Die Talfahrt des Britischen Pfund (GBP) bringt dortige Unternehmen in eine teilweise schwierige Lage: Ein hoher Anteil an Komponenten für viele Produkte, die in Großbritannien gefertigt werden, müssen importiert werden – das führt zu einem steigenden Druck auf Kosten und Preise und schmälert jegliche Vorteile für Exporteure. Zudem ist die Abwertung noch nicht das Ende der Fahnenstange. Weltmarktführer Euler Hermes erwartet einen weiteren Kollaps des Pfunds, das sogar 2018 mit dem Euro gleichziehen dürfte.
Talfahrt des Pfunds drückt auf Unternehmensgewinne – Zahlungsverzögerungen steigen an
Der Druck auf die Cashflows und Gewinne der Unternehmen wirkt sich vermutlich noch weiter negativ auf das Zahlungsverhalten britischer Unternehmen aus. Wertet das Pfund ab und verlangsamt sich die Wirtschaft sukzessive, versuchen die Firmen, ihr Working Capital zu erhalten. Sie handeln mit Lieferanten längere Zahlungsziele und bessere Zahlungsbedingungen aus.
In einigen Branchen ist dies bereits sichtbar: Die Zahlungsverzögerungen sind im 2. Quartal 2016 beispielsweise in der Papierindustrie um 42% gestiegen, im Dienstleistungssektor um 38%, im Baugewerbe um 37% und in der Textilbranche um 34%. Branchenübergreifend verzeichnete Großbritannien einen Anstieg der Zahlungsverzögerungen um 4%. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel: Im Einzelhandel, in der Transportbranche und im Lebensmittelsektor waren verspätete Zahlen rückläufig.
Insolvenz-Sturm in Sicht: 2017 erwartet Euler Hermes 8% mehr Pleiten
Die Konsequenzen der Zahlungsverzögerungen auf Insolvenzen in Großbritannien würden sich im Falle eines „Hard Brexit“ gleich doppelt negativ manifestieren. Für 2016 erwarten die Euler Hermes Experten rund 20.000 Insolvenzen. Das ist ein Anstieg von voraussichtlich 1% gegenüber 2015. 2017 allerdings dürfte es einen sprunghaften Anstieg um 8% auf rund 21.800 Fälle geben und weitere +6% in 2018 auf 23.100 Pleiten. Hauptgrund: die Brexit-Unsicherheit.
„2019 kommt es dann auf das Ausstiegsszenario an“, sagte Subran. „Bei einem weichen Ausstieg mit Freihandelsabkommen rechnen wir mit einem weiteren Plus von 9% auf dann 25.170 Fälle. Beim harten Ausstieg wären es sogar voraussichtlich 15% mehr Pleiten und dann 26.570 Fälle. Dieser Anstieg wird zu einem schlechteren Geschäftsklima und einem Rückgang der Inlandsnachfrage führen.“
Profitabilität außerhalb des Finanzsektors sinkt seit 2015
„Die derzeit überraschende Robustheit der britischen Wirtschaft täuscht demnach über zahlreiche vorhandene Probleme hinweg“, ergänzte Subran. „Die Profitabilität der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sinkt seit 2015. Überwiegend mit Fremdkapital finanzierte Branchen und Unternehmen sind besonders anfällig für externe Schocks. Hinzu kommen die Risiken der steigenden Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen sowie eine Überschuldung der Verbraucher. Unsicherheit bezüglich des EU-Austritts sind nur ein Katalysator für die bereits bestehenden und wachsenden Probleme.“
2017: Prognose von BIP nach unten korrigiert: +0,7% statt bisher +1%
Ab 2017 spielen diese negativen Aspekte nach Ansicht von Euler Hermes eine größere Rolle. Der Kreditversicherer hat entsprechend seine Prognose beim britischen BIP nach unten korrigiert. Statt wie bisher 1% Wachstum, erwartet Euler Hermes nur noch ein minimales Plus von 0,7% in 2017. Weitere Wellen der Nervosität sind nächstens Jahr auf dem Programm, wenn der Austrittsprozess startet.