Raphael Hrobarsch, Diodes Zetex
Die Lieferengpässe sind durch mehrere Faktoren, auch außerhalb der Automobil-Industrie, entstanden. Wir stellen fest, dass neben dem Automobilmarkt auch die sogenannte „Batterification“, aber auch 5G und Data Centers zu erheblich höheren Bedarfen führen. Unter „Batterification“ nennen wir bei Diodes Produkte, die kabellos werden, wie zum Beispiel Bohr- und Schleifmaschinen. Solche kabellosen Geräte beispielsweise benötigen die 4-fache Menge an Power-Komponenten. Auch der weltweite Boom zum E-Bike - in Deutschland sogar staatlich subventioniert mit ‚Job-rad‘ - treibt die Nachfrage nach elektronischen Komponenten, die bislang vernachlässigbar war. Der Schritt von 3/4G auf 5G wiederum bringt eine Vervielfachung der Bedarfe mit sich, nicht nur weil wesentlich mehr Basisstationen gebraucht werden, sondern auch die 4-fache Menge an Power-Komponenten pro Einheit notwendig sind. Zusätzlich steigt die Anzahl der durchschnittlichen verbauten PMICs pro Mobiltelefon von 4 bis 5 bei 4G auf 7 bis 8 bei 5G, wobei wiederum allein in diesem Jahr rund 500 Mio. 5G-Mobiltelefone produziert werden dürften, und Analysten gehen von 1 Mrd. in 2023 aus.
Und jetzt das eigentliche Thema: Die Automobilindustrie und der Wandel weg vom Verbrennungsmotor hin zum Hybrid, bzw. E-Auto steigert den Bedarf allein im Bereich des Powertrains um den Faktor 9 bis 10. Je nach Ausstattung des Autos an Fahrer-Assistenz-Systemen erhöht sich der Bedarf kontinuierlich weiter in der Evolution hin zum Automatisierten Fahren.
Doch der Umstand, dass die Nachfrage stark steigt, macht noch keinen Lieferengpass aus, sondern der steile Anstieg in Zusammenhang mit den Problemen, die Covid19 mit sich gebracht haben. Reparaturen und Kapazitätserweiterungen brauchen wesentlich länger als in der Vergangenheit, wenn Sie Fachpersonal vom Hersteller benötigen, da diese erstmal 2 bis 3 Wochen in Quarantäne-Hotels verbringen müssen, um dann die Produktionsstätten zu besuchen. Das alles bringt immense Verzögerungen mit sich.
Die hohen Investitionskosten gerade im Bereich von Wafer-Foundries haben europäische und amerikanische Halbleiter-Hersteller zur Achtsamkeit getrieben, dazu kommt noch der chinesische Wirtschaftsplan, der bis 2025 vorsieht, das 20 Prozent des weltweiten Bedarfs von chinesischen Halbleiterfirmen gedeckt werden soll, wohl aber eher bei 7,5 Prozent rauslaufen wird. Die Versuche in Prozesstechnologien mit 4 bis 7 nm mitzuspielen, schlugen anscheinend fehl, trotz vieler Milliarden, die die chinesische Regierung als Fördermittel den chinesischen Unternehmen zur Verfügung gestellt hatten.
Nicht zu vernachlässigen, ist auch die mangelnde Verfügbarkeit an Transportmöglichkeiten, insbesondere in China, wenn wie z.B. der Flughafen Shanghai aufgrund von Covid19-Fällen für mehrere Tage geschlossen wird und mehr als 500 Frachtflieger nicht starten durften. Das bremst die Lieferkette und es dauert Tage/Wochen, bis der Rückstau in wieder abgebaut wird. Das bevorstehende chinesische Neujahrsfest im Februar wird die Situation nicht verbessern, sondern auch noch zusätzlich durch limitierte geöffnete Zoll-Büros für ca. 1-2Wochen die Transporte limitieren.
Aufgrund der gegenwärtigen Bedarfssituationen der verschiedenen Märkte und der Tatsache, dass 5G und speziell der Wandel im Automobilbereich hin zum Elektro-Auto erst so richtig begonnen hat, sehen wir nicht einen kurzzeitig erhöhten Bedarf, sondern Lieferengpässe, die weit über das Jahr 2021 hinausgehen könnten.
Natürlich trifft das nicht für alle Produktfamilien zu und auch nicht für alle Gehäuse, aber ich erwarte nicht so schnell eine allgemeine Entspannung der Lieferzeiten und -Engpässe im Halbleiter-Bereich.