Auf den Punkt nachhaltig produziert

Wie passive und ­aktive Bauelemente aus dem 3D-Drucker kommen

24. Juni 2025, 8:00 Uhr | Von Mark Patrick, Director of Technical Content, EMEA, Mouser Electronics
© Mouser

Additive Fertigung bietet neue Chancen für eine ressourcenschonende, flexible Elektronikproduktion und könnte zum Wendepunkt für eine Branche werden, die mit Lieferkettensicherheit kämpft. Komponenten-Hersteller wie Murata machen es vor.

Diesen Artikel anhören

Die klassische Elektronikfertigung basiert auf subtraktiven Verfahren – Material wird entfernt, um Bauteile zu formen. Das führt zu erheblichen Abfallmengen, hohen Werkzeugkosten und einem aufwendigen Lagerwesen. Die additive Fertigung, vor allem der 3D-Druck, setzt hier einen Kontrapunkt: Komponenten wie Elektroden, Antennen, Gehäuse oder Substrate entstehen Schicht für Schicht – und nur aus so viel Material wie nötig.
Besonders in der Kleinserienfertigung oder bei der Herstellung individuell angepasster Produkte – wie im Bereich ­Wearables oder Medizinelektronik – spielt diese Technologie ihre Stärken aus. Auch der Trend zur dezentralen Fertigung unterstützt nachhaltige Lieferketten, da Teile lokal produziert werden können.

Wirtschaftlich profitieren Hersteller vom Wegfall kostenintensiver Werkzeuge, geringeren Lagerbeständen und einer schnellen Umrüstung bei Designänderungen. Komplexe Geometrien, die herkömmlich kaum machbar wären, lassen sich mit 3D-Druck realisieren – ideal für rasches Prototyping oder kleine, spezialisierte Chargen.

Doch es gibt Hürden: Die Auswahl verarbeitbarer Materialien ist begrenzt, gerade wenn An­forderungen an Leitfähigkeit oder Haltbarkeit zu erfüllen sind. Auch die relativ niedrige Produktions­geschwindigkeit und die aufwendige Qualitätssicherung bremsen die Technologie noch aus – vor allem im Vergleich zur etablierten Großserienfertigung.
Trotz dieser Einschränkungen deutet vieles darauf hin, dass sich die additive Fertigung von einer ergänzenden Technologie zu einer tragenden Säule in der Elektronikproduktion entwickeln wird – mit messbarem Potenzial für Nachhaltigkeit, Innovationsgeschwindigkeit und Designfreiheit.

3D-Druck passiver elektronischer Baugruppen

Ein Beispiel für das Innovationspotenzial von 3D-Druck kommt von Murata. Das Unternehmen hat kürzlich NeuroStone vorgestellt. Die neuartige Lösung für medizinische Applikationen wird im 3D-Druckverfahren hergestellt.

NeuroStone ist ein Beispiel dafür, wie die additive Fertigung selbst hochspezialisierte Branchen – in diesem Fall die Medizintechnik – revolutioniert, indem sie modernste 3D-Druckverfahren mit der für fortschrittliche elektronische Bauteile erforderlichen Präzision verbindet. Das Herzstück von NeuroStone ist die von Murata entwickelte Drucktechnologie, die die Her­stellung komplexer 3D-Strukturen ermöglicht, die mit herkömmlichen Verfahren kaum zu erreichen wären. 

Bei dem additiven Verfahren finden Keramik, leitfähiges Metall und Stützmaterial (zur Bildung von Hohlräumen) zur Herstellung der gewünschten Geometrie Verwendung. Beim Co-Firing ­werden die Stützstrukturen weggebrannt, sodass das Keramik-Substrat und die Metallelektroden zurückbleiben, was die Herstellung komplexer interner 3D-Verdrahtungen ermöglicht. Im Vergleich mit herkömmlichen Leiterplatten, flexiblen gedruckten Schaltungen (FPCs) oder Keramik-Substraten zeichnet sich NeuroStone durch außergewöhnliche Design-Flexibilität, thermische Stabilität und Miniaturisierung aus.

