Tipp 6: Besichtigen Sie die hintersten Ecken der Fabrik
Scheuen Sie keine langen Fußwege bei der Inspektion der Fabrik, denn gerade darauf setzt der Lieferant. Häufig lassen sich in den hintersten Ecken der Gebäude stillgelegte Anlagen oder ungenutzte Ausschussware finden. Bei einem Kleidungslieferanten hat einer unserer Kunden überschüssiges Packmaterial gefunden, das für die Verkaufsförderungsaktion eines anderen Kunden vorgesehen war. Da dieser Kunde vor Durchführung des Auftrages insolvent wurde, kam die Aktion nie zustande. Unser Kunde kaufte das tadellose Packmaterial zu guten Konditionen für eine Neuprodukteinführung auf. Auch der Lieferant profitierte von dieser Lösung.
Tipp 7: Stellen Sie offene Fragen
Um möglichst viele Informationen zu gewinnen, müssen Sie offene Fragen stellen. Meiden Sie allzu konkretes Nachfragen zu Beginn der Unterhaltung und leiten Sie Ihre Fragen nicht mit »wer«, »was«, »wie«, »warum« oder »wo« ein. Offene Fragen sind neutral und lenken die Antwort nicht in eine festgelegte Richtung. »Was passiert hier?« motiviert mehr zur Antwort als »Hier mischen Sie also die Zutaten?«. Fragen Sie bei sich andeutenden Problemen immer nach, warum etwas nicht besser funktioniert, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Gerade bei Lieferanten, die nicht besonders auskunftsfreudig sind, können offene Fragen der Schlüssel zum Erfolg sein.
Tipp 8: Legen Sie Ihren Besuch auf einen Freitagmittag
Die Auslastung eines Werkes ist ein wesentlicher Parameter bei der Preisgestaltung Ihres Lieferanten. Vollständig ausgelastete Werke können einen Wettbewerb um die Kapazitäten entstehen lassen, was sich natürlich stark preistreibend bei den Kunden auswirkt. Bei Unterauslastung sind hingegen viele Werke bereit, Aufträge auch zwischen Voll- und Teilkosten anzunehmen, um zumindest noch eine gewisse Fixkostendeckung zu erzielen. Es ist für Sie als Kunde nicht einfach zu erkennen, wie die Auslastungssituation des Lieferanten ist, um Ihre Verhandlungsposition abschätzen zu können. Rückschlüsse können Sie aber häufig gut an Freitagen rund um die Mittagszeit ziehen, da bei Unterauslastung für die Produktionsmitarbeiter das Wochenende früher beginnt.
Tipp 9: Ermitteln Sie einfache Kennzahlen
Der Leistungsstand eines Werkes lässt sich häufig anhand von wenigen, leicht zu ermittelnden Kennzahlen bestimmen. Gut geeignet sind hier beispielsweise der Krankenstand als Maßstab für die Motivation der Belegschaft, die Erstdurchläuferrate als Maßstab für die Qualität und der Gesamtbestand (inkl. Roh-, Halbfertig- und Fertigwaren) als Maßstab für Flexibilität und Agilität der Fabrik. Versuchen Sie, im Rahmen der Gespräche zu evaluieren, wo Ihr Lieferant bei diesen Indikatoren im Vergleich zum Wettbewerb steht.
Tipp 10: Achten Sie auf Ordnung und Sauberkeit
Ordnung und Sauberkeit sind vermeintlich alte deutsche Tugenden, aber sie sind vor allem Charakteristika von leistungsstarken und qualitätsorientierten Fabriken. Natürlich lässt sich eine Stahlproduktion vom Sauberkeitsgrad her nicht mit einer Leiterplattenbestückung vergleichen, aber schon der Vergleich innerhalb einer Branche zeigt signifikante Unterschiede. Verbinden Sie Ihre Analyse mit unserem Tipp 6: Gehen Sie in die hintersten Ecken, z.B. in die Werkstätten der Instandhaltung oder in die Lagerbereiche der Langsamdreher. Oftmals führt dieser Weg zu neuen Erkenntnissen.