Eine emotionale Ausnahmesituation

Als Führungskraft Personal abbauen - aber wie?

3. Dezember 2012, 8:52 Uhr | Julia Voss*
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Die „Survivors“ im Blick behalten

Den „Survivors“ wird bei einem Personalabbau meist die wenigste Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei will das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern. Die „Survivors“ durchleben im Personalabbauprozess ein Wechselbad der Gefühle. Zunächst plagt sie selbst die Angst: Was wird aus mir? Danach bedauern sie die Betroffenen, mit denen sie teils jahrelange (Arbeits-)Beziehungen verbinden, und würden gerne etwas für sie tun. Auf der anderen Seite wollen sie aber gegenüber dem Unternehmen loyal bleiben,  und oft haben sie nach einiger Zeit auch ein gewisses Verständnis für die Personalabbauentscheidung, während die Betroffenen weiterhin auf die Firma und dessen Management schimpfen.

Dieses Hin- und hergerissen sein führt bei den „Survivors“ zu Verhaltensänderungen. Denn solange der Personalabbau nicht vollzogen ist, ist ihr Kopf nicht frei. Deshalb ist auch ihre Arbeitsmotivation und -leistung geringer als normal. Wie stark die Verhaltensänderung ist, hängt stark davon ab,

•             ob die „Survivors“ das Gestalten des Personalabbauprozesses als fair empfinden,

•             wie sie die Auswirkungen des Personalabbaus auf ihre eigene Arbeitssituation einschätzen und

•             wie stark Sie als Führungskraft ihnen in dieser Leidensphase Orientierung und Halt bieten.

Deshalb sollten Sie, wenn feststeht, wer das Unternehmen verlässt, gezielt das Gespräch mit den „Survivors“ suchen – nicht nur, um sie über den Stand der Dinge zu informieren. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Sie

•             sich gezielt nach ihrem Befinden erkundigen,

•             ihnen Verständnis dafür signalisieren, dass sie ein Wellenbad der Gefühle durchleben, und

•             ihnen, soweit möglich, ihre weiteren Perspektiven im Unternehmen aufzeigen.

Das heißt, gerade in der Zeit, in der die Gekündigten noch im Unternehmen sind, müssen Sie als Führungskraft eine hohe Präsenz zeigen. Denn so lange hält auch die innere Zerrissenheit der „Survivors“ an.

Die neue gemeinsame Zukunft planen

 Doch dann kommt jedoch endlich der ersehnte Tag, an dem alle Gekündigten das Unternehmen verlassen haben. Dann kann man meist bei allen Verbliebenen ein tiefes Durchatmen spüren: Endlich ist die emotional belastende Zeit vorbei. Diese Situation sollten Sie nutzen. Setzen Sie sich nochmals mit den „Survivors“ zusammen und sprechen Sie mit ihnen über die zurückliegende Zeit. Verleihen Sie zunächst noch einmal Ihrem Bedauern über den Personalabbau Ausdruck, um dann zum Resultat zu gelangen, wie froh Sie sind, dass nun endlich diese für alle Beteiligten wenig erquickliche Phase endgültig vorüber ist. Danach sollten Sie den Blick in Richtung Zukunft richten. Das heißt, Sie sollten den Mitarbeitern nun nochmals aufzeigen, welche Chancen sich aufgrund des vollzogenen Personalabbaus für das Unternehmen ergeben, bevor Sie schließlich mit ihnen festlegen, wie sie nun gemeinsam die Zukunft gestalten.

Und noch ein Tipp. Einen Bereich oder eine Abteilung in einer Phase des Personalabbaus zu führen, ist eine der schwierigsten Führungsaufgaben – vor allem emotional. Achten Sie deshalb in dieser Zeit auf Ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden und sorgen für einen emotionalen Ausgleich.

*Julia Voss ist Geschäftsführerin des Trainings- und Beratungsunternehmens Voss+Partner, Hamburg


  1. Als Führungskraft Personal abbauen - aber wie?
  2. Kündigungs- und Trennungsgespräche gut vorbereiten
  3. Die „Survivors“ im Blick behalten

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