Bionische Elektroden

Lernen von Heuschrecken

16. Januar 2018, 8:00 Uhr | Isabelle Herold, ETH Zürich
Haftende Elektrode für die Gesundheitsüberwachung
© ETH Zürich

Forscher der ETH Zürich haben Elektroden für die Gesundheitsüberwachung entwickelt, die optimal an der Haut haften und hochqualitative Signale aufzeichnen können. Zwei junge Spin-off-Gründer wollen das Produkt noch dieses Jahr zur Marktreife bringen.

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Wer schon einmal ein Elektrokardiogramm erstellen ließ, kennt die Elektroden, die einem der Arzt oder die Ärztin am Brustkasten befestigt. Herkömmliche Elektrodenmodelle weisen jedoch erhebliche Nachteile auf: Harte Metallelektroden sind unbequem zu tragen und deshalb für Messungen über längere Zeiten nicht zumutbar. Bei Gel-Elektroden, wie sie im klinischen Alltag am häufigsten verwendet werden, erleiden Patienten öfters Hautirritationen oder gar allergische Reaktionen.

Forschern von der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) um Janos Vörös, Professor für Bioelektronik, und Christopher Hierold, Professor für Mikro- und Nanosysteme, ist es nun gelungen, hier Abhilfe zu schaffen. Sie entwickelten eine Elektrode, die ähnlich elastisch ist wie die Haut und die der Träger somit kaum spürt. Dank der speziellen Oberflächenstruktur können Signale von Herz und Hirn in hoher Qualität aufgezeichnet werden.

Von der Natur inspiriert

Die Wissenschaftler verwendeten für die neue Elektrode ein weiches Material, eine hautverträgliche Mischung aus Silikongummi und leitenden Silberpartikeln, welche auf eine frühere Forschungsarbeit aus der Gruppe von Vörös zurückgeht. Für die Strukturierung der Oberfläche ließen sich das Team von der Natur inspirieren und machten sich den Mechanismus zu Nutze, der es Heuschrecken ermöglicht, selbst auf vertikalen Flächen zu gehen.

Die Fußsohlen der Insekten sind mit unzähligen winzigen Plättchen bedeckt, die unter dem Mikroskop wie Pilzköpfchen aussehen und mosaikartig angeordnet sind. Kommen sie in Kontakt mit einer anderen Oberfläche, tritt ein Klebeeffekt (Van-der-Waals-Interaktion) auf. Die Forscher übertrugen diese Mikrostruktur auf ihr Material und schufen so eine Elektrodenoberfläche, die an der Haut haftet. Die spezielle Geometrie auf Mikroebene maximiert zudem die Kontaktfläche zwischen Haut und Elektrode, was das Aufzeichnen von Signalen in sehr hoher Qualität ermöglicht.

Fabrikationsverfahren mit den beiden Lackschichten in grün und rot und der resultierenden Form des Elektrodenmaterials in gelb (links); Elektronenmikroskop-Aufnahmen der haftenden Elektrodenoberfläche mit eng aneinander liegenden Pilzköpfchen (Mitte)
Fabrikationsverfahren (links); Elektronenmikroskop-Aufnahmen der haftenden Elektrodenoberfläche mit eng aneinander liegenden Pilzköpfchen (Mitte) sowie eines einzelnen Köpfchens (rechts)
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