Telekommunikationsindustrie im Wandel

Open Compute Project »Telcos«

15. November 2016, 14:49 Uhr | Alfred Goldbacher
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Modularer Ansatz sorgt für hohes Maß an Flexibilität

Systemdesigner und Endkunden benötigen ein hohes Maß an Flexibilität bei der Schrankkonfiguration. Auf Grundlage der modularen Varistar-Schrankplattform lässt sich der Compute-and-Storage-Schrank einfach hinsichtlich Höhe, Breite, Tiefe und Farbe an die Wünsche des Kunden anpassen. Da sich die Storage and Compute Sleds leicht in beliebigen Konfigurationen innerhalb desselben Schranks miteinander kombinieren lassen, profitieren die Anwender von einer größeren Flexibilität. Außerdem lassen sich sämtliche Elek-tronikkomponenten so anpassen, dass sie mit der jeweiligen Anwendung kompatibel sind, beispielsweise hinsichtlich der Hersteller oder Modelle von ToR Switches, Mainboards, Festplatten, SDDs und PSUs.

Im Gegensatz zu anderen Systemkonfigurationen ermöglicht der Compute-and-Storage-Schrank den Anschluss eines Systemmanagers an der Vorderseite. Dies hat den Vorteil, dass er leicht zugänglich ist. Für Kunden, die ihr eigenes Server Mainboard für die Sleds entwickeln möchten, bietet Pentair ein Referenzdesign für einen Baseboard Management Controller (BMC) an – mit oder ohne KVM-Fernzugriff. Der BMC überwacht und steuert zahlreiche Leistungsparameter der Hardware, wie Temperatur, Spannung und Lüfterdrehzahl. Ist ein BMC auf den Sleds installiert (auf dem Compute Sled und/oder dem Storage Sled), können die Anwender das System entweder über einen Desktop Computer oder eine Systemmanagement-Software verbinden, virtuelle Laufwerke installieren oder das System sogar neu booten.

Die Beibehaltung der üblichen Höheneinheiten (HE) von 44,45 mm ermöglicht die Verwendung von Standardkomponenten wie Switches und Front-End-PSUs. Der in HE-Abmessungen unterteilte Schrank kann in bestimmen Teilen auch altbewährte 19-Zoll-Hardware aufnehmen.

Optimale Speicher- und Datenverarbeitungskapazitäten

Der Schrank nutzt den zur Verfügung stehenden Raum sehr effizient. Jeweils 17 Storage Sleds mit je 16, 20 oder 24 Festplatten mit 8 TB Speicherkapazität lassen sich in einem Schrank unterbringen. Wäre der Schrank ausschließlich mit Compute Sleds ausgestattet, würden 34 Sleds in einen Schrank passen. Da jedes Sled zwei Server Mainboards mit je zwei Sockeln enthält, lassen sich im Schroff-Schrank maximal 136 Xeon-Prozessoren installieren.

Im Vergleich zu anderen Standards der Telekommunikationsbranche, beispielsweise Ad-vanced¬TCA, weist der Schroff-Compute-and-Storage-Schrank eine wesentlich höhere Datenverarbeitungs- und/oder Speicherdichte auf. Die neuesten Ausführungen der ATCA-Systeme (Advanced Telecommunications Computing Architecture) sind typischerweise durch eine Höhe von 14 HE gekennzeichnet. In einen 42 HE hohen Schrank lassen sich somit drei ATCA-Systeme mit jeweils 14 Blades unterbringen. Geht man davon aus, dass zwei dieser Blades Switch Boards sind, so passen zwölf Prozessor-Boards in jedes der drei Systeme. Maximal 36 Prozessor-Boards mit zwei Sockeln bedeuten, dass 72 Xeon-Prozessoren in einem Schrank installiert werden können – im Vergleich dazu kann ein Compute-and-Storage-Schrank 136 Prozessoren aufnehmen. Bei Verwendung zu Speicherzwecken lassen sich 36 ATCA-Speicher-Boards installieren, von denen jedes eine Kapazität von 7,2 TB hat – somit insgesamt 259,2 TB. Dem steht eine Speicherkapazität von bis zu 3264 TB bei einem Compute-and-Storage-Schrank gegenüber.

