Obwohl das Fälschungsproblem auch in der europäischen Elektronikindustrie hinreichend bekannt ist, halten sich staatliche Maßnahmen in den EU-Ländern bisher in engen Grenzen. Mit anderen Worten: Es tut sich nichts Vergleichbares zu den USA.
Im Rahmen des Seventh Framework Programme der EU (EU FP7) wurde 2010 das Projekt ChipCheck gegründet [9]. Es läuft bis 2012. Sein Ziel ist, neue Methoden für die Wareneingangsinspektion zu finden, mit denen die Firmen dieses arbeits- und kostenintensive Problem besser und effektiver lösen können.
In dem Gemeinschaftsprojekt mehrerer Unternehmen aus verschiedenen EU-Staaten, welches von der britischen Firma TWI Ltd. geleitet wird, geht es konkret um die Entwicklung neuer Röntgen-Inspektionssysteme für die schnelle automatische Detektion gefälschter SMT-Bauteile. Sie sollen für die Durchlaufinspektion von Bauteilrollen und Magazinen im Wareneingang geeignet und auch für kleinere Auftragsfertiger erschwinglich sein.
Die britische Interessenvereinigung Smart Group brachte Ende 2011 im Rahmen des ChipCheck-Förderprojektes als Hilfe für die Elektronikunternehmen die erste Version einen „ChipCheck Inspection of Counterfeit Components Guide“ als CD-ROM heraus. Die interaktive Trainings-CD kann kostenlos unter [10] heruntergeladen werden. Sie gibt einen Überblick über die Problematik der gefälschten Bauteile, Korrekturmaßnahmen und Testmethoden.
Hilfe durch Verbände und Foren
Insbesondere in den USA haben sich verschiedene Verbände, Interessengemeinschaften und Informationsportale gegründet, die sich mit den Themen Fälschung und Produktpiraterie intensiv auseinandersetzen (Tabelle 2). Teils agieren sie auf privater Grundlage wie die Electronic Resellers Association (ERAI) und North America Security Products Organization (NASPO), teils aber auch auf staatlicher wie die Coalition against Counterfeiting and Piracy (CACP). So ist ERAI Organisator der ERAI Executive Conference 2012, die sich intensiv mit Fälschung und Produktpiraterie in der Bauteilindustrie auseinandersetzt.
Name | Sitz, Website | Tätigkeit | Mitgliederzahl |
---|---|---|---|
Coalition against Counterfeiting and Piracy (CACP) | USA, Chamber of Commerce, Washington – Global Intellectual Property Center, http://thecacp.com | Vorwiegend USA. Gebiete: Kunst, Kultur, Wirtschaft, Sport, Institute, Media | 794 Firmen, Verbände, Institutionen, darunter auch aus Elektronikindustrie (Siemens, Sony, Toshiba u.a.) |
North America Security Products Organization (NASPO) | USA, Washington, www.naspo.info | Zertifizierung, Sicherheitsstandards, ISO TC 247 Mitarbeit |
Mitgliederzahl unbekannt, für die gesamte Wirtschaft tätig |
Electronic Resellers Association (ERAI) | USA, Naples, Florida, http://www.erai.com | Globaler Informations-service für High-Risk-Bauteile | Zahl unbekannt, Mitglieder: OCM, OEM, CEM, Distributoren, Verbände, Behörden |
Tabelle 2. Verbände, Informationsportale und Interessengemeinschaften in den USA, die sich gegen Fälschung und Produktpiraterie betätigen.
Der Verband der unabhängigen Bauteildistributoren (Independent Distributors of Electronics Association, IDEA, www.idofea.org) mit Sitz in Kalifornien, hat mit dem Erstellen einer Datenbank für gefälschte Bauteile begonnen und, mit Blick auf die Seriosität, strengere Maßstäbe für die Aufnahme neuer Händlerfirmen in den Verband festgelegt.
Der US-amerikanische Distributorverband NEDA (National Electronic Distributors Association) hat die Publikation „NEDA Guidelines for Product Returns“ herausgebracht. Sie soll Firmen Hinweise zum Umgang mit gefälschten Bauteilen geben [11].
Das Anti-Counterfeiting Forum der United Kingdom Electronics Alliance (UKEA) bietet eine ganze Palette an Unterstützung in diesem Bereich an [12]:
Im Industrie-Interessenverband COG (Component Obsolescence Group) Deutschland e.V. befasst sich eine der Arbeitsgruppen mit Bauteilfälschungen und deren Erkennung.
Hilfe durch Servicefirmen
Sowohl in Nordamerika als auch in Europa bieten zahlreiche Firmen Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Thema Fälschung an. Beispiele sind in Tabelle 3 zusammengetragen. Schreiner ProSecure, ein Competence Center der Schreiner Group GmbH & Co. KG mit Sitz in Oberschleißheim, ist in unterschiedlichen Industriebereichen tätig. Das größte Serviceangebot unterbreitet wohl der weltweit agierende IHS-Konzern.
Name | Sitz, Website | Tätigkeitsgebiet | Anmerkungen |
---|---|---|---|
IHS | Englewood, Colorado, USA, www.ihs.com | Weltweite Standards, Datenbanken, Analysen, Beratung | Beispiel: BOM-Analysen auf gefälschte Bauteile und ihre Lieferanten |
Cogiscan Inc. | Quibec, Kanada, www.cogiscan.com | Spezialist für Traceability | Rückverfolgung von Lieferketten bei Fälschungen |
Rochester Electronics | Newburyport, Massachusetts, USA, www.rocelec.com | End-of-Life-Halbleiter, Halbleiter-Re-creation | Partner in Deutschland: Municom |
Schreiner ProSecure | Oberschleißheim, Deutschland, www.schreiner-prosecure.de | Sicherheitstechniken für verschiedene Wirtschaftsgebiete, darunter Elektrotechnik | Beispiele: RFID, Vignetten, Sicherheitslabel, Transfersiegel |
Factronix GmbH | Alling bei München, www.what-is-inside.com | Komplexer Testservice für Bauteile auf Fälschung: Elektrischer Test, Röntgen, Materialanalysen u.a. | Kooperation mit Retronix Ltd. |
Semitron W. Röck GmbH | Küssaberg, Deutschland, www.semitron.de | Komplexer Testservice für Bauteile, darunter Prüfen äußerer Merkmale |
Tabelle 3. Eine beispielhafte Auswahl internationaler Unternehmen mit Dienstleistungen gegen Produktpiraterie.