Mobile Stromversorgung

Akkus richtig ausgewählt

19. November 2013, 9:03 Uhr | von Rob Phillips
© Accutronics

Bei der Auswahl eines Akkus für medizinische Anwendungen kommt es vor allem auf Zuverlässigkeit und Sicherheit an. Doch darüber hinaus gibt es in den verschiedenen Phasen der Entwicklung maßgeschneiderter Akkus noch zahlreiche weitere Faktoren zu berücksichtigen. Ein Leitfaden für Entwickler, die einen Akku in Medizingeräte integrieren müssen.

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Viele Entwickler portabler Medizintechnik sehen die Stromquelle, also den Akku, als das Herz des Produkts. Doch eigentlich müssen sie noch einen Schritt weiter gehen, in das Innere des Akkus: Jede einzelne der Akkuzellen ist für die Leistung, Laufzeit und Langlebigkeit des Geräts verantwortlich.
Weil Stromquellen und damit auch Akkus in den unterschiedlichsten Szenarien von Krankenhäusern bis hin zu militärischen Sanitätsdiensten zum Einsatz kommen, gibt es das typische Akku-Entwicklungsprojekt nicht. In manchen Anwendungen ist eine hohe Kapazität, in anderen die Leistung bei niedrigen Temperaturen, eine hohe Verfügbarkeit, eine längere Lebensdauer oder bestimmte Abmessungen besonders wichtig. Als erstes müssen Gerätehersteller (OEM) und Akkuentwickler deshalb immer eine für die jeweiligen Randbedingungen geeignete Zelle auswählen. Für die Auswahl der passenden Zelltypen sind zuerst der Stromverbrauch des Geräts, die Laufzeitanforderungen und die Bedingungen der Betriebsumgebung zu bestimmen. Hinzu kommen Faktoren wie Gewicht, Abmessungen und Budget.

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Bild 1: Dieser Lithium-Ionen-Akku vom Typ PH2059 liefert auf kleinstem Raum eine Spannung von 28,8 V für portable Medizingeräte
Bild 1: Dieser Lithium-Ionen-Akku vom Typ »PH2059« liefert auf kleinstem Raum eine Spannung von 28,8 V für portable Medizingeräte
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Akkuentwicklern stehen verschiedene Zelltypen zur Verfügung, wie zum Beispiel Nickel-Cadmium, Nickel-Metallhydrid, Lithium-Ionen und Lithium-Polymer. In den letzten Jahren haben Lithium-Ionen-Akkus (Bild 1) die Produktentwicklung dominiert, aber in bestimmten Anwendungsbereichen sind ältere Nickel-Komponenten immer noch hinsichtlich der Leistung überlegen. Für eine grundlegende Auswahlrichtlinie ist zunächst zu bestimmen, ob der Akku extremen Bedingungen standhalten muss - beispielsweise Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt, extreme Hitze, Luftfeuchtigkeit oder Staub. Nicht nur in ihren physikalischen Eigenschaften müssen Akkus in der Lage sein, den gegebenen Extremwerten standzuhalten, meist ist auch die Elektronik entsprechend anzupassen.
Der Aufbau der im System integrierten Elektronik stellt einen weiteren wichtigen Faktor für den OEM und dessen Akkupartner dar. Der Akkuhersteller Accutronics sieht den Akku selbst als wesentlichen Bestandteil eines »Energiemanagement-Dreiecks«, das aus dem eigentlichen Gerät, dem Akku und dem Ladegerät besteht. Bei einem guten Energiemanagement-System arbeiten diese drei Elemente harmonisch zusammen. Wie jedes portable Gerät im Endverbraucherbereich verfügen auch spezielle medizinische Geräte über ein elektronisches Energie-management-System. Allerdings ist die Leistung und Zuverlässigkeit des Akkus bei letzteren häufig absolut betriebsnotwendig.

