SEMI-Europe 2014

Die 10/100/20-Strategie auf dem Prüfstand

28. April 2014, 16:32 Uhr | Jens Würtenberg
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Podiumsdiskussion: „Alles super, aber ... “

nvestitionen in den vier Regionen Nordamerika, Europa, Japan und Asien/Pazifik.
Investitionen in den vier Regionen Nordamerika, Europa, Japan und Asien/Pazifik.
© IC Insights

Die Podiumsdiskussion mit Marcel Annegarn (Director General von Aeneas), Joël Hartman (Executive Vice President bei STMicroelectronics), Bob Holland (Director Corporata Marketing bei ASM), Richard Kühnel (Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich), Reinhard Ploss (Vorstandsvorsitzender der Infineon) und Rutger Wijburg (Senior Vice President und General Manager Fab Management bei GlobalFoundries) unter der Leitung von Malcom Penn (CEO von Future Horizons) förderte bei den Teilnehmern eine gewisse Skepsis zutage.

Marcel Annegarn vom europäischen Forschungsverbundprojekt Aenas begrüßte zunächst die Initiative und bezeichnete diese als „sehr vielversprechend“. Allerdings handele es sich hier mehr um eine „Mission“ als um eine Strategie. Diese nämlich erfordere eine Quantifizierung der Ressourcen und der Aktivitäten. Nichtsdestotrotz wäre, um Europa für die Halbleiterindustrie attraktiv zu machen, die Förderung eine wichtige Voraussetzung, damit die verschiedensten Gruppen die Gelegenheit erhielten, eigene Projekte zu definieren und umzusetzen.

Richard Kühnel betonte, dass für Europa kein anderer Sektor so sehr der Unterstützung der nationalen und supranationalen Institutionen bedürfe wie die Mikro- bzw. Nano-Elektronik. Die Leitlinien für eine smarte Förderung ließen sich in dem Slogan „Exploit Combine Cross“ zusammenfassen:

  • Nutzung bestehender Ressourcen
  • Kombination von erprobten Technologien
  • Überschreiten von Grenzen (auch solchen des Denkens).

Die unbeantwortete Frage blieb, ob es denn überhaupt sinnvoll ist, so massiv in den Aufbau von Kapazitäten zu investieren. Rutger Wijburg argumentierte anhand der Faustformel, dass eine Steigerung auf 20 % Anteil wohl nicht realistisch sei: Dies bedeute eine Steigerung um 250.000 Wafer pro Monat. Nach der Faustformel, dass für den Aufbau einer Fertigungskapazität von 1000 Wafern pro Monat etwa 150 Mio. Dollar aufzubringen seien, ergäbe sich dann ein Investitionsbedarf zwischen 25 und 50 Mrd. Dollar. Er schlug vor, sich auf die Errichtung von drei Halbleiterfertigungsstätten zu beschränken und sich auf den Aufbau eines europäischen Ökosystems zu konzentrieren.

Infineons CEO Reinhard Ploss wies darauf hin, dass die Halbleiterfabriken meist dort stehen, wo deren Produkte benötigt werden. Beispiele dafür sind die Unternhaltungselektronik in Japan und Südkorea und die Automobilindustrie in Deutschland. Um an neuen Entwicklungen wie IoT teilhaben zu können, fehlt den Unternehmen in Europa das IP. Das Beispiel der Solar-Industrie zeige, dass bei ungenügender Differenzierung andere Regionen vergleichsweise rasch in den Wettbewerb eintreten können. Die staatliche Unterstützung für den Aufbau von Halbleiterfertigung greife daher zu kurz; es gehe vielmehr um den Ausbau von F&E, die dann gemeinsam mit den Kunden vor Ort die Entwicklungen vorantreiben müsse. Dabei sehe er es als vorrangig an, mehr in R&D zu investieren.

„Niemand will eine leere Fab“

Auch für Bob Holland von ASM ist die Geschwindigkeit bei der Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Wenn man aber nicht an der Spitze sei oder bleiben könne, dann wären auch die Investitionen in die Halbleiterfertigung nicht gerechtfertigt und erfolgversprechend. Schließlich wolle niemand eine leere Fab. Zudem sei die Halbleiterindustrie eine weltweit agierende Industrie. Dabei war in den letzten Jahren die Unterstützung der Regierungen der Grund für den Ausbau der Fertigungskapazitäten. Daher sei auch der Anteil der europäischen Produktion in den letzten Jahren gesunken. Um das Problem noch einmal zu verdeutlichen, stellte er die Frage, was etwa Intel oder Samsung dazu veranlassen könnte, in Europa eine Halbleiterfertigung einzurichten. Joël Hartmann von STMicroelectronics ist der Ansicht, dass der Impuls für den Aufbau einer Halbleiterfertigung von der Nachfrage kommen muss. Diese sieht er in naher Zukunft im Internet of Things (IoT, das im mobilen Sektor die nächste Welle nach GSM und Smartphone auslösen könne. Eine globale Förderung sehe er skeptisch, die Unternehmen würden ohnehin versuchen, sich laufend zu verbessern; ihr Ziel sei es, die „richtigen Technologien“ für die neuen Märkte (wie IoT) zu entwickeln


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