Moderne Kommunikationstechik verhindert HIV-Infektionen in Afrika

HIV-Testresultate per SMS

15. April 2013, 10:53 Uhr | von Wolfgang Cabolet
Bild 1: Solche für Mosambik typische Kliniken verfügen nicht über die nötige Technik für Blutanalysen von Schwangeren mit HIV-Verdacht
© Sequoia Technology

Kliniken, denen es an ausreichender Labortechnik mangelt: In weiten Teilen Afrikas ist dieser für die rechtzeitige Diagnose von Krankheiten katastrophale Zustand leider immer noch die Regel. Ein innovatives Projekt zur HIV-Früherkennung kann einen Ausweg aus dieser Pro-blematik aufzeigen: Moderne Kommunikationstechnik hilft, HIV-Test-ergebnisse von Schwangeren drahtlos und schnell an rund 400 Kliniken in Mosambik zu übermitteln.

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Ungefähr jeder sechste Einwohner Mosambiks im Alter zwischen 15 und 49 ist HIV-positiv, das entspricht rund 1,5 Millionen Menschen. Mehr als 500 000 Kinder haben bisher ihre Mütter oder beide Elternteile durch AIDS verloren. Jedes Jahr werden rund 35 000 Babys HIV-positiv geboren. Nahezu die Hälfte davon stirbt in den ersten beiden Lebensjahren. Das sind die schockierenden Zahlen aus dem südostafrikanischen Land.

Bild 1: Solche für Mosambik typische Kliniken verfügen nicht über die nötige Technik für Blutanalysen von Schwangeren mit HIV-Verdacht
Bild 1: Solche für Mosambik typische Kliniken verfügen nicht über die nötige Technik für Blutanalysen von Schwangeren mit HIV-Verdacht
© Sequoia Technology

Diese Situation hat die Clinton Foundation zum Anlass genommen, das »HIV Early Infant Diagnosis Project« zu initiieren, das vom Gesundheitsministerium in Mosambik unterstützt wird. Im Rahmen des Projektes wurde eine Lösung entwickelt, welche die drahtlose Übermittlung der HIV-Testergebnisse von Schwangeren sicherstellt (Bild 1).

Konzipiert wurde die Lösung von der Sequoia Technology Group, einem britischen Spezialisten für Telemetrie und Wireless-M2M-Module (Machine-to-Machine) gemeinsam mit Telit Wireless Solutions, einem Anbieter von M2M-Modulen und -Services. M2M-Lösungen, die einen automatischen Datenaustausch zwischen Maschinen ermöglichen, finden sich bereits in vielen Bereichen und Branchen. Sie kommen etwa zur Erfassung und Verarbeitung von Echtzeitdaten aus Verkaufsautomaten, Stromzählern, Kraftfahrzeugen oder Geräten zur Fernüberwachung zum Einsatz.

Auch in der Medizin werden zunehmend M2M-Applikationen genutzt, zum Beispiel bei der Fernüberwachung von Herzrhythmusstörungen. Weil die Technik eine sofortige Analyse und Diagnose der Herzfunktionen auch »remote« erlaubt, müssen Patienten nicht mehr stationär im Krankenhaus bleiben. Das trägt zum einen zu einer Senkung von Gesundheitskosten bei, zum anderen steigt die Lebensqualität von Patienten, da sie in ihrer gewohnten Alltagsumgebung verbleiben können.

Zentrales Problem bei der frühzeitigen HIV-Erkennung in Mosambik ist, dass die regionalen Kliniken in der Regel nicht über die labortechnischen Voraussetzungen für die Analyse von Blutwerten verfügen. Die Tests können lediglich in zwei zentralen Laboratorien erfolgen. Bis die Ergebnisse den einzelnen Kliniken dann zur Verfügung standen, vergingen in der Vergangenheit oft Wochen oder sogar Monate. Das hat in vielen Fällen eine rechtzeitige Einleitung von Behandlungen verhindert und auch zu einer hohen Kindersterblichkeit aufgrund von AIDS-Erkrankungen geführt. Die von der Clinton Foundation an die Projektbeteiligten gestellte Anforderung war deshalb die Bereitstellung einer Lösung, die eine schnelle Kommunikation der Testergebnisse von schwangeren Frauen an die einzelnen Kliniken ermöglicht.

