Technologien und Chips für die erneuerbaren Energien und Automobilie werden sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Nur wie? Darüber wagte Infineons CEO Peter Bauer einen Blick in die Zukunft und erklärte in Analogie zum berühmten Mooreschen Gesetz »Infineons Law« - mit Transitordichten hat dies allerdings nichts zu tun.
Nachdem der weltweite Energieverbrauch in den letzten 50 Jahren um 226 % gestiegen ist und in den nächsten 25 Jahren nochmals um 37 % auf dann 673 Billiarden BTUs (British Thermal Unit) steigen wird (1 BTU = 1,05506 KJ), stellt sich die Frage, wie dies mit den verfügbaren Ressourcen in Einklang zu bringen ist (siehe Bild).
Zum Glück, so Infineons CEO Peter Bauer, ist beim Verbrauch der Anteil der elektrischen Energie von 9,4 % in 1973 auf 17,4 % in 2009 gestiegen. Zum Glück deshalb, weil man in diesem Bereich durch modernste Technologie entsprechende Einsparungen erzielen kann.
Als Extrembeispiel für schon existierendes Einsparungspotential verwies Bauer auf eine 800-kV-HVDC-Leitung (High-Voltage-Direct-Current) in China, die über eine Distanz von 1.400 km insgesamt 5.000 MW überträgt. Erzeugt wird der Strom von diversen Wasserkraftwerken. Interessant ist, dass dabei Verluste von nur 2 % pro 1000 km Leitungslänge entstehen. Im Vergleich zu herkömmlichen Kraftwerken, die fossile Brennstoffe verbrennen, werden so pro Jahr rund 30 Megatonnen CO2 weniger emittiert.
Wie sieht es aber in der Zukunft aus? Wenn man sich die Energieverbraucher anschaut, stellt man fest, dass alleine 55 % der elektrischen Energie in Motoren und Antrieben verbrannt wird. Hier sieht Bauer Einsaprungspotentiale von 25 bis über 40 %. Im Bereich Beleuchtung, der für 21 % des elektrischen Energieverbrauchs steht, lassen sich mehr als 25 % sparen und selbst in der fast schon “ausgelutschten Informationstechnik” immer noch 5-10 %, was natürlich gerade große Rechenzentrenbetreiber wie Google oder Facebook erfreuen dürfte.
“Infineons Law” beschreibt die Entwicklung bei Leistungsmodulen, konkret die Energiedichte. Diese verdoppelt sich laut Bauer auch zukünftig alle 10 Jahre. Parallel steigt auch die zulässige Sperrschicht-Temperatur, während die Verluste (RDSON) sinken – durch eine weitere Reduktion der Chip-Dicke, da ja der Strom vertikal fliesst (siehe Bilderstrecke). Zudem kündigte Bauer an, dass MOSFETs und IGBTs immer applikationsspezifischer werden, da die z.B. Anforderungen an ein Netzteil komplett anders sind als an einen Solar-Inverter.
Was die zukünftigen Halbleiter-Materialien angeht, steht der Nachfolger für die aktuellen SiC-Chips schon in den Startlöchern: Ab 2016 wird speziell für “kleinere Spannungen” (was angesichts 600 V ja relativ ist) Gallium-Nitrid der dominierende Werkstoff sein (Bilderstrecke).
Die Fortschritte bei einzelnen Applikationen
Bei den Konvertern bei Antrieben wird es weiterhin um die Reduktion der Größe gehen, u.a. um Kosten einzuparen, da das Material des Gehäuses mehr kostet als das Silizium selbst. Bis 2030 soll das Volumen laut Bauer von heute 20 Kubikdezimetern auf bis zu 5 Kubikdezimeter sinken.
Bei Solar-Invertern sieht der Infineon-CEO ab 2020 Wirkungsgrade von 99 % oder noch mehr. Dieses zusätzliche 1 % gegenüber den 98 % von heute klingt nicht viel, aber man kann damit die Gesamtsystemkosten um 7 % reduzieren und erzielt pro 1 MW Solar-Kapazität 70 qm weniger Fläche für die Solar-Panels. Auch wirtschaftlich rechnet es sich laut Bauer, Technologie für dieses zusätzliche 1 % Wirkungsgrad zu implementieren: Schon nach 2 Wochen haben sich die Investitionen durch die zusätzlich erzeugte Energie armotisiert.
Bei den Windmaschinen sieht Bauer im Jahr 2030 Leistungen von 10 MW, die zudem 30 Jahre oder noch länger halten. Die Anbindung an das Stromnetz wird u.a. über HVCD erfolgen, was eine weitere Erhöhung des Wirkungsgrades bedeutet.
Bei den Automobilen wird sich die durchschnittliche CO2-Emission bis 2030 auf 70 g/km reduzieren, was natürlich auch durch mehr Halbleiter erzielt wird. Auch bei elektrischen Fahrzeugen werden Materialien wie SiC und GaN Einzug halten.
Um parallel den Verkehrsfluss zu optimieren, sind Verbesserungen bei den Radar-Systemen erforderlich. Basisierend auf Silizium-Germanium-Chips wird es zukünftig nicht nur um die Integration von Analog-Mixed-Signal-Komponenten, sondern auch die der Antenne geben.
Als letzten Bereich adressierte Bauer das “Internet der Dinge”, bei dem es ja u.a. darum geht, Autos mit Infrastruktur aller Art zu verbinden. Nachdem neben immer mehr Steuergeräten jetzt auch mobile Geräte wie Smartphones Einzug gehalten haben, kommt es zukünftig vor allen Dingen auch auf sichere Elemente an.
Gefragt nach dem langsamen Fortschritt bei der Implementierung der neuesten Technologien zum Energiesparen, sagte Bauer, dass es sich um “ein politisches Thema handelt”. Vor allen Dingen wenn man bedenke, dass auf der Seite der Energieerzeugung und des Transports doppelt soviel Einsparpotential wartet wie auf der Verbraucherseite, benötige man “politische Aktivitäten”. Zwar werde es über die Zeit unzweifelhaft Fortschritte geben, tragisch sei jedoch, dass die Adaption langsamer sei als der technische Fortschritt selbst.