arm, welche die selbstgesteuerte Benutzung einer gelähmten Gliedmaße ermöglicht.
© Myomo

Wenn Arme und Hände durch Krankheit oder Unfall nicht mehr richtig funktionierten, mussten Betroffene dies meist als endgültig hinnehmen. Aber dank technischem Fortschritt und neuer Erkenntnisse aus der Bionik lassen sich gelähmte Gliedmaßen nun wieder in Bewegung setzen.

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Jahrtausendelang kamen beim Verlust von Hand, Fuß oder Gliedmaßen Prothesen zum Einsatz. Sie dienten jedoch vornehmlich der Ästhetik und selbst wenn sie ein Körperteil vergleichsweise gut imitierten, konnte von einer weitestgehenden Wiederherstellung verlorengegangener Funktionen längst noch nicht die Rede sein. Mit wachsenden Erkenntnissen über die menschliche Anatomie und Neurologie sowie Fortschritten in der Sensorik, der Halbleiter- und Motortechnologie ließen sich myoelektrische Prothesen herstellen. Im Gegensatz zu früheren Hilfsmitteln konnten sie elektrische Spannungen auf der Haut messen und dadurch das Körperersatzteil in Bewegung setzen.

Von hier an war es der natürliche nächste Schritt, auch Extremitäten wieder bewegungsfähig zu machen, die noch mit dem Körper verbunden sind, aber ihren Zweck nicht mehr erfüllen können. »In diesem Fall kommen myoelektrische Orthesen zum Einsatz, die auf den bisherigen Entwicklungen aufbauen. Bei einem System wie MyoPro handelt es sich nicht um sogenannte Ersatzobjekte, sondern um ein modernes Hilfsmittel, das sich beispielsweise entlang von Arm und Hand anbringen lässt und deren Funktion wiederherstellt«, erklärt John Frijters, Geschäftsführer von Myomo Europe, einem Unternehmen für medizinische Robotik.

Zukunftstechnik schon heute

Nach Schlaganfällen, Verletzungen des Plexus brachialis, infantiler Zerebralparese und Querschnittslähmungen ist die Funktionalität von Körperteilen zwar oft beeinträchtigt – jedoch finden nach wie vor schwache Muskelkontraktionen statt. Die dabei entstehenden Spannungen lassen sich auf der Haut messen. Genau hier kommen myoelektrische Orthesen zum Einsatz. Sie unterstützen Arme und Hände in ihren Aktionen.

Myomo entwickelte die hierfür notwendige Technik in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology. Dabei entstand das Orthesen-System MyoPro, das mit sensiblen Sensoren ausgestattet ist, die elektrische Impulse auf der Hautoberfläche erfassen und weiterleiten. Leistungsfähige Motoren übersetzen die übermittelten Informationen in Bewegung, wodurch Betroffene ihre oberen Gliedmaßen wieder mobilisieren können.

Zunehmend filigran

Wie weit die Technik sich entwickelt hat, zeigt sich am Grad der Individualisierung. Sensoren und Motoren befinden sich mittlerweile auf einem technisch so fortgeschrittenen Niveau, dass sie unterschiedlich starke Signale wahrnehmen und in entsprechende Aktionen übersetzen können. »Die Technik ermöglicht somit das Heben des Armes, das Strecken des Ellenbogens sowie das zielgerichtete Öffnen der Hände und das Greifen und Halten von Objekten. Anwender benötigen hierfür ein sechs- bis zwölfmonatiges Training, das neben dem korrekten An- und Ablegen des Gerätes auch dessen gezielte Steuerung beinhaltet. Zusätzlich lässt sich das Hilfsmittel auf die individuellen körperlichen Besonderheiten jedes Nutzers anpassen, wodurch Bewegungen mit der Zeit immer fließender und filigraner vollzogen werden können«, erklärt Frijters. Bei entsprechender Eignung übernehmen gesetzliche Krankenkassen nicht nur die Kosten für das System, sondern auch für das dazugehörige Training. (kv)

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