Vom Hochleistungspackage über die Leiterplatte bis zur Baugruppe

Neue Fertigungstechniken pushen die Leistungselektronik

11. Juni 2012, 11:01 Uhr | Karin Zühlke

Hohe Ströme, hohe Temperaturen, hohe Schaltzyklen: Die Leistungselektronik stellt die Fertigungstechnik vom Aufbau des Chip-Package über die Leiterplatte bis hin zur SMT-Fertigung vor neue Herausforderungen. Das forciert nicht nur den Trend in Richtung höherer Integration, sondern könnte auch für Verschiebungen in der Fertigungs-Wertschöfpungskette sorgen.

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Die Wertschöfpungsstufen zwischen der Modul- und der SMT-Fertigung werden künftig auch in der Leistungselektronik enger zusammenwachsen, weil hochintegrierte Module zunehmend diskret aufgebaute Schaltungen ersetzen oder ungehäuste Chips direkt in die Leiterplatte eingebettet werden, darin sind sich die Experten aus Industrie und Forschung weitgehend einig. Wer sich am Ende ein größeres Stück vom Wertschöpfungs-Kuchen abschneiden kann, ist allerdings noch offen und wird davon abhängen, welche Fertigungs- und Integrations-Technologien sich durchsetzen. Jedenfalls wird es im Fall der Leistungselektronik nicht reichen, sich nur mit dem eigenen Prozess zu beschäftigen. Einige Visionäre gehen in ihrer - sehr gewagten - These sogar davon aus, dass die klassische SMT-Baugruppe in Zukunft obsolet werden könnte und durch hoch integrierte System-in-Packages und Leiterplatten mit eingebetteten Bauteilen und Modulen abgelöst werden könnte.  

Wo liegen nun die Herausforderungen beim Packaging und der Fertigung von Leistungselektronik im Einzelnen? Bei der Fertigung von Leistungsmodulen und -Baugruppen stoßen konventionelle Aufbau- und Verbindungstechnologien an ihre Grenzen. Die Herausforderungen liegen auf Modulebene vor allem bei der Diebond-Verbindung und der Kontaktiertechnik. In konventionellen Aufbauten verbindet man die Halbleiter über Aluminium-Bonddrähte und Lotverbindungen mit den weiterführenden Kontakten. Für Leistungsanwendungen sind solche Verbindungen wegen der hohen thermischen und mechanischen Belastung allerdings nicht zuverlässig genug. »Die Lötverbindung wird in der Leistungselektronik auf Modulebene abgelöst werden«, erklärt Dr. Olaf Wittler, Head of Deoartment Environmental and Reliabilty Engineering am Fraunhofer IZM.

Forscher des Fraunhofer IZM erproben derzeit mögliche Alternativen zur Lötverbindung: Als viel versprechende Kontaktierverfahren nennt Wittler Sintern und Transient Liquid Phase Bonding. Das Sintern ist auf Modulebene auch bereits industriell im Einsatz: Die von Semikron entwickelte SKiN-Technologie verzichtet auf Lot, Bonddraht und Wärmeleitpaste und setzt anstatt dessen auf Sinterschichten. Sie ersetzt die Bonddrähte durch eine flexible Folie bzw. Platine sowie Lötverbindungen und die Wärmeleitpaste durch Sinterverbindungen. Damit ist der Chip auf der Ober- und Unterseite auf der gesamten Fläche über die hochzuverlässige Sinterschicht an die Stromuzführung angeschlossen. Eine Bondverbindung hingegen kontaktiert nur etwa 20 Prozent der Chipoberfläche. Durch diese Technik lässt sich die Stromdichte auf 3 A/cm2 steigern. Zum Vergleich: Bei einer Standard-Verbindung mit Bonddrähten beträgt die Stromdichte nur etwa 1,5 A/cm2. Das Volumen eines Umrichters wird dadurch um 35 Prozent geringer. Eine flächige Verbindungstechnologie, die ohne Bonddrähte auskommt, hat kürzlich auch Siemens als Siemens Planar Interconnect Technologie »SiPLIT« vorgestellt: Dabei wird eine bis zu 50 µm dünne Folie über die Bauelementestruktur gelegt. Mit dem Laser werden die  die Kontakte freigelegt, die Oberfläche metallisch beschichtet und in einem Standard-Verfahren strukturiert. Dieses Verfahren ermöglicht flachere Bauformen und die Kontakte verursachen im Vergleich zu klassischen Bonddrähten niedrigere Streuinduktivitäten.

Im Einsatz ist die Technik bereits in einem Leistungsmodul für Motorumrichter.  Klassische Diebond-Verbindungen sind natürlich auch in Verbindung mit der Leistungselektronik grundsätzlich möglich und im Einsatz: »Aufgrund der höheren Stromträgfähigkeit und der besseren Leitfähigkeit tendiert man bei der Leistungselektronik aber dazu, das Aluminium durch Kupfer zu ersetzen«, erklärt Harald Pötter, Leiter Applikationszentrum Smart System Integration am Fraunhofer IZM. »Allerdings ist das Kupfer beim Bonden schwerer zu verarbeiten als Aluminium und damit eine Herausforderung für die Die Bonder«, so Pötter. Kupfer ist etwa 50 Prozent schwerer zu biegen als Aluminium. Händisch ist dieser Prozess gut zu bewerkstelligen, beim automatischen Die Bonden wird es schon kniffliger. Beim Die-Bonder-Hersteller F&K Delvotec laufen zu diesem Thema derzeit Langzeittests.


  1. Neue Fertigungstechniken pushen die Leistungselektronik
  2. Chip-Embedding funktioniert auch im Hochleistungsbereich
  3. Leistungselektronik und Ansteuerung auf einem Board

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