Es kommt also auf die Sichtweise an, wie Lean Production und Ergonomie sich einerseits konzeptionell ergänzen und wie das dann praktisch in der Produktion umgesetzt wird?
Fröleke: Ja. Denn nur wer konzeptionell von dieser Verbindung überzeugt ist, wer bereit dazu ist, wird erkennen, dass eine Integration von Lean und Ergonomie zu Lean Ergononmics enorme Potentiale für Unternehmen bietet, die sich positiv auf die Produktivität, die Wettbewerbsfähigkeit und die Mitarbeiter auswirken.
Wenn Sie von Überzeugung sprechen, so beziehen Sie dies auf den Unternehmer?
Fröleke: Ja. Es liegt an ihm, zu erkennen und zu entscheiden. Und zwar aus einem ganz einfache Grund: Komparative Wettbewerbsvorteile gelten nicht ein Leben lang, sie sind ständig vom Wandel bedroht. Wer einzig und allein ans Ergebnis denkt, der wird langfristig scheitern, es sei denn, er ist bereit, auf diesen Wandel aktiv zu reagieren ihn zu gestalten. Zum Beispiel durch Prozessorganisation und Prozessoptimierung mit Lean Ergonomics. Wir vertreten allerdings die Auffassung, dass die Geschäftsführung Lean Ergonomics nicht ohne den Mitarbeiter umsetzten sollte, denn er ist es schließlich, der unter diesen Bedingungen arbeiten muss. Auch wenn Ergonomie per se gut gemeint ist, kann dieser Schuss nach hinten losgehen, wenn der Mitarbeiter außen vor bleibt.
Was ist jetzt neu an dieser nicht mehr so neuen Sichtweise?
Fröleke: Mal ganz praktisch gesprochen: Es geht um die Organisation von Produktionsprozessen. Lean Ergonomics liegt der Ansatz zu Grunde, dass sich Ergonomie und Lean perfekt ergänzen. Aus gutem Grund: Weil Ergonomie den Menschen in seiner Arbeitswelt entlastet, kann dieser besser, entspannter und kontinuierlicher arbeiten. Erstrecht unter den Bedingungen einer schlanken Produktion, die natürlich darauf abzielt, Herstellungsprozesse zu optimieren und zu beschleunigen, Gewinne zu maximieren, Kosten zu minimieren, und die Produktivität konstant zu steigern. Dieses Ziel erreichen Unternehmen aber nur, wenn eine effiziente Allokation aller erforderlichen Ressourcen stattfindet und Verschwendung vermieden wird. Dazu zählen u. a. auch Fehlzeiten der Mitarbeiter, die überwiegend auf Grund von muskuloskelettalen Erkrankungen auftreten, wie verschiedene Jahresberichte von Arbeitsschutzorganisationen zeigen. Ein Grund: Produktionsprozesse sind zwar schlank, aber nicht ergonomisch organisiert. Mitarbeiter sind durch einseitige und sich ständig wiederholende Bewegungsabläufe überlastet und ermüden, weil sie nicht durch entsprechende Hilfen unterstützt werden. In der Summe führt das zu Produktionsausfällen. Solche Entwicklungen sind nicht unbekannt. Für jene Wertschöpfungsprozesse, die auf menschliche Arbeitskraft angewiesen sind, ist das natürlich fatal.