Die organische Elektronik scheint auf einer Art Plateau angekommen zu sein, bei dem zwar einige Produkte und darauf basierende Systeme in der »realen Welt« genutzt werden, andererseits aber die schon lange ins Auge gefassten Massenanwendungen immer noch nicht Realität geworden sind. Ist man noch auf der Suche nach dem richtigen Material oder geht es um den richtigen Prozess?
Es gibt schon eine ganze Reihe von Massenprodukten im Markt: OLED-Displays, Einweg-Teststreifen für Glucose-Tests bei Diabetikern, gedruckte ID-Karten, Folienbatterien sind einige Beispiele dafür. Aber keine Frage: Bei der Erschließung großen Märkte stehen wir noch am Anfang. Derzeit wird jedoch massiv in den Aufbau von Massenproduktionen investiert, z.B. im Bereich der organischen Solarzellen, der flexiblen Displays und der eReader. Diese Produkte sollen Anfang nächsten Jahres erscheinen. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Materialien und Prozessen können - wie in unserer Roadmap beschrieben - erste Produktgenerationen hergestellt werden. Für komplexere Anwendungen werden leistungsfähigere Materialien und auch präzisere Herstellungsprozesse benötigt. Es handelt sich um ein komplexes Wechselspiel von Material, »Device«-Architektur und Prozessen; hier wurden zwar in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, aber die Entwicklung geht auch hier weiter.
Die Elektronenmobilität wird sich mit den bisher verwendeten Materialien nicht wesentlich steigern lassen. Mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen ließen sich aktive Elemente für höchste Frequenzen mit organischen Materialien darstellen. Erwarten Sie hier über kurz oder lang entscheidende Ergebnisse, oder sehen Sie diese Technologie eher in weiter Ferne?
Auf der Material-Seite gibt es sehr interessante Ansätze sowohl bei der Optimierung der organischen Materialien wie auch bei neuen anorganischen oder Nanomaterialien, die die Leistungsfähigkeit der Schaltungen deutlich steigern werden. Schon heute erreichen organische Halbleiter Ladungsträgerbeweglichkeiten, die im Bereich des amorphen Siliziums liegen, das in den TFT-Backplanes bei Flachbildschirmen zum Einsatz kommt. In den nächsten zehn Jahren wird eine weitere Steigerung bis zu den Werten des Polysiliziums erwartet. Dies haben wir in der Roadmap beschrieben. Wobei wir hier Materialien und Prozesse betrachtet haben, die massenproduktionstauglich sind. Im Labormaßstab lassen sich da natürlich auch heute schon sehr viel bessere Werte erzielen. Aber ein Ersatz der klassischen kristallinen Halbleiter ist auch nicht das Thema. Organische Elektronik ermöglicht dünne, leichte, flexible und sehr kostengünstige Elektronik: Eigenschaften, die mit den herkömmlichen Ansätzen nicht oder nur zu sehr aufwendig darstellbar sind.
Eines der Hindernisse der organischen elektronischen Bauelemente besteht in der eingeschränkten Lebensdauer. Bleibt die organische Elektronik - zumindest mittelfristig - auf kurzlebige Produkte beschränkt?
Für zahlreiche Anwendungen im Verpackungs- und Konsumerbereich sind Lebensdauern von einigen Monaten und Jahren völlig ausreichend und daher kein Engpass. Anwendungen wie gebäudeintegrierte Solarzellen fordern hingegen Lebensdauern mehr als zehn Jahren. Hier wurden und werden große Fortschritte bei den Materialien wie auch bei den Verkapselungslösungen gemacht, so dass mittel- bis langfristig auch langlebige Produkte möglich werden. Diese Anforderungen variieren von Anwendung zu Anwendung sehr stark. So muss ein »Tag« auf einer Milchtüte nur einige Monate funktionieren, bei anderen sicherheitsrelvanten Anwendungen, z.B. im Pharmabereich, benötigt man sehr viel längere Lebensdauern.