Viele Manager-Ehen scheitern. Nicht, weil sich die Betroffenen keine intakte Beziehung wünschen, sondern weil es ihnen nicht gelingt, ihre beruflichen und privaten Anforderungen und Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Hier mag mancher einwerfen: Soll ich mich beruflich denn nicht stark engagieren? Doch! In bestimmten Lebensphasen, wie zum Beispiel beim Berufseinstieg oder »Wenn’s brennt« ist eine Verlagerung des Gleichgewichts in Richtung »Arbeit/Leistung« sogar nötig. Probleme entstehen aber, wenn das Ungleichgewicht andauert. Das ist bei vielen Managern der Fall.
»Halt« wird hier mancher rufen: »Ich praktiziere seit Jahren ein Zeit- und Selbstmanagement. Auf meinem Schreibtisch liegt ein Zeitplanbuch, mit dem ich all meine Arbeits- und Freizeitaktivitäten plane. Auch meine Prioritäten definiere ich regelmäßig, zudem meine kurz-, mittel- und langfristigen Ziele. So schaffe ich die nötigen Zeitfenster, damit auch für Privates Luft bleibt.« Doch mal ehrlich: Wie oft halten Sie diese Zeitpläne ein? Vermutlich selten. Und welche Termine werden gestrichen, wenn zum Beispiel unverhofft noch ein Kunde ein Angebot wünscht? Das Meeting mit den Kollegen? Nein, meist fällt die Zeit, die zum Spielen mit den Kindern oder für den Theaterbesuch mit dem Lebenspartner vorgesehen war, unter den Tisch. Oder der Jogging-Termin wird gestrichen.
Der Grund: Für ihre Arbeit und Karriere setzen sich die meisten Berufstätigen Ziele. Hier haben sie auch eine klare Vision, wo ihr Lebensweg einmal enden soll. Anders ist dies im privaten Bereich. Hier fehlt den meisten der nötige Sinnhorizont. Deshalb notieren sie in ihrem Organizer zwar Termine. Weil diese aber nicht in einer Lebensvision verankert sind, werden sie auch schnell wieder gestrichen.
Ziel: Ein erfülltes Leben führen
Halt, wird hier vielleicht erneut manch Leser einwerfen: Bei mir nicht! Ich nehme mir regelmäßig Zeit für meine Familie und meine Freunde. Außerdem treibe ich zwei Mal pro Woche Sport. Das Problem ist nur: Viele Manager übertragen das Leistungsprinzip, dem sie in ihrer Arbeit huldigen, auf ihr Privatleben. Deshalb joggen sie zum Beispiel mit hochrotem Kopf und heraushängender Zunge durch die Stadtparks. Dabei wäre es zum Fördern ihrer Gesundheit wichtig, »lang und langsam« zu laufen. Auch im Kontakt mit ihrer Familie oder Freunden suchen sie stets den besonderen Kick. Also blicken sie, während der Lebenspartner über seine Sorgen spricht, verstohlen auf die Rolex. Sie merken nicht, dass sie nie bei ihrer Familie »ankommen«. Gedanklich weilen sie stets noch beim letzten Termin oder schon beim nächsten. Sie können den Fuß nie vom Gaspedal nehmen und einmal gezielt entschleunigen. Sie entdecken nie die kreative Kraft der Langsamkeit für sich, weshalb sie zwar ein gefülltes, aber kein erfülltes Leben führen.
Um dieses Ziel zu erreichen, führt kein Weg daran vorbei, sich regelmäßig zurückzulehnen und sich zu fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Nur dann können wir eine Lebensvision entwickeln, die all unsere Lebensbereiche umfasst. Doch Vorsicht! Auch dies erfordert Zeit! Dies lässt sich nicht en passant erledigen, wenn gerade die Silvesterraketen gen Himmel steigen. Es gilt, sich Zeit zu nehmen und sich zu fragen: Was will ich wirklich? Was ist mir wirklich wichtig? Was will ich von mir sagen können, wenn ich in 10, 20 oder gar 50 Jahren auf mein Leben zurückblicke? Dies ist der erste Schritt. Der Zweite besteht darin, dass Sie sich fragen: Welche der vielen Rollen, die ich aktuell spiele, will ich auch künftig spielen? Und von welchen möchte ich mich verabschieden? Dies kann zum Beispiel die Rolle des Schulelternbeirats oder des Mitglieds in einem Wirtschaftsgremium sein.
Erst wenn Sie über Ihre persönlichen Werte Klarheit haben, können Sie Ihr Leben sinnvoll, das heißt ausgewogen planen. So, wie Sie es bisher mit Ihrer Arbeitszeit taten. Mit einem Unterschied: Jetzt planen Sie Ihr Leben.
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Zum Autor: Dr. Kai Hoffmann, Frankfurt, promovierte in den Fächern Philosophie und der Psychoanalyse. Nach langjähriger Führungsposition im oberen Management arbeitet er seit Ende der neunziger Jahre als Führungskräftecoach und Lebensberater. Außerdem ist er Lehrbeauftragter für Philosophie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt. Im September 2009 erschien im Gabler Verlag sein neustes Buch »Dein Mutmacher bist du selbst! Faustregeln zur Selbstführung«. Nähere Infos: www.dr-kai-hoffmann.de |