Oliver-Wyman-Studie

»Die Existenz einer ganzen Branche steht auf dem Spiel«

19. Mai 2009, 16:51 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Selbst bei Produktinnovationen wird heute deutlich gespart

Die taiwanesischen Chipanbieter geben sich selbstbewusst: Im Fabless-Bereich könne man mit dem Unternehmen Mediatek bereits Erfolge vorweisen. Auch die taiwanesischen Foundries bewegten sich in der Wertschöpfung weiter nach vorne und arbeiten bei Produktinnovationen enger mit ihren Kunden zusammen. Chinesische Hersteller dagegen stehen bei Produktinnovationen noch am Anfang.

Laut der Umfrage planen sie den Aufbau weiterer Kompetenzen und wollen in den nächsten sechs Jahren Taiwan einholen. Dann soll bei Standardprodukten auch das Niveau europäischer Unternehmen erreicht sein. Unterstützt werde dies durch die chinesische Regierung. Durch zusätzliche Innovationscluster, den intensiven Ausbau der Ingenieurausbildung sowie die Bereitstellung von Venture Capital soll der Angriff auf die Produktinnovationsstärke der europäischen Halbleiterindustrie weiter forciert werden.

Selbst bei Produktinnovationen wird heute deutlich gespart

Gleichzeitig kämpfen die europäischen Halbleiterunternehmen ums Überleben, warnt Oliver Wyman. »Der Trend ist in Europa genau umgekehrt, denn selbst bei Produktinnovationen, der letzten Kernkompetenz, wird heute deutlich gespart«, betont Experte Milnikel und nennt als prominente Beispiele Qimonda, NXP und Infineon, die bereits massiv Entlassungen vorgenommen haben, darunter zahlreiche gute Entwickler, und die weitere Reduzierungen planen.

Allein in Deutschland seien zehntausende Mitarbeiter in der Chipindustrie beschäftigt, noch mal so viele hängen indirekt von ihr ab. »Silicon Saxony« leide. Die Branche sei von anderen Industrien wie Automobil und Konsumelektronik abhängig. Bräche dort die Nachfrage ein, seien auch die Mitarbeiter in der Fertigung sowie in Forschung und Entwicklung der Halbleiterindustrie betroffen.

Doch nicht nur Arbeitsplätze sehen die Berater in Gefahr. Dramatisch wäre auch der Abfluss von Know-how, wie der Fall BenQ-Siemens gezeigt habe: Ein chinesischer Investor hat sich am Unternehmen beteiligt und anschließend die Marke und das Know-how aus Europa abgezogen. »Damit verschärft sich die ohnehin schwierige Lage des Halbleiterstandorts Europa immer mehr«, resümiert Berater Milnikel. »Die Existenz einer ganzen Branche steht auf dem Spiel.«

Als Abhilfe müssten diejenigen Geschäftsbereiche gestärkt und geschützt werden, in denen sie eine starke Ausgangsposition haben. Dies beinhalte die Konzentration auf Bereiche mit engen Kundenbeziehungen, beispielsweise Automobil, industrielles Umfeld und Sicherheitstechnik, oder auf Einsatzgebiete, für die besondere Technologien nötig sind.


  1. »Die Existenz einer ganzen Branche steht auf dem Spiel«
  2. Chinesischer Markt für Halbleiter zeigt starke Aufwärtsbewegung
  3. Selbst bei Produktinnovationen wird heute deutlich gespart
  4. Stärker in F&E von Kerntechnologien investieren
  5. Handlungsempfehlungen für Europas Halbleiterindustrie

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