Innovationen von der Systemperspektive aus anzugehen - das ist also ein wichtiger Teil der Strategie. Solche Entwicklungen müssen aber langfristig angelegt sein. Widerspricht das nicht den eher kurzfristig orientierten Erwartungen der Wall Street, und sehen Sie das als ein Problem an?
Die kurz- und längerfristigen Entwicklungen in ein gesundes Verhältnis zu bringen, darin sehe ich einen wichtigen Teil meiner Aufgaben. Einerseits müssen die evolutionären Entwicklungen vorangetrieben werden. Sie sind eher kurzfristig angelegt und bringen schnell entsprechenden Umsatz. Langfristig sind dagegen die Game-Changing-Technologies angelegt, zu denen ich die explosionsartige Zunahme von Sensoren und Sensor-Knoten und den damit verbundenen Trend zu einer um Größenordnungen geringeren Energieaufnahme zähle. Weitere Gebiete wie Sicherheits- und Kommunikationssysteme, die Technologien im und rund ums Auto sowie Software Defined Radio zählen ebenso dazu, um nur einige zu nennen. Mit einem Anteil an R&D von 18 Prozent, bezogen auf den Gesamtumsatz, können wir die Entwicklungen auf der evolutionären und der Game-Changing-Ebene in einem vernünftigen Verhältnis halten, so dass wir gute Resultate auch für die Wall Street erzielen können. Was zählt, ist ganz einfach die Qualität der Ideen.
Vor fünf Jahren hatte Analog Devices das Ziel ausgegeben, schon bald die Umsatzschwelle von 5 Mrd. Dollar zu erreichen. Was ist daraus geworden?
Wir sind bereits die Hälfte des Weges gegangen.
Wie fassen Sie in wenigen Worten zusammen, worin Analog Devices künftig die Kernkompetenz sieht?
Analog Devices hat sich schon immer darauf spezialisiert, die reale physikalische Welt, die uns umgibt, mit der digitalen Welt zu verbinden. Das ist unser Spielfeld, und dabei bleiben wir. Und dieses Betätigungsfeld bietet uns die besten Chancen für weiteres Wachstum.
Die Kette von der realen Welt zur digitalen Welt beginnt bei den Sensoren. ADI ist schon lange erfolgreich auf dem Gebiet der MEMS-Sensoren. Jetzt hat das Unternehmen die MEMS-Mikrophone verkauft. Warum?
Die MEMS-Mikrophone passten nicht mehr in unsere Strategie. Es handelt sich um reine Verbraucherprodukte, für die die Regeln des Verbrauchermarktes gelten und die nur niedrige Margen erwirtschaften.
Der Anteil des Umsatzes, der aus Consumer-Produkten stammt, hat sich über die letzten Jahre reduziert. Ist dieser Markt noch interessant für Analog Devices?
Zunächst einmal stimmt es, dass der Anteil der Konsumgüter am Umsatz auf 15 Prozent gesunken ist. Er lag auch schon bei 40 Prozent. Aber es gibt durchaus Nischen, in denen wir sehr profitabel mit Konsumgütern agieren. Hier werden wir uns weiter engagieren. Das gilt beispielsweise für professionelle Audio-Studioausrüstungen, in die wir Produkte wie DSPs und Timing-ICs liefern. Das ist ein langfristig stabiler Markt mit langen Produktlebenszyklen. Außerdem fokussieren wir uns auf den Markt für tragbare Geräte wie Kameras, Mobiltelefone und Tabletts - innerhalb dieser Märkte jedoch nur auf Applikationen, für die wir einen technischen Mehrwert liefern können. Selbstverständlich sollte der auch honoriert werden. Unsere Strategie besteht also nicht darin, ein typischer Hersteller von Konsum-ICs zu werden.
Analog Devices wird aber weiterhin MEMS entwickeln?
Ich liebe MEMS! Ganz am Anfang boten die MEMS häufig Lösungen für ein Problem, das noch gefunden werden musste. Das ist schon lange vorbei. Heute sieht das Bild ganz anders aus. Inertialsensoren und Gyros sind in hohen Stückzahlen in einer Vielzahl von Anwendungen zu finden, insbesondere auch in Kraftfahrzeugen, ein Markt, der für uns sehr wichtig ist. Und im Moment entstehen ganz neue Märkte für MEMS: von der Medizintechnik, wo sie etwa helfen, lebenswichtige Körperfunktionen zu überwachen, bis hin zur Industrie, wo sie beispielsweise den Zustand von Maschinen überwachen und dabei helfen, den Instandhaltungsaufwand zu reduzieren und Ausfallszeiten zu minimieren. Auch der gesamte Energiesektor bietet künftig interessante Wachstumschancen. Dabei kommt es nicht nur auf das Design der MEMS und die Prozesstechniken zu ihrer Fertigung an, sondern sehr stark auch auf die Algorithmen. Wir haben daher Jahr für Jahr die Investitionen in R&D und die Produktion von MEMS