Mit der NPI-Initiative geht es den EMS-Firmen auch darum, an Profil zu gewinnen und ein Geschäftsmodell aufzubauen, das die in NPI zusammengefassten Projekt-Leistungen würdigt und honoriert. Letzteres dürfte allerdings schwierig werden, denn damit läutet die Branche einen Paradigmenwechsel ein. Schließlich hat der EMS-Dienstleister bislang umfassende Beratungsleistungen ganz selbstverständlich und kostenlos erbracht.
»Solange der OEM die Produktion im Haus hat, gibt es einen Topf. Lagert er die Produktion an einen EMS aus, gibt es plötzlich mehrere Töpfe. Am Ende muss die Bilanz positiv sein. Nur das zählt«, gibt Bernd Enser, Director Operational Excellence & Quality, Sanmina-SCI, zu bedenken. Dabei sieht die Diskussionsrunde ihre Initiative als probates Mittel, um eine solche Bilanz darzustellen und die Kosten für den Kunden nachvollziehbar zu machen. Damit lässt sich auch eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Mitbewerbern schaffen. Nach Ansicht von Thomas Kaiser, CEO bei der Schweizer ccs, trauen sich manche EMS-Firmen schlichtweg bislang nicht, ihre Engineering-Leistungen zu berechnen, was sich künftig dank der NPI-Initiative aber ändern soll: »NPI beinhaltet hochqualifizierte Projektleitungs- und Engineeringaufgaben, wie Application- und Test-Engineering. Das sind Leistungen, die messbar sind, und die müssen auch verrechenbar sein. Ich denke aber, wir stehen hier kurz vor dem Durchbruch.« Indem die Wahrnehmung für den EMS als Engineering- und Projektdienstleister wächst, wird sich auch die Basis der Zusammenarbeit zwischen EMS und Kunden ändern, ist die Runde überzeugt: Wird der EMS zum Projektpartner, ist er auch nicht mehr einfach austauschbar, anders als ein Dienstleister, der »nur« fertigt. »Vielmehr entstehen Alleinstellungsmerkmale für den jeweiligen EMS-Dienstleister, ob bei der Materialbeschaffung, dem Obsolescence-Management oder dem Design-for-Testability. »Aus dieser Situation heraus wird es sich sukzessive ergeben, dass der Kunde auch bereit ist, für solche Dienstleistungen zu bezahlen«, ist Michael Velmeden, Geschäftsführer bei cms electronics, überzeugt. Dass NPI messbar ist, zeige sich allein an einem einfachen Rechenbeispiel, so Artur Kreus, Gesellschafter bei electronic service willms: »Wenn der Kunde bislang sein Produkt für 100 Euro pro Stück produziert hat und durch die frühzeitige Einbindung des EMS beispielsweise 20 Euro pro Stück spart, dann sind die Vorteile sogar in Zahlen sichtbar.«
Allerdings werden in der Runde auch Stimmen laut, die NPI nicht in erster Linie als Verrechnungsmodell verstanden wissen wollen, sondern als Investment in die Kundenbeziehung -und kundenbindung, wie Oliver Behrendt, Managing Director Sumida Lehesten, erklärt: »Ein ordentlicher NPI-Prozess ist auch ein Mehrwert für uns als EMS-Dienstleister. Schließlich ist es unser ureigenstes Bestreben, uns nicht erst hinten hinaus in der Serie mit Problemen herumzuschlagen, wenn beispielsweise Bauteile nicht verfügbar sind oder etwas nicht ordentlich testbar ist.«