Für die Nutzung im OP bedeuten die Optionen dieses Systems beispielsweise, dass Daten, die bislang während eines Eingriffs auf verschiedene Monitore im Saal gelegt wurden, dem Operateur nun direkt ins Sichtfeld eingeblendet werden können. Auf Basis der von der Brillenkamera aufgenommenen Bilder kann der Spezialist den verantwortlichen Chirurgen vor Ort noch direkter durch einen schwierigen Eingriff führen. Hier ist hilfreich, dass der konsultierte Arzt Bilder erhält, die unmittelbar aus dem Blickwinkel des Operateurs aufgenommen sind.
Es ist ihm zudem möglich, die verbale Anleitung durch eigene Bilder oder Dokumente zu ergänzen, die er dem Operateur direkt ins Gesichtsfeld projiziert. Technisch ist es auch realisierbar, dass der Chirurg selbst – mittels Gestensteuerung, um die Hygiene sicherzustellen – Dokumente aufruft, Messwerte einblendet oder mittels einer virtuellen Tastatur Daten eingibt. Das medizinsche Personal ist nicht mehr allein auf feste Monitore oder die Unterstützung einer OP-Schwester, die die Wiedergabegeräte bedient, angewiesen. »In kritischen Situationen, in denen schnell gehandelt werden muss, kann dies dem Arzt – und damit auch dem Patienten – einen entscheidenden Vorteil verschaffen«, sagt Ried.
Datenbrillen lassen sich auch zur Qualitätssicherung nutzen, indem sie alle getätigten Behandlungsschritte dokumentieren. Dabei zeichnet das Gerät in Kombination mit einer speziellen App nicht nur über seine Kamera auf, was der Träger gerade macht, sondern erkennt über den Datenserver unter anderem, dass er eine notwendige Handlung ausgelassen hat. »Durch einen entsprechenden automatischen Hinweis auf dem Brillenbildschirm wird der Träger beispielsweise darauf hingewiesen, wenn er – etwa bei einer ärztlichen Untersuchung oder bei einem Eingriff – einen Schritt vergessen hat«, so Ried weiter.
Mehr Effizienz im Labor
Smartglasses können nicht nur im OP oder bei ärztlichen Untersuchungen, sondern sehr flexibel für unterschiedlichste Anwendungen eingesetzt werden. »Dies liegt daran, dass die R7 komplett über ein Android-Betriebssystem gesteuert wird«, erläutert Ried. Aufgrund dieser offenen Plattform sei es sehr einfach, Applikationen für die Brille selbst zu erstellen oder entwickeln zu lassen.
Doch nicht immer muss eine neue App designt werden: Die Brillen können etwa in bestehende Video-Conferencing-Systeme vieler Anbieter – beispielsweise Cisco WebEx – eingebunden werden. »Dies bedeutet, dass allein durch die Anschaffung der Datenbrille Menschen bei Tätigkeiten virtuell dabei sein können, die an einem weit entfernten oder zugangsbeschränkten Ort stattfinden.«
Das ist etwa in medizinischen oder pharmazeutischen Laboren von Vorteil, in denen mit gefährlichen Substanzen oder Krankheitserregern umgegangen wird und in denen nur ein bestimmter Personenkreis zugelassen ist. Analysen oder Experimente lassen sich so auch von nicht Zutrittsbefugten live mitverfolgen. Der Mitarbeiter im Labor ist zudem in der Lage, effizienter zu arbeiten: Er kann sich Daten in die Brille einblenden, für die er sonst vor einen festen Monitor treten und dafür unter Umständen seinen aktuellen Laborarbeitsplatz verlassen müsste. »Verfügt nicht nur der Mitarbeiter, der die Versuche ausführt, über eine Videobrille, sondern auch derjenige, der das Experiment mitverfolgt, bietet das – beispielsweise bei der Entwicklung von Arzneimitteln – gleichzeitig einen Vorteil im Hinblick auf die Geheimhaltung«, so Ried abschließend.