M2M-Technik übermittelt Testergebnisse schneller

Sequoia und Telit haben hierzu ein System auf Basis von GPRS-Technik, einem Gateway-Server und Druckern entwickelt. Ein zentraler Baustein der Lösung ist ein von Sequoia entwickelter kleiner, preisgünstiger Drucker, der das SMS-Protokoll zur Übertragung von Textnachrichten unterstützt und in den Kliniken vor Ort zum Einsatz kommt.

Über das integrierte »GC864-Quad-V2«-Modul von Telit sind die SMS-Drucker mit einem GSM-Gateway verbunden. Das kleine und sehr kompakte GSM/GPRS-Quad-Band-Modul ist speziell für Anwendungen in den Bereichen Telemetrie und Telematik sowie für Endgeräte zur Datenübertragung, Fernwartung und Fernüberwachung konzipiert.

Auf Basis dieser Lösungskomponenten von Telit und Sequoia wurde eine drahtlose Infrastruktur realisiert, über welche die zentralen Labors die HIV-Testergebnisse sicher und schnell an die Kliniken versenden. Diese können dadurch wiederum eventuell notwendige Behandlungen kurzfristig einleiten. Aktuell nutzen bereits rund 400 Kliniken in Mosambik die auf M2M-Technologie basierende Lösung zur drahtlosen und schnellen Übermittlung von HIV-Testergebnissen bei Schwangeren.

Nick Lidington, Managing Director bei Sequoia Technology, erklärt: »Die meisten Kliniken in Mosambik sind nicht per Auto zu erreichen, verfügen über keinen Postdienst und keinen Festnetzanschluss. Die Herausforderung bestand folglich darin, die einzige zuverlässige Kommunikationsverbindung Afrikas zu nutzen - das Mobilfunknetz. Auf Basis der zuverlässigen Telit-Module ist es uns gelungen, hier eine zukunftsweisende und stabile Lösung zu realisieren. Das haben wir auch in der Pilotphase nachgewiesen, in der wir 100 000 Tests durchführten, ohne ein Datenbit zu verlieren.«

Früherkennung reduziert HIV-Infektionen drastisch

Bild 2: Eine zentrale Lösungskomponente des Systems für die drahtlose Übertragung von HIV-Testergebnissen ist ein SMS-fähiger Drucker für Blutanalysen von Schwangeren mit HIV-Verdacht
Bild 2: Eine zentrale Lösungskomponente des Systems für die drahtlose Übertragung von HIV-Testergebnissen ist ein SMS-fähiger Drucker für Blutanalysen von Schwangeren mit HIV-Verdacht
© Sequoia Technology

Zentraler Vorteil der neuen Lösung ist, dass positiv getestete Frauen bereits in kürzester Zeit nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse mit der Einnahme antiretroviraler Medikamente beginnen können.

Durch die frühzeitige Therapie reduziert sich die HIV-Übertragung von der Mutter auf das Kind von zuvor 40% auf weniger als 1% (Bild 2).

Schätzungen gehen davon aus, dass in den ersten sechs Monaten nach Projektstart bei 20 000 Babys eine Mutter-Kind-HIV-Übertragung verhindert werden konnte.

Das in Mosambik sehr erfolgreiche Programm wird aktuell auch in neun anderen afrikanischen Ländern umgesetzt, darunter in Kenia, Botswana, Zimbabwe, Tansania und Uganda.

Über den Autor:

Wolfgang Cabolet ist Redakteur bei der Beratungsgesellschaft für strategische Kommunikation PR-COM in München.


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