Hinsichtlich Ihrer In-House-Chip-Produktion stellen Sie stets Ihre Null-Fehler Strategie in den Mittelpunkt. Zukünftig soll eine sogenannte IoT-Fabrik helfen, dies zu erreichen. Möchten Sie mir dies im Detail erklären und die Unterschiede zu Ihren bisherigen Fabs erläutern?
Bei einer herkömmlichen Chip-Fabrikkönnen Sie Fehler finden und Gegenmaßnahmen ergreifen, nachdem ein Problem aufgetreten ist. Eine IoT-Fabrik kann Probleme und Fehler proaktiv verhindern. Dazu werden mit zahlreichen Sensoren, die u. a. Temperatur, Feuchtigkeit, Drücke, Vibrationen, Stromstärken etc. messen, unzählige Datensätze generiert und ausgewertet. Selbstverständlich unterliegen die gemessenen Daten natürlichen Schwankungen, weshalb wir zulässige Toleranzbereiche definiert haben, für die wir einschätzen können, ob eine Maschine oder ein Produkt OK ist oder nicht. Genauso können wir einschätzen, ob zu einem späteren Zeitpunkt Probleme auftreten werden und wenn ja, wann dies der Fall sein wird. Damit können wir proaktiv Gegenmaßnahmen ergreifen und Null-Fehler-Chips produzieren.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Nehmen Sie einen Motor. Es gibt zahlreiche Motoren in einer Chip-Fabrik. Wenn die Vibrationen zunehmen, können wir abschätzen, wie lange er noch arbeiten wird und wann er kaputtgeht. Durch eine proaktive Wartung können wir dafür sorgen, dass der Motor niemals stoppt, sondern 24/7 läuft.
Eine Ihrer wichtigsten Technologien bzw. Materialien ist Siliziumkarbid (SiC). Nachdem sich das Marktvolumen von 2014 auf 2015 verdoppelt hat, frage ich Sie, wie groß war der Markt 2016 und welchen Anteil daran hatte Rohm? Wie wird die Situation im Jahr 2020 aussehen?
Es gibt da eine Menge Statistiken, die sich z. T. widersprechen. Unsere Sicht ist, dass 2016 insgesamt 150 Mio. Dollar mit SiC-Produkten umgesetzt wurden. Wir hatten 30 Mio. Dollar, also 20 % Marktanteil. 2020 gehen wir von einem 600 Mio.-Dollar-Markt aus und der Umsatz von Rohm ist mit 150 Mio. Dollar geplant, was einem Marktanteil von 25 % entsprechen würde.
Im Mai 2016 stellte Infineon einen Trench-SiC-MOSFET vor. Welche Auswirkungen wird dies auf Ihr Geschäft und die SiC-Industrie insgesamt haben?
Ich finde das sehr gut.
Ich hätte jetzt jede Antwort erwartet, bis drauf, dass Sie es gut finden, wenn ein Konkurrent von Ihnen offenbar ganz vorne liegt …
Sehen Sie: Wenn nur ein Lieferant am Markt ist, kaufen viele Kunden dessen Produkte nicht, weil sie zumindest zwei Lieferanten zur Auswahl haben wollen. Für eine neue Technologie müssen daher mindestens zwei Lieferanten im Markt verfügbar sein, daher begrüßen wir Infineons Aktivitäten im SiC-Umfeld sehr. Unser Ziel ist dabei aber natürlich nicht, die Nr. 2 zu sein (lacht).
» Infineons Wolfspeed-Kauf wäre für Rohm eine Bedrohung gewesen «
Die US-Behörden haben die Akquisition von Wolfspeed durch Infineon platzen lassen. Damit hätte Infineon direkten Zugriff auf SiC-Wafer gehabt, wie Sie es schon mit SiCrystal haben. Welche Auswirkungen hätte denn dieser Kauf für Rohm und die SiC-Industrie als Ganzes gehabt?
Nun, generell hätten wir diese Übernahme als Bedrohung angesehen, da einer unserer größten Vorteile in der vollständigen Fertigungskontrolle liegt. Nur damit können wir die Qualität hochhalten und die Lieferung an unsere Kunden just in Time gewährleisten. Wenn Infineon unser Modell kopieren hätte können, wäre das definitiv eine Bedrohung für uns gewesen.
Wie sieht es mit Ihren GaN-Aktivitäten aus? Wann können wir erste GaN-Produkte erwarten? Werden diese dann eine Durchbruchspannung von 600 V oder niedriger haben?
Wir sind da noch immer im Entwicklungsstadium. Was die Leistungselektronik angeht, setzen wir völlig auf SiC. GaN könnte bei geringeren Spannungen bis 200 V mit hohen Schaltfrequenzen zum Zuge kommen, z. B. bei Applikationen wie drahtloses Laden. Doch wann konkret erste Produkte auf den Markt kommen, kann ich jetzt noch nicht sagen, da wir immer noch die Zielanwendungen evaluieren. Wenn wir eine hinreichende Nachfrage im Markt sehen, stehen wir Gewehr bei Fuß. Diese aber sehen wir aktuell noch nicht.
» Bei GaN sehen wir noch keine hinreichende Nachfrage «
In welche Richtung muß sich die Gehäusetechnik entwickeln, um superschnelle SiC-Switches zu unterstützen?
Für zukünftige SiC-Produkte arbeiten wir mit vielen Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen, die dort spezielles Know-how aufgebaut haben. Es ist aber auch dafür noch zu früh, konkrete Ergebnisse zu verkünden.
Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Sawamura!