Der schichtweise Aufbau der Bauteile von NeuroStone reduziert nicht nur den Abfall und die Produktions­zeit, sondern senkt auch den Bedarf an komplexen Werkzeugen. Man erhält kleinere und besser anpassbare Endprodukte, wodurch sich NeuroStone hervorragend für medizinische Anwendungen wie Katheter und Endoskope eignet. NeuroStone zeigt, dass 3D-gedruckte Bau­teile nicht nur Prototypen sind, sondern realisierbare hochleistungsfähige Bauteile, die sich in an­spruchs­volle Anwendungen wie medizinische Messgeräte integrieren lassen. 

Vollständig 3D-gedruckte aktive Elektronik 

Einen weiteren Bereich künftiger Innovationen erschließen Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT), die vor Kurzem einen großen Schritt in Richtung vollständig 3D-gedruckter aktiver Elektronik gemacht haben. Anders als bei herkömmlichen Silizium-Halbleiter-Technologien, bei denen extrem präzise gesteuerte Lithografie- und Ätzprozesse zum Einsatz kommen, findet bei dem MIT-Durchbruch ein ausgeklügeltes additives Fertigungsverfahren Verwendung, mit dem sowohl halbleitende als auch leitfähige Materialien auf aufeinanderfolgenden Schichten aufgebracht werden können.  

Das neue Verfahren des MIT nutzt ein einzigartiges kupferdotiertes Polymer, das leitfähige Überschneidungsbereiche bildet und die präzise Steuerung des Widerstands des Geräts durch eine Variation der Eingangsspannung ermöglicht. Diese Technologie ist eine der ­ersten, die zeigt, wie aktive elektronische Bauteile wie Transistoren direkt im Druck hergestellt werden können. Das kupferdotierte Polymer erreicht zwar nicht den vollen Funktionsumfang von Silizium-Halbleitern, doch die Technologie kann für viele Applikationen ausreichend sein.

Zu den potenziellen Vorteilen des MIT-Verfahrens gehört die Fähigkeit zur bedarfsgerechten Fertigung und zur Anpassung des Designs, wodurch sich sowohl die Lagerhaltung als auch die Werkzeugkosten verringern. Das additive Verfahren kann auch die Materialverschwendung reduzieren, da in jedem Bauvorgang nur die benötigten Materialien aufgetragen werden. Darüber hinaus können durch die nahtlose Integration verschiedener Arten von Materialien in einem einzigen Druckprozess Designs entstehen, die sowohl passive als auch aktive Elemente enthalten, ohne dass komplexe Montageschritte erforderlich sind.
Das Verfahren des MIT steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch dieser additive Ansatz eröffnet neue Möglichkeiten für eine flexible und nachhaltige Elektronikproduktion. Das gilt ins­besondere bei Applikationen, die für schnelle Iterationen und innovative Designs eine geringere Geschwindigkeit oder Leistung in Kauf nehmen können.

Fazit

Die additive Fertigung entwickelt sich zunehmend zu einem alternativen Ansatz in der Elektronik­herstellung. Sie befindet sich zwar noch in der Entwicklung, aber ihre Fähigkeit, Materialabfälle zu reduzieren und die Anpassung des Designs zu erleichtern, bietet konkrete Vorteile, die sowohl bei Elektronikentwicklern als auch bei Einkäufern auf Interesse stoßen. Die Technologie ermöglicht die Herstellung komplexer Bauteile – von maßgeschneiderten passiven Baugruppen, wie Muratas NeuroStone zeigt, bis hin zur aktiven Elektronik, die am MIT erforscht wird – und beeinflusst damit allmählich die Art und Weise, wie Bauteile designt und hergestellt werden.
Entwicklern, die sich darauf konzentrieren, die Grenzen des Designs zu erweitern und die Nachhaltigkeit zu verbessern, und Einkaufsteams, die die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette erhöhen wollen, eröffnet die schrittweise Integration der additiven Fertigung neue Möglichkeiten. Die innovativen elektronischen Bauteile werden Entwicklern dabei helfen, die Entwicklung dieser ­neuen Verfahren voranzutreiben und so eine Zukunft mit einer nachhaltigeren, flexibleren und effizienteren Elektronikfertigung zu schaffen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Mouser Electronics

Weitere Artikel zu Distribution