Verbesserte thermische Leistung

Elektronische Komponenten erzeugen Wärme, weswegen ein gutes Wärmemanagement, das die Zuverlässigkeit erhöht und vorzeitige Systemausfälle verhindert, unerlässlich ist. Bei Schränken wird Kühlluft häufig durch die Vordertür angesaugt und über die Rücktür wieder abgeführt. Bei einem herkömmlichen 19-Zoll-System mit waagrecht und senkrecht ausgerichteten Karten ist in der Regel eine geführte Lüfterkühlung erforderlich. Bei senkrecht angebrachten Blades nehmen Luftkammern Raum ober- und unterhalb des Kartenkorbs ein, um eine homogene Luftverteilung zu gewährleisten.
Der Compute-and-Storage-Schrank ist mit einer geraden Luftführung von der Vorder- zur Rückseite ausgestattet; dabei wird der Luftstrom über die elektronischen Komponenten und Kühlkörper geleitet. Dadurch erübrigen sich die Luftkammern, sodass dieser Raum stattdessen durch Elektronikkomponenten belegt werden kann. Der gerade Luftweg vereinfacht die Luftführung und minimiert somit den Bedarf an Lüftern, was wiederum zu einer weiteren Kostenreduzierung beiträgt.

Falls das Rechenzentrum über keine eigene Klimatisierung verfügt, kann der Schrank um eine Rücktürkühlung (RDC) erweitert werden. Diese wird über die intelligente Schranküberwachung gesteuert und kann eine Verlustleistung bis 50 kW abführen. Die Lüfter im Inneren der Sleds drücken die warme Luft durch den Rücktürkühler, wo die Wärme im Luft-Wasser-Wärmetauscher vor dem Austritt aus dem Schrank heruntergekühlt wird.

Hoch zuverlässiges System

Bei herkömmlichen Systemen wie AdvancedTCA ist jede Komponente redundant ausgeführt, um einen unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen. Dies führt allerdings zu deutlich höheren Kosten. Beim neuen Compute-and-Storage-Schrank kommt ein alternatives Redundanzkonzept zur Anwendung. Statt jede Komponente wie in einem ATCA-System doppelt einzubauen, werden Speicher- und Datenverarbeitungsprozessoren in einem Compute-and-Storage-Schrank mit einer Überkapazität von gerade einmal 10 Prozent installiert. Fällt eine Festplatte, ein Prozessor oder sogar ein Sled aus, wird die Aufgabe einfach auf einen anderen Server verlagert. Dadurch wird ebenfalls ein nahtloser Betrieb sichergestellt, und der Aufwand für zusätzliche Hardware verringert sich von 100 auf 10 Prozent. Einige Funktionen wie die Schrank-Stromversorgung, Stromwandlung oder Switches sind in der Regel weiterhin zu 100 Prozent redundant ausgelegt. Der Compute-and-Storage-Schrank ist robust und zuverlässig und er gewährleistet unterbrechungsfreien Betrieb. Er ist für Telekommunikationsanwendungen optimiert, UL-zertifiziert und nach der Spezifikation von NEBS aufgebaut. Dies bedeutet unter anderem, dass er bei 55 °C über einen Zeitraum von 96 h funktionsfähig bleibt und außerdem bis Bellcore Zone 2 (Einzelschrank) bzw. Bellcore Zone 4 (Schrank¬rei¬he) erdbebensicher ausgelegt ist.

Möglichkeiten der individuellen Gestaltung

Pentair bietet bei der Auswahl und Spezifikation eines Schroff-Schranks umfangreiche Möglichkeiten der individuellen Gestaltung, die auf dem Standardsortiment an robusten Schroff-Varistar-Schränken basieren. Die Mechanik der Sleds indes basiert auf dem modularen Interscale-M-Gehäuse mit EMV-Schirmung.
Im Gegensatz zu kostspieliger individueller Hardware lassen sich Standard-Server-Mainboards in den Compute-and-Storage-Schrank integrieren, was zu einer erheblichen Kostenminimierung führt. Dank des intelligenten Luftstromkonzepts wird auch die Leistungsaufnahme während des Betriebs auf ein Minimum reduziert. Zusätzliche Kosten- und Platzeinsparungen werden durch den Einsatz der Sleds erzielt, die im Gegensatz zu herkömmlichen Lösungen direkt in den Schrank eingeschoben werden und nicht – wie bisher üblich – durch Blades. Diese werden zunächst in ein System und dann wiederum in einen Schrank integriert.

 

Der Autor

 

Christian Ganninger
studierte Elektrotechnik an der Fachhochschule Karlsruhe. Anschließend arbeitete er als Design Engineer Backplanes und Technical Coordinator Backplanes und später als Projektmanager Backplanes und Systeme in einer Firma, die 19-Zoll-Systeme und Backplanes entwickelt und produziert. Im Mai 2005 begann er als Produktmanager Back-planes bei Schroff und ist aktuell als Global Product Manager for Systems bei Pentair Electronics Protection in Straubenhardt beschäftigt.

 

Christian.Ganninger@Pentair.com



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