Personen mit Schlüsselpositionen in ihrem Unternehmen fällt die Suche einer neuen Stelle oft schwer – zum Beispiel, weil sie stark spezialisiert sind, weshalb es scheinbar kaum Job-Alternativen gibt. Oder weil nicht publik werden darf, dass sie sich beruflich neu orientieren.
Von Frank Adensam
Vor zwei Jahren hatte Karl Hübner (Name geändert) ein Problem. Der Vertriebsleiter eines mittelständischen Herstellers von Investitionsgütern wusste: Die Inhaber möchten ihr Unternehmen verkaufen. Sie verhandeln darüber mit mehreren Konzernen, und nach der Fusion wird voraussichtlich meine Position entfallen. Und wenn der neue Inhaber mir eine neue Stelle offeriert, dann spiele ich im Vertrieb die zweite oder gar dritte Geige.
Das wollte der Maschinenbauingenieur nicht. Also erwog Hübner, sich eine neue Stelle zu suchen. Doch wie vorgehen? Offen auf mögliche Arbeitgeber zugehen und ihnen die Situation schildern, durfte er nicht, denn die Firmeninhaber befürchteten, dass das Unternehmen massenhaft Kunden verlieren würde, sollten die Verkaufsabsichten publik werden. Und unter der Hand im Vier-Augen-Gespräch Geschäftspartnern seine Wechselabsichten bekunden? Das konnte Hübner nur bedingt. Denn er konnte seine Kontaktpersonen schwer fragen: »Steht bei euch der Vertriebsleiter auf der Abschussliste? Braucht ihr demnächst einen neuen?« Und schon gar nicht konnte er Wechselsignale an Mitbewerber seines Arbeitgebers senden. Denn die hätten daraufhin freudig in den Markt hinaus posaunt »Beim Unternehmen x stehen große Veränderungen an« und dies als Chance genutzt, seinem Arbeitgeber Kunden abzujagen. Was also tun? Abwarten bis der Verkauf vollzogen ist und das Kündigungsschreiben auf dem Tisch liegt? Oder sich mit der Aussicht zufrieden geben, künftig ins Glied zurückzutreten? Keine dieser Perspektiven schmeckte Hübner. Also entschied er: Ich werde aktiv. Aber wie?
Die Zeit aktiv nutzen
In eine ähnliche Situation geraten immer wieder Fach- und Führungskräfte, die in ihren Unternehmen eine exponierte Position haben – ganz gleich, ob es sich hierbei um hochqualifizierte Spezialisten, Geschäftsführer von mittelständischen Unternehmen oder Bereichsleiter von Konzernen handelt. Sie merken irgendwann: Die Zeit ist reif für einen Wechsel. Zum Beispiel, weil sich im Unternehmen weitreichende Veränderungen ankündigen oder sie keine Entwicklungsperspektiven mehr haben.
Beim aktiven Sich- Bewerben sind ihnen aber aus den unterschiedlichsten Gründen weitgehend die Hände gebunden: Weil ihr Arbeitgeber nicht zu früh von ihren Absichten erfahren darf. Oder weil das Bekanntwerden ihrer Intention für ihr Unternehmen schädlich wäre. Oder weil sie in der Branche jeder kennt. Weil die Betroffenen oft keinen Ausweg aus diesem Dilemma sehen, lassen sie häufig Wochen und Monate tatenlos verstreichen. Und zuweilen trösten sie sich mit dem Gedanken: Wenn das endgültige Aus kommt, erhalte ich zumindest eine schöne Abfindung. Also habe ich dann immer noch Zeit, mir einen neuen Job zu suchen.