Um Hirntumore zu erkennen und von anderen Gewebsveränderungen zu unterscheiden, setzen Ärzte die Magnetresonanztomografie und eine spezielle Art der Positronen-Emissions-Tomografie ein. Forscher haben nun gezeigt, dass sich mittels KI weitere Informationen aus den Aufnahmen gewinnen lassen.
MRT- und PET-Aufnahmen enthalten Informationen, mit deren Hilfe ein Computerprogramm lernen kann, molekulargenetisch verschiedene Hirntumore voneinander zu unterscheiden. Die genetische Ausstattung eines Hirntumors kann die Überlebenszeit der Betroffenen erheblich beeinflussen. Ein Beispiel liefert ein Gen, das für die Aktivität des Enzyms IDH (Isocitrat-Dehydrogenase) verantwortlich ist. Ist es etwa bei Gliomen – eine bestimmte Art von Hirntumor – mutiert, so haben die Betroffenen eine deutlich bessere Prognose als bei unverändertem IDH-Gen.
Um die molekulargenetischen Eigenschaften eines Tumors zu charakterisieren, müssen Ärzte dem Patienten eine Gewebeprobe entnehmen, also eine Biopsie oder Operation durchführen. Von der genetischen Ausstattung eines Tumors kann dann auch abhängen, welche Behandlungsschritte – vor allem Strahlen- und Chemotherapie – ergänzt werden müssen.
Jülicher, Kölner und Aachener Wissenschaftler haben computergestützt spezielle Merkmale von Bildern bestimmt, die mittels PET unter Verwendung der in Jülich entwickelten radioaktiv markierten Aminosäure O-(2-[18F]fluoroethyl)-L-tyrosin (FET) entstanden waren. Insbesondere haben sie dabei sogenannte Texturmerkmale berechnet. Diese Merkmale beschreiben, wie unregelmäßig die FET-Anreicherung im Tumor ist. »Die Grundidee stammt aus der automatischen Auswertung von Satellitenbildern. Computerprogramme erkennen dort anhand von Strukturmerkmalen zum Beispiel, wo sich ein See oder eine Stadt befindet«, erläutert Philipp Lohmann aus dem Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin .
Im nächsten Schritt trainierten die Wissenschaftler eine lernende Software darin, aus den Texturmerkmalen und anderen FET PET-Parametern zu schließen, ob der Tumor eine IDH-Mutation aufweist oder nicht. Sie gaben dabei der Software stets Rückmeldung, inwieweit das Ergebnis mit den Biopsie-Ergebnissen übereinstimmte. Die Software passte daraufhin ihr mathematisches Modell an. Am Ende unterschied sie auf Basis der Bilder mit einer Genauigkeit von rund 93 Prozent zwischen Tumoren mit und ohne IDH-Mutation.
Unterscheiden zwischen Rückfall und Vernarbung
Dieselbe Forschergruppe veröffentlichte in Zusammenarbeit mit Prof. Martin Kocher, ebenfalls Jülich, und der Kölner Universitätsklinik für Stereotaxie kürzlich eine weitere Arbeit. Die Hirnforscher zeigen darin, dass sich eine Software darauf trainieren lässt, aufgrund von MRT- und FET PET-Bildern zwischen einer Narbe nach der Bestrahlung eines Hirntumors (Strahlennekrose) und einem erneuten Tumorwachstum zu unterscheiden. Auf konventionellem Weg mittels MRT ist diese Differenzierung kaum möglich. Sie ist aber wichtig, damit die Ärzte nicht Strahlennekrosen wie einen erneuten Tumor behandeln und damit den Patienten unnötig belasten.
Die entscheidenden Bildinformationen liefern wiederum die Texturmerkmale, die ein Arzt ohne Hilfe des Computers nicht erkennen kann. Die Jülicher Forscher fanden heraus: Die Treffsicherheit der Künstlichen Intelligenz (KI) bei der Diagnostik verbessert sich auf über 90 Prozent, wenn sie mit MRT- und FET PET-Texturmerkmalen »gefüttert« wird. Muss sie mit den Texturmerkmalen von einer der beiden Tomografie-Methoden auskommen, liegt die diagnostische Genauigkeit immer noch bei rund 80 Prozent.
Originalpublikationen |
---|
Philipp Lohmann et al, Predicting IDH genotype in gliomas using FET PET radiomics; Scientific Reports, Volume 8, Article number: 13328 (2018); Philipp Lohmann et al, Combined FET PET/MRI radiomics differentiates radiation injury from recurrent brain metastasis; NeuroImage: Clinical, Volume 20, 2018, Pages 537-542; |
(me)