Das Unmögliche wird möglich: Intel gewährt dem PLD-Startup Achronix Semiconductor Zugang zu seinem 22-nm-Prozess - und so wie es aussieht, ist Achronix wohl erst der Anfang.
Achronix will auf Basis des 22-nm-Prozesses eine neue FPGA-Familie mit dem Namen »Speedster22i« entwickeln, Damit würde das kleine Startup mit einem Schlag alle Platzhirsche im FPGA-Markt auf die hinteren Plätze verweisen. Denn sowohl Altera als auch Xilinx setzen selbst in ihren neuesten FPGA-Generationen auf TSMC-Prozesse mit 28-nm-Strukturen, erste Muster erwarten beide im ersten Quartal nächsten Jahres. Intel wiederum geht davon aus, dass sein 22-nm-Prozess bereits 2012 in die Serienfertigung geht.
Der Deal bringt für Achronix aber nicht nur einen Zeitvorteil. Denn dank der kleinen Prozessgeometrien sind FPGAs möglich, die mehr als 2,5 Mio. LUTs (Look-up-Tables) auf dem Chip beherbergen, das entspricht mehr als 20 Mio. ASIC-Gatter. Außerdem werden die Chips unschlagbar schnell. So erwartet das Unternehmen, dass die neuen Speedster22i-FPGAs um bis zu 300 Prozent schneller als alle anderen FPGAs in jeder beliebigen Prozesstechnik sein werden.
Wobei Achronix von Anfang an auf Geschwindigkeit gesetzt hat. Das Unternehmen hatte bereits 2008 bei der Vorstellung seiner ersten Speedster-Familie erklärt, dass die neuen FPGAs dank ihrer asynchronen Architektur deutlich schneller als konkurrierende Lösungen sind. So sollten die damals präsentierten Speedster-FPGAs einen um den Faktor 3 höheren Durchsatz aufweisen als FPGAs etablierter Hersteller, die mit der gleichen Prozesstechnik gefertigt werden. Auf Basis von 65-nm-Strukturen war bereits eine Maximalgeschwindigkeit von 1,5 GHz möglich.
Die 22-nm-Strukturen bringen aber nicht nur Vorteile bei der Geschwindigkeit. Achronix gibt an, dass dadurch auch die Leistungsaufnahme der FPGAs um bis zu 50 Prozent ausfällt und ihre Kosten um bis zu 40 Prozent niedriger sind.
Die Speedster22i-FPGAs eignen sich für eine ganze Reihe von Applikationen in der Telekommunikation, im Networking-Bereich sowie im Industrie- und im Consumer-Markt. Und mit Blick auf die amerikanische Rüstungsindustrie weist Achronix noch darauf hin, dass Speedster22i die ersten kommerziell verfügbaren FPGAs sein werden, die in den Vereinigten Staaten gefertigt werden. Alle anderen FPGA-Hersteller - Actel, Altera, Xilinx und Lattice Semiconductor - nutzen asiatische Unternehmen zur Fertigung ihrer ICs.
Sunit Rikhi, Vice President in der Technology and Manufacturing Group von Intel, erklärt: »Intels Stärke in der Chip-Fertigung und seine Führungsrolle in der Prozesstechnologie bringen uns sowie unseren Kunden in der Fertigung wie beispielsweise Achronix Vorteile in Bezug auf Kosten, Geschwindigkeit und Leistungseffizienz.« Aus dieser Aussage lässt sich schließen, dass Achronix wohl kein Einzelfall bleiben wird und dass Intel auch anderen Halbleiterherstellern in Zukunft Zugriff auf die eigene Fertigung geben wird.
Was für Intel hinter diesem Schritt steht, wird sich zeigen. Die einen glauben, dass Intel damit einen erneuten Ausflug in die programmierbare Logik wagt. Das Unternehmen hatte bereits in den 80er Jahren eigene PLDs gefertigt, sich dann aber aus dem Geschäft zurückgezogen. Dementsprechend wird jetzt wieder darüber spekuliert, dass Intel auf kurz oder lang Achronix komplett übernimmt. Dieser Schritt würde zumindest zu den wilden Spekulationen von Christopher Danely, Analyst bei JP Morgan, passen. Er hatte Anfang dieses Jahres noch darüber spekuliert, dass Intel an einer Übernahme von Altera oder Xilinx interessiert sein könnte.
Vielleicht hat sich Intel mit diesem Schritt aber auch nur direkten Zugriff auf das Achronix-Know-how gesichert und damit den Weg für die nächste Generation von Stellarton-Prozessoren geebnet. Intel hat erst vor kurzem seinen Stellarton vorgestellt. Dabei handelt es sich um konfigurierbare Intel-Prozessoren, die neben dem Atom E600 Prozessor auch ein Altera-FPGA im Multi-Chip-Gehäuse beherbergt.
Es könnte aber auch einfach so sein, dass selbst der als Fertigungsmeister bekannte Prozessorhersteller erkannt hat, dass sich die gleichmäßigen Strukturen eines FPGAs hervorragend dazu eignen, modernste Prozesse einzufahren. In diese Richtung passen auch die erst letzte Woche aufgekommenen Gerüchte, dass Intel bei der Entwicklung des 10-nm-Prozesses erstmals mit anderen Halbleiterherstellern zusammenarbeiten will, konkret ist von Samsung und Toshiba die Rede.
Eine weitere Möglichkeit besteht natürlich auch darin, dass Intel in Zukunft einen Teil seines Umsatzes über Foundry-Dienstleistungen erwirtschaften will. Das Unternehmen versucht immer wieder, sich aus der Abhängigkeit vom Prozessorgeschäft zu befreien und das Foundry-Geschäft wäre nicht die schlechteste Möglichkeit. Zum einen besteht hier eine große Nachfrage, zum anderen hat Intel auch das nötige »Kleingeld«, um in entsprechende Fertigungskapazitäten zu investieren. Außerdem gilt Intel als absoluter Könner, was die Fertigung anbelangt und dürfte schon alleine deshalb selbst mit seinen älteren Prozesstechniken auf riesiges Interesse im Markt stoßen.