Eine künstliche Netzhaut wird in einem unzugänglichen Bereich eingesetzt, in dem sie mit einigen hundert Elektroden eine Verbesserung der visuellen Wahrnehmung bringen soll. Der einzige Weg, das System ausreichend zu versorgen, ist eine drahtlose Energieübertragung zu einem entsprechenden, in das Implantat integrierten Empfänger. Insgesamt muss dem Patienten über einen ganzen Tag hinweg ausreichend Energie zur Verfügung stehen. Daher liegt bei der Entwicklung der künstlichen Netzhaut ein besonderes Gewicht auf der Energieeffizienz.
Die elektrische Leistung, die für die Stimulation der Neuronen auf- gebracht werden muss, bestimmt im Wesentlichen die Parameter der Energieversorgung. Solange diese klein gehalten werden kann, bleibt der Energiebedarf im Rahmen des technisch Machbaren. Der Ansatz, die Neuronen aus nächster Nähe zu stimulieren und die Intensitäten durch Frequenzmodulation zu übertragen, trägt erheblich zur Reduzierung des Energiebedarfs bei.
Die Nähe zu den Neuronen reduziert zudem den erforderlichen Energieinhalt der stimulierenden Impulse und sichert dabei eine ausreichend große Potentialdifferenz zur Neuronenschicht. Mit der Lösung, die Elektroden durch die Netzhaut-Schichten dringen zu lassen, kann der Abstand zu den Neuronen gegenüber den bisherigen Systemen um gut eine Größenordnung verringert werden. Die für eine Stimulation aufzubringende Leistung ist damit ebenfalls um eine Größenordnung geringer.
Infrarotlicht für die Energieübertragung
Auch bei der Übertragung der Energie zum Implantat kommt es darauf an, den Wirkungsgrad des Systems so hoch wie möglich zu treiben. Bei der Wahl der Übertragungsart müssen sowohl die Abschwächung der Transmission durch das Medium als auch die Konversionswirkungsgrade von Sender und Empfänger in Betracht gezogen werden. Nano Retina hat sich für eine Übertragung der Energie durch ein Lichtbündel im nahen Infrarot-Bereich entschieden. Diese Wahl ermöglicht die Übertragung der Energie durch das transparente Auge hindurch, dabei bleibt die Abschwächung des Lichtbündels durch das Medium gering [6].
Die auf diese Weise zum Implantat übertragene Energie reicht aus, den Energiebedarf zu decken und auch eine genügend hohe Betriebsspannung zu erzeugen. Hier werden zudem Standard-Verfahren der Photovoltaik genutzt. Eine Standard-LED, die Licht im nahen Infrarot-Bereich mit hohem Wirkungsgrad abstrahlt, dient als Sender, über eine effiziente Treiberschaltung kann sie ausreichend lang mit einer Batterie betrieben werden.
Literatur & Autoren:
[1] Nano Retina, Inc. - www.nano-retina.com
[2] WHO - Weltgesundheitsorganisation: International Agency for the Prevention of Blindness 2010 Report.
[3] Gollisch, T.; Meister, M.: Eye smarter than scientists believed. Neuron (2010), Vol. 65, #2, S. 150ff.
[4] Palanker, D., et al: Design of a high-resolution optoelectronic retinal prosthesis. J. Neural Eng. (2005), Vol. 2.
[5] Meister, M.; Berry II, M. J.: The neural code of the retina. Neuron (1999), Vol. 22, #3, S. 435ff.
[6] van den Berg, T.; Spekreuse, H.: Near infrared light absorption in the human eye media. Vision Res. (1997), V. 37, #2.
Ra’anan Gefen ist der Managing Director des Unternehmens Nano Retina und spezialisiert auf die F&E-Projekte für Verteidigung und Medizin. Er hat an der Universität Tel Aviv den MBA erworben und an der Hebräischen Universität Jerusalem im Rahmen des TALPION-Programms den Bachelor-Abschluss in Physik und Mathematik erworben. (gefen@nano-retina.info)
Jeffrey Grossman ist der CEO der Unternehmensberatung Bear and Bird, Ltd., die sich auf Biotechnologie und Medizintechnik spezialisiert hat. Er ist Doktor der Rechte und hat in Philosophie den Bachelor-Abschluss erworben.