Bewerberauswahl

Persönlichkeitstests lösen Assessment Center ab

24. November 2008, 15:09 Uhr | Christine Demmer, Markt&Technik
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

»Berufsbezogene Diagnostik erfordert berufsbezogene Tests«

Dass die fragebogengestützte Eignungsdiagnostik, auf breiter Front betrachtet, besser und billi- ger geworden ist, sagt auch Lutz von Rosenstiel, dessen Institut ein – bei Experten umstrittenes – Testimonial für Insights MDI abgegeben hat. Also, wie valide ist Insights MDI? Gänzlich vorbehaltlose Zustimmung klingt anders. Rosenstiel: »Die Resultate von Tests sind zwar anregend, bleiben aber spekulativ. Insight arbeitet nicht schlechter als andere Verfahren. Man muss nur genau hinschauen, was dieser Test leistet.«

»Berufsbezogene Diagnostik erfordert berufsbezogene Tests«

Also schauen wir genauer hin: Als schlechtes Beispiel für berufliche Eignungsuntersuchungen zieht Frintrup Tests heran, in denen von Bewerbern Aussagen wie »Ich mag große Frauen« zu beurteilen sind. »So etwas fällt eindeutig in den Privatbereich und hat in einem berufsbezogenen Persönlichkeitstest nichts zu suchen «, bemängelt Frintrup. »Berufsbezogene Diagnostik erfordert auch berufsbezogene Tests – nicht nur im Interesse der Akzeptanz bei den Bewerbern, sondern auch weil sich gezeigt hat, dass entsprechend formulierte Tests bessere Vorhersagen über die berufliche Leistung ermöglichen.«

Was die Testentwickler mit der Frage nach den großen Frauen herauszukitzeln hoffen, sind allenfalls Anhaltspunkte für einen gewissen Reizhunger. Aus dieser Hintergrundvariablen könnte man unter Umständen Anzeichen für eine unzureichende persönliche Integrität ableiten. Aber das ist erstens nur ein Indikator von vielen möglichen, und zweitens sagt es überhaupt nichts darüber aus, wie sich der Kandidat später im Job bewähren wird. Frintrup: »Ziel ist es schließlich, das typische Verhalten einer Person bei der Arbeit und nicht in der Freizeit zu analysieren.«

DIN-Norm für Eignungsdiagnostik

Wissenschaftlich betrachtet haben die Psychologen bei der Eignungsdiagnostik die Lufthoheit. Auf Initiative des Berufsverbandes Deutscher Psychologen und Psychologinnen (BDP) wurde im Juni 2002 die DIN-Norm 33430 »Anforderung an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen« verabschiedet. Darin sind Qualitätskriterien und -standards für Testverfahren, die Qualifikationsanforderungen für die an der Eignungsprüfung beteiligten Personen sowie die Interpretation der Ergebnisse festgeschrieben.

Doch bei der Frage nach der Zulässigkeit von Tests reden die Juristen ein großes Wörtchen mit. Grundsätzlich dürfen in diesen Tests nur solche Fragen gestellt werden, die ein Arbeitgeber auch im persönlichen Interview stellen darf. Wer sich in einem Test mit Fragen nach seinem Privat- oder Intimleben konfrontiert sieht, könnte also mit dem Hinweis auf dessen Unzulässigkeit sofort abbrechen.

Dann allerdings muss er damit rechnen, aus dem Bewerbungsverfahren herausgeworfen zu werden – auch wenn das so natürlich nicht in der Absage steht. Dagegen zu klagen, hat keinen Sinn. Wer als Arbeitgeber auf dem Test besteht, will ihn nun mal haben. Für Nichtgläubige lautet daher der pragmatische Rat: Die Zähne zusammenbeißen, einmal mehr um die Ecke denken – was könnte sich hinter der Frage verbergen? – und an der unverfänglichsten Stelle sein Kreuzchen setzen.

 


  1. Persönlichkeitstests lösen Assessment Center ab
  2. Der Garaus für die Assessment Center
  3. »Berufsbezogene Diagnostik erfordert berufsbezogene Tests«
  4. Tests nur an Diplom-Psychologen

Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!