Ingenieurmangel

„Sie machen aus einem Mechaniker keinen Elektroingenieur“

6. September 2012, 18:03 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Aber da sind ja noch die spanischen Ingenieure

Aber da sind ja noch die spanischen Ingenieure: Über die Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar hat MSC Tuttlingen an einem Projekt teilgenommen, das arbeitslose spanische Ingenieure nach Deutschland vermitteln sollte. „Leider ist es für uns daran gescheitert, dass keine Kandidaten dabei waren, die in Ausbildung und Abschluss und mit deutschen Sprachkenntnissen zu uns gepasst hätten“, bedauert Ruprecht. Vor allem Deutsch sei ein echtes Problem gewesen: „Wir können doch in Meetings nicht alle auf Englisch ausweichen, damit uns ein oder zwei spanische Kollegen verstehen“ - Das wäre dann doch zu viel verlangt und würde unnötig Zeit kosten und womöglich Missverständnisse produzieren, befürchtet der Geschäftsführer.

Warum glaubt er, sind Ingenieure so schwer zu finden? Sind es generell zu wenig, wie die Verbände immer beklagen, oder liegt es vielleicht an anderen Dingen wie fehlende Bekanntheit, Standort oder Gehaltsniveau? So richtig hat Ruprecht darauf auch keine Antwort. „Sicherlich liegt das Gehaltsniveau in den Ballungszentren etwas höher, allerdings wird dieser Vorteil direkt von den höheren Mieten und Immobilienpreisen wieder aufgezehrt. Trends wie Work-Life-Balance, die unmittelbare Nähe zu den besten Skigebieten der Alpen und dem Bodensee müssten eigentlich punkten können. Als kleiner Mittelständler kämpfen wir permanent mit der mangelnden Bekanntheit.“

Dabei seien auch regional nur die vier bis fünf größten Firmen, die seit mehreren Generationen am Standort sind, in den Köpfen verankert. „Ich hatte neulich ein Gespräch mit der IHK wegen Ausbildungsthemen“, erzählt der Firmenchef. Lehrstellenknappheit sei ja schließlich auch ein Thema.  „Da kommen dann junge Menschen vorbei, sagen, sie würden „nichts“ finden und hätten sich schon „überall“ beworben. Auf gezieltes Nachfragen werden dann wieder die vier bis fünf Platzhirsche genannt, obwohl es noch viele weitere gibt, die ausbilden würden, aber mangels Bewerbern die Stellen nicht besetzen können.“

Und natürlich gebe es auch insgesamt zu wenige Technik-Studierende. Studienplätze in technischen Bereichen seien ohne Numerus Clausus zu bekommen, während anderswo überfüllte Hörsäle und Wartesemester an der Tagesordnung seien. „Das lässt den Schluss zu, dass die wenigen Absolventen von den Global Playern absorbiert werden und der Mittelstand leer ausgeht“, folgert Ruprecht.

Wie pariert er Vorwürfe, Unternehmen zeigten zu wenig Bereitschaft, in Weiterbildung  - auch von Älteren oder Fachfremden - zu investieren, um den Mangel zu lindern?
Da wirbt Ruprecht um Verständnis: „Ein Wechsel in dieser Altersklasse passiert in der Regel, weil Firmen geschlossen werden. Natürlich bringen solche Kandidaten viel Erfahrung mit und sind somit interessant.“ Doch man dürfe nicht vergessen, dass sie oft drei Gehaltsgruppen und 15 Tariferhöhungen durchlaufen haben – und Firmen sie somit ohne größere Schulungsmaßnahmen direkt für komplexe Aufgaben einsetzen können möchten – und dazu nicht erst noch investieren möchten.

„Unsere Erfahrungen sind teilweise leider die, dass Mitarbeiter, die wegen einer Firmenschließung in einer Auffanggesellschaft gelandet sind, vom Know-How nicht auf dem aktuellem Stand für uns sind und kein Interesse daran haben, Abstriche vom letzten Gehalt wegen nötiger Investitionen in Weiterbildungen in Kauf zu nehmen.“

Die Qualifikation fachfremder Mitarbeiter führe eine Firma wie MSC Tuttlingen ohnehin zu weit und sei für „eine Firma in unserer Branche“ nicht zielführend - „wir machen aus einem Mechaniker keinen Elektroingenieur“. Die letzten Bewerber-Gespräche hätten immer wieder eines gezeigt: der Bewerber seien nicht mobil und zeigten keine Bereitschaft „aufs Land“ zu ziehen. „Das hat uns auch bewogen, wieder verstärkt regional zu suchen“, sagt Ruprecht. Bloß: „Es herrscht Vollbeschäftigung in unserer Gegend.“


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