Der Ingenieurdienstleister Brunel hat rund 30 Prozent seiner Spezialisten in Unternehmen der Automotive- und Mobility-Branche im Einsatz. Geschäftsführer Markus Eckhardt über die Aussichten für Ingenieure im Wachstumsfeld Elektromobilität und Leistungselektronik.
Markt&Technik: Ingenieurdienstleister suchen vor allem Absolventen, richtig?
Markus Eckhardt: Diese Annahme begegnet mir durchaus öfter. Vielmehr ist es jedoch so, dass wir sowohl Absolventen als auch Professionals suchen. Entscheidend sind Qualifikation, Know-how und Motivation – nicht das Alter. Wir richten uns stets am Bedarf unserer Kunden aus. So verfügt etwa die Mehrheit der bei uns beschäftigten Ingenieure, Informatiker und Techniker über längere Berufserfahrung. Für Absolventen hingegen bilden wir als Ingenieurdienstleister ein hervorragendes Sprungbrett und öffnen Türen zu renommierten Unternehmen, die ansonsten vielleicht zunächst einmal verschlossen gewesen wären.
Mit Blick auf Ihre Kunden: In welchen Ingenieurdisziplinen werden aktuell die meisten Mitarbeiter gesucht?
Unsere Kunden suchen vor allem im Automotive- und Elektrotechnik-Bereich nach qualifiziertem Personal. Dies belegen unsere aktuellen Statistiken: Demnach galten über 30 % unserer Stellenausschreibungen aus dem Zeitraum Januar bis April 2018 der Automobilindustrie. Fast ein Drittel hiervon in der Konstruktion, ein gutes Viertel im Projektmanagement und 12 % für Embedded Software. Insbesondere in den Disziplinen Engineering, Design, Test und Validation ist die Nachfrage nach Experten hoch. Die Elektrotechnik macht immerhin noch circa ein Zehntel all unserer Personalgesuche aus – vor allem in der Konstruktion, Entwicklung und Embedded Software. Danach folgen etwa gleichauf Projekte im Maschinen- und Anlagenbau. Eher im unteren Mittelfeld befinden sich Luft- und Raumfahrt, Energietechnik, Schiffbau, Schienenverkehrstechnik oder das Bauwesen. Dies ist aber natürlich nur eine Momentaufnahme und hat auch viel mit unserer Kundenstruktur zu tun.
Welches fachliche und nichtfachliche Know-how ist aktuell und mittelfristig gefragt?
Es gibt durchaus ein paar Berufsfelder, die derzeit und auch in absehbarer Zeit verstärkt nachgefragt werden. Neben den erwähnten IT-Experten sind dies unter anderem Steuerungstechniker im Bereich der Hochvolttechnik, Mechatroniker mit Schwerpunkt Elektrofachkraft, Spezialisten im Batteriemanagement – Stichwort Steuergeräte-Entwicklung – und Mitarbeiter der technischen Gebäudeausrüstung mit Fachwissen im Arbeits- und Sicherheitsschutz.
Bei den Soft Skills ist es so, dass heutzutage neben dem Projektmanagement und einer interdisziplinären, kundenorientierten Denkweise Sprachkenntnisse aufgrund zunehmend internationaler Projektteams immer wichtiger werden. Unsere Mitarbeiter fungieren oftmals als Schnittstelle beim Kunden. Eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit ist hier das A und O. Zeiten, in denen der Ingenieur ein tüftelnder Einzelgänger war, gehören längst der Vergangenheit an. Wir als Ingenieurdienstleister betonen gegenüber unseren Kunden immer, bei der Suche nach Experten nicht zu kleinteilig zu denken. Denn fachspezifisches Know-how kann oft auch auf andere Branchen übertragen werden.
Der Geschäftsführer eines deutschen Herstellers für Schnellladetechnik sagte gerade: »Der Korken ist aus der Flasche.« Zieht der Markt für Elektromobilität auch für Sie spürbar an, registrieren Sie erhöhten Bedarf an Spezialisten?
Ja, in der Tat. Vor allem unsere Niederlassungen im Umfeld von Automobilherstellern spüren eine deutlich erhöhte Nachfrage. Die oben genannten Zahlen zu unseren Stellenanzeigen je Branche unterstreichen diese Entwicklung.
Welche technischen Profile suchen Sie?
Hier ist die Bandbreite sehr groß und richtet sich stets nach dem Bedarf unserer Kunden. Aber beispielhaft reicht dies vom Qualitätsmanager im Bereich KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) oder dem Lieferantenmanagement über Testing-Ingenieure im Segment der Homologation oder für Fahrzeugtests bis hin zu Entwicklungsingenieuren für Embedded Systems oder Software-Entwicklern für Radarsensoren, Ultraschallsensoren, Videosysteme, Surround-View-Systeme sowie zentrale Fahrzeugrechner.
