Einkaufsmanager-Index auf Dreijahrestief

"Deutsche Industrie steckt in der Krise"

5. Juni 2023, 11:23 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

Produktion: Nach minimalen Zuwächsen in den drei Vormonaten ging die Industrieproduktion im Mai erstmals wieder zurück. Ausschlaggebend war ein kräftiges Minus im Vorleistungsgüterbereich; auch im Konsumgüterbereich schrumpfte die Fertigung deutlich. Im Gegensatz dazu verzeichneten die Hersteller von Investitionsgütern erneut ein Plus, wenngleich dieses geringer ausfiel als im Vormonat. In den meisten Fällen war der rückläufige Auftragseingang für die niedrigeren Produktionsvolumina verantwortlich.

Auftragseingang: Die Anzahl der Neuaufträge ist im Berichtsmonat nicht nur zum wiederholten Mal, sondern auch noch stärker zurückgegangen als zuletzt. Nach den zaghaften Aufwärtstrends in den vergangenen Monaten sackte der saisonbereinigte Teilindex noch tiefer unter die Referenzlinie von 50,0 Punkten und notierte auf dem niedrigsten Stand seit November 2022. In allen drei Teilbereichen wurden Rückgänge verbucht, was viele Befragte dem zurückhaltenden Konsumverhalten der Verbraucher, dem Abbau der Lagerbestände seitens der Kunden sowie der mangelnden Investitionsbereitschaft zuschrieben.

Auftragseingang Export: Eine der Ursachen für die schwachen Werte im Mai war der massive Rückgang der Exportneuaufträge, die so kräftig schrumpften wie seit sieben Monaten nicht mehr. Zudem fiel hier das Minus größer aus als beim Gesamtauftragseingang. Laut EMI-Umfrageteilnehmern brach die Nachfrage gleich in mehreren wichtigen internationalen Märkten ein, darunter China, die USA und Teile Europas.

Geschäftsaussichten: Mitte des zweiten Quartals hat sich die Stimmung in der deutschen Industrie merklich eingetrübt. Zum ersten Mal seit fünf Monaten rechnen mehr Unternehmen binnen Jahresfrist mit Produktionseinbußen als mit Zuwächsen. Viele EMI-Befragte begründeten dies mit dem unsicheren weltwirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld sowie Bedenken hinsichtlich steigender Zinsen und der anhaltenden Zurückhaltung ihrer Kunden.

Beschäftigung: Lichtblick war einmal mehr die Beschäftigung. Trotz schleppender Produktion und anhaltend rückläufiger Neuaufträge setzten die Hersteller ihren Jobaufbau fort und stellten abermals neue Mitarbeiter ein, womit das im März 2021 begonnene Wachstum weiter anhält. Die Steigerungsrate hat gegenüber dem 26-Monatstief von April sogar noch leicht angezogen, da sowohl im Konsum- als auch im Investitionsgüterbereich kräftige Zuwächse verzeichnet wurden.

Einkaufspreise: Der im Februar begonnene Abwärtstrend bei den Kosten setzte sich auch im Mai fort. Demnach verbilligten sich die Einkaufspreise so rasant wie seit Februar 2016 nicht mehr. Laut EMI-Befragten waren vor allem die geringere Nachfrage nach Rohmaterialien sowie die aktuell sinkenden Energiekosten ausschlaggebend für den erneuten Rückgang. Die deutlichsten Reduzierungen verzeichneten die Hersteller von Konsum- und Vorleistungsgütern.

Verkaufspreise: Nach der vierten Abschwächung in Folge fiel der Anstieg der Verkaufspreise nur geringfügig aus. Der saisonbereinigte Teilindex notierte hauchdünn über der neutralen Schwelle von 50,0 Punkten und damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren. Angesichts der abflauenden Nachfrage und des damit einhergehenden zunehmenden Wettbewerbsdrucks neigen mehr und mehr Unternehmen dazu, ihre Preise entweder unverändert zu lassen oder sie sogar den geringeren Kosten entsprechend etwas zu senken.

Über den EMI: Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe und ein gewichteter Durchschnitt der Messwerte für Neuaufträge, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird von S&P Global, einem börsennotierten US-amerikanischen Finanzdienstleistungskonzern, erstellt und beruht auf der Befragung von rund 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der Verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (S&P Global US Manufacturing PMI).


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  2. Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

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