Arbeitgeber haben die gesetzliche Pflicht, psychische Gefahren für die Mitarbeiter zu beurteilen. Das tun sie aber mehrheitlich nicht, stellt eine aktuelle Dekra-Studie fest.
Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen liegen seit Jahren auf einem hohen Niveau und nehmen zu. Im Corona-Jahr 2020 erreichte die registrierte Zahl der Fehltage in Deutschland dadurch gar einen Höchststand: Mit 265 Fehltagen pro 100 Versicherte pro Jahr stieg laut DAK-Gesundheit der psychisch verursachte Krankenstand im Vergleich zu 2010 um 56 Prozent.
Laut einer Umfrage durch das Institut Forsa im Auftrag der Dekra sagen aber nur knapp ein Drittel der Beschäftigten (31 Prozent), dass es im Betrieb eine psychische Gefährdungsbeurteilung gab. Bei 53 Prozent war dies nach eigenen Angaben nicht der Fall, 15 Prozent waren sich nicht sicher. Experten der Dekra appellieren, die gesetzlich vorgeschriebene Beurteilung psychischer Gefährdungen ebenso ernst zu nehmen wie die körperlicher Gefahren.
„Dass psychische Gefährdungen bei den meisten Beschäftigten ignoriert werden, ist aus fachlicher Sicht ein Alarmsignal“, sagt Dr. Karin Müller, Leiterin des DEKRA Bereichs ‚Mensch und Gesundheit‘. „Denn die Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht ist nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Organisation, die sich wirklich um ihre Mitarbeiter kümmert. Unternehmen, die das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen – beispielsweise durch ein Betriebliches Gesundheitsmanagement – haben nachweislich gesündere, zufriedenere, motiviertere und damit leistungsfähigere Mitarbeiter.“
Ob der Arbeitgeber als „Kümmerer“ wahrgenommen wird, dazu ergibt sich bei der Dekra-Umfrage ein geteiltes Bild: Knapp ein Drittel (65 Prozent) der Befragten hat den Eindruck, dass sich ihr Arbeitgeber aktiv um die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter kümmert. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) hat diesen Eindruck „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“.
Weniger als die Hälfte (45 Prozent) der Befragten gibt an, am Arbeitsplatz Möglichkeiten zur Steigerung der Gesundheit und des Wohlbefindens zu haben, etwa regelmäßige Feedback-Gespräche. Bei 40 Prozent gibt es Angebote zur Gesundheitsförderung, wie etwa Ernährungskurse, Rückenkurse, Walking oder Entspannungskurse.
Das Institut Forsa hat im Oktober 2021 im Auftrag der Prüforganisation DEKRA repräsentativ bundesweit 1.014 Beschäftigte befragt. Ein Schwerpunkt war unter anderem die psychische Situation bei der Arbeit sowie das Wohlbefinden der Mitarbeiter.