Damit die Industrie 4.0 zum Erfolgsmodell wird, werden Unternehmen miteinander kooperieren (müssen), die bislang nichts miteinander zu tun hatten. Und da gelte es erst einmal, Vertrauen zu schaffen, bringt es Dr. Carsten Malischewski, Business Development Executive von HP Enterprise Services, auf den Punkt. Gedanken machen sich die produzierenden Unternehmen vor allem um ihre Datensicherheit. Was passiert mit meinen Daten in einer Cloud? Was wenn der Cloudbetreiber insolvent ist oder aufgekauft wird? »Smart Factories nach dem Prinzip Industrie 4.0 werden nur dann umsetzbar sein, wenn das Know-how geschützt ist«, erklärte Infineon-CEO Dr. Reinhard Ploss auf der VDE-Pressekonferenz.
Voraussetzung für diese nächste industrielle Revolution ist also, dass gemeinsam genutzte sensible Daten so sicher sind wie die US-Goldreserven im legendären Stützpunkt Fort Knox. Dafür will HP gemeinsam mit dem Fraunhofer IPA sorgen. Die Partner haben auf der HMI zusammen mit weiteren Firmen das Projekt »Fort Knox« vorgestellt: eine intelligente und sichere Community-Cloud-Plattform für produzierende Unternehmen. Fort Knox ist eine föderative Plattform, bei der HP die Hardware-Infrastruktur zur Verfügung stellt, um auf der Datenebene die Sicherheit zu gewährleisten. Die Partner des Projektes bieten Software-Lösungen für den Produktionsprozess an.
Das Besondere daran: Die MES-Software liegt auf den Systemen des Fraunhofer IPA. Der Kunde braucht also keine zusätzliche IT, sondern bezahlt nur das, was er »verbraucht« nach dem Prinzip »Pay per Use«. Erste Anwender gibt es schon, derzeit sind die Beteiligten dabei, weitere Anwender aus der Industrie für ihr Projekt zu akquirieren. Manufacturing Execution Systeme (MES), ob in der Fabrik installiert oder als Mietmodell, werden in der Industrie 4.0 eine Schlüsselrolle einnehmen, wie auf der HMI viele Software-Unternehmen demonstrierten: »MES schlägt die Brücke von der ERP-Ebene in den Shop Floor und ist deshalb der Nukleus einer jeden Smart Factory«, sagt Thomas Ahlers, Mitglied der Geschäftsleitung der Freudenberg IT (FIT). »Auf dem Weg in das Industrie 4.0-Zeitalter kommt es aus unserer Sicht entscheidend auf einfach gestaltete IT-Lösungen an, bei denen die langfristige Weichenstellung mit unmittelbaren Wettbewerbsvorteilen einhergeht.« FIT zeigte anhand praktischer Beispiele, wie Fertigungsbetriebe schon heute durch nahtlose Echtzeit-Vernetzung von Anlagen, Maschinen und Material den Durchlauf ihrer Produktion beschleunigen und Lagerbestände minimieren können.
VDE-Trendreport: Industrie 4.0 lässt noch auf sich warten
Ein vom VDE auf der Hannover Messe veröffentlichter Trendreport rückt die Erwartungen an die Industrie 4.0 etwas zurecht: 47 Prozent der Befragten meinen, die Hochschulen sind auf Industrie 4.0 nicht gut vorbereitet. Nachholbedarf bei der Qualifizierung mahnen vor allem die Hochschullehrer an. Dies sind Ergebnisse des neuen VDE-Trendreports, einer Umfrage unter den 1300 VDE-Mitgliedsunternehmen und Hochschulen. Vier von zehn Befragten glauben, dass Industrie 4.0 einen wichtigen Pfad zur Re-Industrialisierung Europas eröffnet. In der Frage, ob die Revolutionierung der Produktionsprozesse mehr Arbeitsplätze schafft, ist die Hälfte unentschieden. 73 Prozent der befragten Unternehmen und Hochschulen sind allerdings der Meinung, dass Industrie 4.0 den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken wird. Fünf von zehn sprechen Deutschland eine führende Stellung bei der intelligenten Produktionstechnologie zu. Profitieren werden insbesondere die Branchen Automobilbau (65 Prozent), Maschinenbau (55 Prozent), die Elektrotechnik (48 Prozent) und die IKT-Branche (31 Prozent). Von den Smart Factories versprechen sich 75 Prozent eine größere Flexibilität. 60 Prozent erhoffen sich mehr Effizienz im Verbrauch von Ressourcen, speziell von Energie (42 Prozent). Kostenvorteile erwarten 45 Prozent der Befragten, Einflüsse auf die Qualität der Produkte oder die Störanfälligkeit der Prozesse dagegen nur eine Minderheit. Die Studie kann für 250 Euro im Info Center unter www.vde.com bestellt werden. Für VDE-Mitglieder ist sie kostenlos.