Gefälschte Bauteile

Schutz vor Fälschungen

5. Oktober 2012, 15:36 Uhr | Von Dr.-Ing. Hartmut Poschmann
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Maßnahmen in der EU gegen Bauteilfälschung

Obwohl das Fälschungsproblem auch in der europäischen Elektronikindustrie hinreichend bekannt ist, halten sich staatliche Maßnahmen in den EU-Ländern bisher in engen Grenzen. Mit anderen Worten: Es tut sich nichts Vergleichbares zu den USA.

Im Rahmen des Seventh Framework Programme der EU (EU FP7) wurde 2010 das Projekt ChipCheck gegründet [9]. Es läuft bis 2012. Sein Ziel ist, neue Methoden für die Wareneingangsinspektion zu finden, mit denen die Firmen dieses arbeits- und kostenintensive Problem besser und effektiver lösen können.

In dem Gemeinschaftsprojekt mehrerer Unternehmen aus verschiedenen EU-Staaten, welches von der britischen Firma TWI Ltd. geleitet wird, geht es konkret um die Entwicklung neuer Röntgen-Inspektionssysteme für die schnelle automatische Detektion gefälschter SMT-Bauteile. Sie sollen für die Durchlaufinspektion von Bauteilrollen und Magazinen im Wareneingang geeignet und auch für kleinere Auftragsfertiger erschwinglich sein.

Die britische Interessenvereinigung Smart Group brachte Ende 2011 im Rahmen des ChipCheck-Förderprojektes als Hilfe für die Elektronikunternehmen die erste Version einen „ChipCheck Inspection of Counterfeit Components Guide“ als CD-ROM heraus. Die interaktive Trainings-CD kann kostenlos unter [10] heruntergeladen werden. Sie gibt einen Überblick über die Problematik der gefälschten Bauteile, Korrekturmaßnahmen und Testmethoden.

Hilfe durch Verbände und Foren

Insbesondere in den USA haben sich verschiedene Verbände, Interessengemeinschaften und Informationsportale gegründet, die sich mit den Themen Fälschung und Produktpiraterie intensiv auseinandersetzen (Tabelle 2). Teils agieren sie auf privater Grundlage wie die Electronic Resellers Association (ERAI) und North America Security Products Organization (NASPO), teils aber auch auf staatlicher wie die Coalition against Counterfeiting and Piracy (CACP). So ist ERAI Organisator der ERAI Executive Conference 2012, die sich intensiv mit Fälschung und Produktpiraterie in der Bauteilindustrie auseinandersetzt.

Name Sitz, Website Tätigkeit Mitgliederzahl
Coalition against Counterfeiting and Piracy (CACP) USA, Chamber of Commerce, Washington – Global Intellectual Property Center, http://thecacp.com Vorwiegend USA. Gebiete: Kunst, Kultur, Wirtschaft, Sport, Institute, Media 794 Firmen, Verbände, Institutionen, darunter auch aus Elektronikindustrie (Siemens, Sony, Toshiba u.a.)
North America Security Products Organization (NASPO) USA, Washington, www.naspo.info Zertifizierung, Sicherheitsstandards, ISO TC 247 Mitarbeit
Mitgliederzahl unbekannt, für die gesamte Wirtschaft tätig
Electronic Resellers Association (ERAI) USA, Naples, Florida, http://www.erai.com Globaler Informations-service für High-Risk-Bauteile Zahl unbekannt, Mitglieder: OCM, OEM, CEM, Distributoren, Verbände, Behörden

Tabelle 2. Verbände, Informationsportale und Interessengemeinschaften in den USA, die sich gegen Fälschung und Produktpiraterie betätigen.


Der Verband der unabhängigen Bauteildistributoren (Independent Distributors of Electronics Association, IDEA, www.idofea.org) mit Sitz in Kalifornien, hat mit dem Erstellen einer Datenbank für gefälschte Bauteile begonnen und, mit Blick auf die Seriosität, strengere Maßstäbe für die Aufnahme neuer Händlerfirmen in den Verband festgelegt.

Der US-amerikanische Distributorverband NEDA (National Electronic Distributors Association) hat die Publikation „NEDA Guidelines for Product Returns“ herausgebracht. Sie soll Firmen Hinweise zum Umgang mit gefälschten Bauteilen geben [11].

Das Anti-Counterfeiting Forum der United Kingdom Electronics Alliance (UKEA) bietet eine ganze Palette an Unterstützung in diesem Bereich an [12]:

  • Grundsatzinformationen zum Thema „Gefälschte Bauteile“.
  • Literatur über Erfahrungen im Umgang mit gefälschten Elektronikprodukten (Best practice papers), Arbeitsempfehlungen.
  • Normen/Standards zur Vermeidung des Einsatzes gefälschter Bauteile.
  • Hinweise zu gesetzlichen Festlegungen (vor allem in UK) und Veranstaltungen zum Thema (UK, USA).
  • Übersicht zu Fälschungen verdächtigter Bauteile (Registrierung notwendig).
  • Übersicht zu Analyse- und Beatungsunternehmen in Europa (UK, Deutschland, Italien usw.), USA und Asien.

Im Industrie-Interessenverband COG (Component Obsolescence Group) Deutschland e.V. befasst sich eine der Arbeitsgruppen mit Bauteilfälschungen und deren Erkennung.

Hilfe durch Servicefirmen

Sowohl in Nordamerika als auch in Europa bieten zahlreiche Firmen Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Thema Fälschung an. Beispiele sind in Tabelle 3 zusammengetragen. Schreiner ProSecure, ein Competence Center der Schreiner Group GmbH & Co. KG mit Sitz in Oberschleißheim, ist in unterschiedlichen Industriebereichen tätig. Das größte Serviceangebot unterbreitet wohl der weltweit agierende IHS-Konzern.

Name
Sitz, Website Tätigkeitsgebiet
Anmerkungen
IHS Englewood, Colorado, USA, www.ihs.com Weltweite Standards, Datenbanken, Analysen, Beratung Beispiel: BOM-Analysen auf gefälschte Bauteile und ihre Lieferanten
Cogiscan Inc. Quibec, Kanada, www.cogiscan.com Spezialist für Traceability Rückverfolgung von Lieferketten bei Fälschungen
Rochester Electronics Newburyport, Massachusetts, USA, www.rocelec.com End-of-Life-Halbleiter, Halbleiter-Re-creation Partner in Deutschland: Municom
Schreiner ProSecure Oberschleißheim, Deutschland, www.schreiner-prosecure.de Sicherheitstechniken für verschiedene Wirtschaftsgebiete, darunter Elektrotechnik Beispiele: RFID, Vignetten, Sicherheitslabel, Transfersiegel
Factronix GmbH Alling bei München, www.what-is-inside.com Komplexer Testservice für Bauteile auf Fälschung: Elektrischer Test, Röntgen, Materialanalysen u.a. Kooperation mit Retronix Ltd.
Semitron W. Röck GmbH Küssaberg, Deutschland, www.semitron.de Komplexer Testservice für Bauteile, darunter Prüfen äußerer Merkmale  

Tabelle 3. Eine beispielhafte Auswahl internationaler Unternehmen mit Dienstleistungen gegen Produktpiraterie.



  1. Schutz vor Fälschungen
  2. Maßnahmen in der EU gegen Bauteilfälschung
  3. IHS – weltweite Dienstleistung gegen gefälschte Produkte
  4. Normen gegen Produktpiraterie
  5. Links und Quellen

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