Dreieck des Energiemanagements

Um sicherzustellen, dass das Energiemanagement-Dreieck berücksichtigt wird, setzt der Entwickler am besten ein verbreitetes Kommunikationssystem - zum Beispiel das »Smart Battery System« (SBS) - für die Kommunikation zwischen »intelligenten« Akkus, »intelligenten« Ladegeräten und Systemgeräten ein. Ein für den SBS-Standard konzipierter Akku bestimmt selbst, wie er geladen wird, indem er mit einem »intelligenten« Ladegerät kommuniziert und die für ihn erforderliche Spannung und Stromstärke anfordert.
Die physischen Eigenschaften eines Akkus (zum Beispiel Größe, Langlebigkeit, Gewicht) spielen eine ebenso wichtige Rolle bei seiner Entwicklung wie Leistungskriterien (Effizienz, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit). So benötigen portable medizinische Geräte zum Beispiel unter Umständen eine hohe Vibrationstoleranz, damit sie für den Krankentransport per Hubschrauber geeignet sind. Und bei medizinischen Produkten für den Militäreinsatz, die häufig in extremen Situationen zum Einsatz kommen, muss der Akku sowohl den Umgebungen standhalten als auch klein und leicht sein, um eine hohe Mobilität zu gewährleisten. Hier ist die Wahl des Materials entscheidend: Magnesium beispielsweise ist extrem leicht, jedoch auch teuer. Wenn Kosten eine große Rolle spielen, muss sich der Entwickler also eher auf die allgemeine Form und Größe des Akkus sowie auf Isolierungstechniken konzentrieren, um die Erwartungen des Kunden zu erfüllen.
Gerade bei medizinischen Produkten, die meist einen langen Lebenszyklus (oft mehr als ein Jahrzehnt) aufweisen, ist die voraussichtliche Verfügbarkeit der Teile ein weiterer wichtiger Faktor, der sich zudem auf die komplette Stromversorgungs-Unterbaugruppe auswirkt. Entwickler sollten den Einsatz von Endverbraucherakkus von der Stange vermeiden, denn diese werden erfahrungsgemäß von technischer Seite her schlecht unterstützt und sind meist schnell veraltet. Wer beispielsweise für ein Röntgengerät mit ein paar hundert Exemplaren im Jahr aus Kostengründen einen Akku verwendet, der für einen Endverbraucher-DVD-Player gedacht ist, setzt sich dem hohen Risiko aus, schon bald eine Abkündigungsnachricht vom Lieferanten zu erhalten.

Langfristige Verfügbarkeit

Ein guter Zellenhersteller arbeitet daher stets eng mit dem Kunden und womöglich auch dem Endbenutzer zusammen, um Zellen zu entwickeln, die dem OEM einen klaren Entwicklungsplan für die zukünftige Verfügbarkeit des Produkts an die Hand geben. Selbst wenn der ursprüngliche Plan aufgrund neuer Technologien veraltet, ist der Hersteller also weiterhin in der Lage, den Akku oder eine genaue Entsprechung anzubieten, um weiterhin wie vorgesehen die Vorgaben des Kunden zu erfüllen. Nur die Wahl eines maßgeschneiderten Industrieakkus oder professionellen Akkus, der genau für den medizinischen Anwendungsbereich konzipiert ist, garantiert eine durchgehende Unterstützung über den gesamten Lebenszyklus des Geräts.
Ist der Akku spezifiziert und ein Prototyp entwickelt, besteht die letzte Phase in der Zertifizierung des Produkts hinsichtlich Sicherheit und Leistung. Accutronics führt meist das komplette Genehmigungsverfahren im Auftrag seiner Kunden durch. Jede Akkukonstruktion durchläuft die entsprechenden Tests der IEC (Internationale Elektrotechnische Kommission), der UL (Underwriters Laboratories) bzw. der IATA (Internationale Flug-Transport-Vereinigung).

Über den Autor:

Rob Phillips ist Geschäftsführer des britischen Akkuherstellers Accutronics.


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