Die Erholungsphasen werden kürzer oder verschwinden ganz
Gerade im besten Karrierealter nehmen die Stressquellen zu. Die Familie stellt Forderungen. Die berufliche Verantwortung wächst, damit auch die Sorge, alles richtig zu machen. Der Arbeitsplatz scheint nicht mehr so sicher, wie er gleich nach der Ausbildung wirkte. Die Erholungsphasen werden kürzer oder verschwinden ganz. Die körperliche Fitness wird vernachlässigt. »Jedes für sich kann man in den Griff bekommen«, sagt Schneegans, »aber all das bündelt sich mitunter recht bedrohlich, und dann ist auf einmal der Tag da, an dem man sagt: Bis hierher und nicht weiter.«
Kommt hinzu: Überall steigt der Leistungsdruck. Früher merkte man meist gar nicht, dass man durch ein verlängertes Wochenende oder einen Feiertag während der Woche eine Erholungsphase gewann. Heute nutzt man solche Tage, um den Schreibtisch aufzuräumen, die Erholung fällt folglich flach.
Früher nutzte man den Messebesuch für ausgiebiges Networking oder nahm aus Interesse an einer nicht zwingend notwendigen Fortbildung Teil. »Das ist in den letzten Jahren immer weiter herausgefallen«, weiß der Coach, »möglich ist aber auch, dass sich die Menschen nicht mehr trauen, sich diese Freiräume zu nehmen. Doch damit verliert man die Fähigkeit, mit Stress umzugehen. Die Belastungstoleranz sinkt weiter, und dann führt Stress irgendwann zum Burnout.«
Psychologen behaupten: Erst kommt das mentale Problem, dann das emotionale Problem, schließlich zeigen sich körperliche Symptome. Man wird ängstlich und fürchtet, seine Aufgaben nicht mehr bewältigen zu können. Die Folgen sind Gereiztheit, Ungeduld, Niedergeschlagenheit und die Flucht in die Ablenkung. Darüber reden mag man nicht, um nicht als Schwächling oder Versager da zu stehen. Schneegans: »Schon als Mitarbeiter zeigt man das nicht nach außen, und als Leitender ohnehin nicht.« Als Vorgesetzter den Druck weiter zu steigern, sei grundverkehrt. Der Betroffene gerät nur noch tiefer in die Negativspirale hinein. Und das merken meist zunächst die Kollegen und erst danach der Chef.
Feste Tagesroutinen könnten eine Hilfe sein
Wer bei sich Anzeichen für einen Burnout erkennt, sollte sofort die Reißleine ziehen. »Feste Tagesroutinen könnten dabei eine Hilfe sein«, rät Schneegans, »zum Beispiel abends den Tag geistig Revue passieren lassen, mental die erledigten Aufgaben abhaken und die noch nicht erledigten auf einem virtuellen Aufgabenzettel notieren.« Ganz wichtig sei daneben der körperliche Ausgleich, zum Beispiel durch Laufen oder ein anderes Ausdauertraining. »Man muss sich gewissermaßen rückwärts vom Burnout entfernen: Erst körperlich die Voraussetzungen schaffen, dann emotional, dann mental stabilisieren und vorbeugen.« So ließen sich die meisten Burnout-Symptome in den Griff bekommen. Wenngleich nicht alle. Schneegans: »Was bleibt, ist die Angst. Und, unter Umständen, physische Schäden.«