Wie sieht der Bedarf Ihrer Kunden an Ingenieuren im Verhältnis zu Informatikern aus?
Konkrete Zahlen hierzu zu nennen ist nicht einfach, da die Grenzen der Tätigkeitsbereiche teils fließend sind. Aber eine Tendenz lässt sich aus unseren Stellenausschreibungen deutlich ablesen: Software-Spezialisten aller Disziplinen sind branchen- und länderübergreifend immer stärker gefragt – vom Sicherheitsexperten über den Entwickler bis zum Embedded-Systems-Informatiker.
Arbeiten beim Dienstleister statt beim OEM: Was muss man beachten?
Unser Geschäftsmodell bietet unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, unterschiedliche Branchen und Unternehmen kennenzulernen und somit abwechslungsreiche Erfahrungen zu sammeln. Berufseinsteiger haben somit die Chance, verschiedene Fachrichtungen auszuprobieren und genau jene zu identifizieren, die am besten zu ihnen passt. Professionals können ihr Know-how hingegen vertiefen, indem sie sich fachlich in einem Bereich spezialisieren oder ihrer Laufbahn durch einen Wechsel neue Impulse verschaffen. Darüber hinaus sind all unsere Ingenieure, Informatiker und Techniker unbefristet bei Brunel angestellt und werden nach ver.di-Tarifvertrag – oder entsprechend kundenspezifischen Tarifanforderungen – entlohnt.
Selbstverständlich sind vielfältige Projekteinblicke gleichbedeutend mit einer gewissen Flexibilität und der Fähigkeit, sich stetig neu einarbeiten zu können. Das mag manchmal abschrecken. Doch gerade Absolventen sind zum Karrierebeginn oft neugierig und möchten neue Fachbereiche entdecken. Auch viele unserer erfahrenen Mitarbeiter sind offen für neue Herausforderungen. Und diese müssen nicht unbedingt weit von der Heimat entfernt liegen: Wir versuchen stets, die Wünsche jedes Einzelnen zu berücksichtigen – mit einem Netzwerk aus über 40 Standorten in Deutschland bieten sich dafür viele Möglichkeiten. Über all dem steht natürlich der Kern unserer Dienstleistung: Das richtige Projekt mit dem passenden Know-how zu kombinieren.
Externe Mitarbeiter sind von den Rekord-Prämien, die die großen Autokonzerne nun schon mehrere Jahre in Folge ausschütten, ausgenommen. Wie kompensieren Sie diesen Nachteil?
Mit Blick auf die Unternehmenslandschaft fällt auf, dass der Anteil von Großkonzernen in Deutschland nur knapp ein Prozent ausmacht. Der große Rest bildet das Fundament unserer Wirtschaft, schüttet solche Prämien in der Regel aber nicht aus. Das schließt uns ohne Frage mit ein, mindert jedoch keineswegs unsere marktgerechten Vergütungsmodelle mit Sozialleistungen. Zudem investieren wir durch Seminare, Workshops und Fortbildungen in die berufliche und persönliche Weiterentwicklung unserer Belegschaft. Das wissen unsere Mitarbeiter zu schätzen. Wir bieten ein hohes Maß an individueller Entfaltungsmöglichkeit. Bei uns erhalten die Mitarbeiter Einblicke in verschiedenste Unternehmen und Branchen, um feststellen zu können, welcher Bereich und welche Funktion am interessantesten für sie sind. Alle von uns beim Kunden eingesetzten Experten sind bei Brunel fest und unbefristet angestellt. Nach Abschluss eines Projektes suchen wir gezielt nach einem passenden Folgeeinsatz für den Mitarbeiter. Dass projektbasierte Dienstleistungen zusehends wachsende Akzeptanz erfahren, verdeutlichen auch die Zahlen: So bewerben sich jährlich über 30.000 Ingenieure, Informatiker und Techniker bei uns.
Was sind aktuelle Forschungs- und Entwicklungsthemen im Bereich Leistungselektronik/Energieverarbeitung, an denen Brunel beteiligt ist?
Bleiben wir für ein paar Beispiele gern bei der Thematik Elektromobilität: Unsere Entwicklungszentren Brunel Car Synergies sind mit akkreditiertem Prüflabor auf Testing, Umweltsimulationen und vieles mehr spezialisiert. Hierzu zählen etwa Tests der Ladesäulentechnik für den so dringend notwendigen infrastrukturellen Ausbau der E-Mobility. Zudem prüfen wir Onboard-Charger, die im Fahrzeug die Schnittstelle zur Batterie bilden, auf Herz und Nieren. Auch Inverter als Teil der Leistungselektronik durchlaufen bei uns im Hause verschiedenste Tests, bevor sie in der Praxis zum zuverlässigen Einsatz kommen können.
Die Fragen stellte Corinne Schindlbeck